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Frauenquote
"Der falsche Weg"

Mit der Frauenquote werde ein Problem völlig falsch angepackt, sagte Lencke Steiner, Vorsitzende des Bundesverbandes Junge Unternehmer, im DLF. Stattdessen müsse ein gesellschaftlicher Wandel eintreten. Es könne nicht sein, dass angebliche Rabenmütter und faule Hausfrauen stigmatisiert werden.

Lencke Steiner im Gespräch mit Jürgen Liminski |
    Lencke Steiner, Bundesvorsitzende des Verbandes "Die jungen Unternehmer"
    Lencke Steiner fordert, dass Frauen nicht mehr zwischen Karriere und Familie wählen müssen. (picture alliance / ZB / Karlheinz Schindler)
    Christiane Kaess: Top-Jobs sollen künftig häufiger von Frauen besetzt werden. Nach zähem Ringen haben sich die Spitzen der Großen Koalition auf gesetzliche Regelungen für eine Frauenquote geeinigt. Strittig bleibt, ob das Gesetz auch langfristig mehr Frauen in die Chefetagen bringt. Darüber hat mein Kollege Jürgen Liminski mit Lencke Steiner gesprochen. Sie ist Vorsitzende des Bundesverbands Junge Unternehmer.
    Jürgen Liminski: Frau Steiner, haben Sie in dem Unternehmen, in dem Sie tätig sind, ein Drittel an weiblichen Führungskräften?
    Lencke Steiner: Auf jeden Fall. Und das nicht nur in der Führungsmannschaft, sondern gerade auch, was die sonstige Belegschaft angeht, sind wir weitaus ausgeglichen.
    Liminski: Machen Sie das wegen der Frauenquote, oder eigentlich wegen anderer Gründe? Sind Sie für die Frauenquote?
    Steiner: Nein, ich bin komplett gegen die Frauenquote. Aber ich glaube, das Thema brauchen wir nicht noch mal diskutieren, weil im Endeffekt ist das ja nun durch. Ich glaube, es wird hier das Problem völlig falsch angegangen. Frauen sind für mich ein Schlüssel zum Erfolg. Gerade dieses Diversity-Thema in den Unternehmen ist extrem wichtig. Und dass wir jetzt mit einer Quote von oben versuchen, im Allgemeinen in der Gesellschaft was zu bewegen, glaube ich, ist völlig falsch angepackt.
    Liminski: Es wird immer gesagt, mit Frauen an der Spitze ändere sich das Betriebsklima. Sind Chefinnen freundlicher, sanfter, gemütlicher?
    Betriebsklima liegt nicht am Geschlecht
    Steiner: Ich glaube, dass sowohl Frauen und Männer beide verschiedene Führungskriterien einfach auszeichnet, und ich glaube, dass gerade die Frauen diese weicheren Faktoren extrem gut beherrschen bei einer ganz hohen Fachkompetenz. Ich glaube, dass Frauen einfach beides vereinen, und egal ob Sie Mann oder Frau an der Spitze haben, kann das Betriebsklima immer gut sein. Ich glaube, das liegt dann tatsächlich auch an der Belegschaft.
    Liminski: Die Arbeitgeberverbände - und der Verband der Jungen Unternehmer gehört vielleicht auch dazu - führen gegen die Frauenquote immer das Kompetenzkriterium an, so auch heute wieder. Sie sind nun Vorsitzende des Verbands der Jungen Unternehmer und werden vermutlich in ein paar Jahren erleben, dass viele Frauen in Führungsstellen aufrücken, und schon zwar deshalb, weil seit 15 Jahren mehr Frauen immatrikuliert werden als Männer, also der Bildungsstand der Frauen den der Männer irgendwann überholt. Ist da das Kompetenzkriterium überhaupt noch kräftig, zu kräftig und nicht bald obsolet?
    Steiner: Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Für mich ist diese Frauenquote einfach der falsche Weg. Frauen sind super qualifiziert. Es stimmt, was Sie sagen, dass sie auch die besseren Abschlüsse machen. Trotz allem, glaube ich, ist eher das größere Problem der Frauen, dass wir uns immer noch entscheiden müssen für eine Karriere oder für eine Familie. Da ist, glaube ich, der Knackpunkt. Natürlich wollen wir mehr Frauen in Führungspositionen haben und das nicht nur an der ganz obersten Spitze, sondern auch in den Abteilungsleiterfunktionen, was ich genauso wichtig erachte. Darüber spricht nämlich noch gar keiner. Von daher glaube ich, dass diese Qualifizierungssache gar nicht das Argument ist, sondern eher die Rahmenbedingungen, die sich ändern müssen, dass das auch erfolgreich ist.
    Akzeptanz für unterschiedliche Lebensmodelle
    Liminski: Haben Sie eine Lösung für den Karriereknick, den man verhindern könnte?
    Steiner: Ja! Für mich ist es ganz klar der gesellschaftliche, kulturelle Wandel, der eintreten muss. Es kann nicht mehr sein, dass es immer noch stigmatisiert wird zwischen Rabenmutter und faule Hausfrau. Ich glaube, es ist einfach wichtig, dass egal welches Lebensmodell sie wählen, akzeptiert und auch möglich gemacht wird, und dafür brauchen wir qualifizierte und bezahlbare Betreuungsangebote und das nicht nur für Kinder unter drei, sondern bitte auch darüber hinaus.
    Liminski: Darüber hinaus gibt es, glaube ich, auch keine Diskussion. Unter drei gibt es ein Problem mit den Bindungsforschern und mit denen, die für das Wohl des Kindes eintreten. Aber das ist ja auch nicht das Problem der Frauen. Wenn eine Frau ein Kind hat und sich dann dafür entscheidet, drei Jahre oder zwei zu Hause zu bleiben, und dieses Kind zu erziehen, dann macht sie einen Karriereknick. Kann man hier in der Wirtschaft nicht auch den Frauen entgegenkommen?
    Steiner: Gerade bei Familienunternehmen ist es so, dass sie darauf bedacht sind, diese Frauen sowieso zu halten, denn wir sind darauf angewiesen, auf gute Führungskräfte und gute Fachkräfte. Ich würde mir wünschen, dass es Programme gibt, wo man zwischendurch wirklich mal eine Ferienbetreuung macht oder man zwischendurch eine Krankheitsbetreuung anbietet, dass man nicht für zwei Jahre komplett raus ist, sondern wirklich zwischendurch immer wieder am Unternehmen noch mal ganz kurz Rücksprache hält. Sonst sind sie, glaube ich, was die Entwicklung betrifft, komplett raus.
    Forderungen artikulieren
    Liminski: Raus sind sie natürlich auch bei der Bezahlung. Die Bezahlung ist ja auch ein Problem. Das Thema Bezahlung ist ein Ansatzpunkt für den Kulturwandel in den Unternehmen, den Frau Schwesig fordert oder sich erhofft. Kann man hier etwas machen, vielleicht auch von staatlicher Seite, dass man diesen Knick in der Bezahlungskarriere irgendwie beseitigt?
    Steiner: Es kommt immer darauf an, welche Zahlen man sich anschaut. Es gibt ganz andere, die sagen, wenn Frauen eben nicht diesen Karriereknick - und da geht es wirklich nicht um ein Jahr, sondern da geht es eher um sechs, sieben, acht, neun Jahre -, wenn so was da ist, dann ist dieser Unterschied gar nicht so gravierend, sondern beträgt wirklich, ich glaube, wenige, drei Prozent oder zwei Prozent. Ich glaube, dass wir Frauen uns auch trauen dürfen zu artikulieren, was wir können, und da müssen wir selber auch wirklich darauf aufmerksam machen und auch mehr fordern. Dann ist das auch so möglich.
    Kaess: ..., sagt Lencke Steiner. Sie ist Vorsitzende des Bundesverbands Junge Unternehmer. Die Fragen stellte mein Kollege Jürgen Liminski.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.