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Frauenquote
EU-Parlament beschließt Frauenquote in Aufsichtsräten

Das Europäische Parlament hat sich für die Einführung einer Geschlechterquote in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen ausgesprochen. Davon würden vor allem Frauen profitieren.

Von Jörg Münchenberg | 20.11.2013
    Auch EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die seit Langem für verbindliche Vorgaben kämpft, begrüßte das Abstimmungsergebnis. Angesichts sinkender Geburtsraten müssten Frauen gezielt gefördert werden:
    “Wir leben deshalb auch in einer Gesellschaft, wo man nicht genügend Talente findet. Um unserer Wirtschaft weiterhin den Aufschwung zu erlauben. Wir brauchen dringend Talente. Nun haben wir sie. 60 Prozent der Universitätsabsolventinnen sind Frauen, aber 83 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder sind Männer. Irgendetwas klappt da nicht“.
    Aufsichtsräte bis 2020 zu 40 Prozent mit Frauen besetzen
    Nach den Vorstellungen des Parlaments sollen die Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen bis 2020 zu 40 Prozent mit dem jeweils unterrepräsentierten Geschlecht besetzt sein. Für Unternehmen in Staatsbesitz soll dieser Wert bereits 2018 erreicht werden. Doch eine starre Quote ist letztlich nicht vorgesehen, vielmehr geht es um Zielgrößen. Mittelständler bis zu einem Jahresumsatz von 250 Millionen Euro sollen ohnehin ausgenommen werden.
    Allerdings müssten sich die Unternehmen an ein transparentes Auswahlverfahren halten, betont die EVP-Abgeordnete Angelika Niebler, andernfalls drohen Sanktionen:
    “Also, die Verfahren, die angedacht sind, sollen so gestaltet werden, dass man bei anstehenden Berufungen in die Aufsichtsräte hinein eine Liste von qualifizierten Kandidaten und Kandidatinnen zu erstellen hat. Dann gibt es das ganz normale Auswahlverfahren. Qualifikation soll entscheiden. Nur wenn gleich qualifizierte Bewerber sich um das Mandat bemühen, dann soll dem Bewerber der Vorzug gegeben werden nach dem Entwurf der Richtlinie, dessen Geschlecht unterrepräsentiert ist.“
    Auch Deutschland debattiert über eine Frauenquote
    Mit einigem Wohlwollen wird unterdessen in Brüssel auch die deutsche Debatte über eine Frauenquote beobachtet. Denn gerade Deutschland stand – allerdings aus juristischen Gründen – einer EU-weiten Vorgabe immer ablehnend gegenüber. Eine solche Richtlinie falle nicht in die Kompetenz der EU.
    Jetzt erwägen SPD und Union die Einführung einer verbindlichen Frauenquote in Aufsichtsräten von 30 Prozent für alle börsennotierten Unternehmen bis 2016. Die Justizkommissarin will die Überlegungen zwar inhaltlich nicht kommentieren, aber, so Reding, das alles weise in die richtige Richtung:
    “Ein positives Signal aus Deutschland wäre unerlässlich. Damit würde sich Deutschland auf die Ebene der großen Länder in Europa stellen. Frankreich, Spanien und Italien haben ja schon nationale gesetzliche Quoten-Regelungen“.
    Doch nach dem heutigen Votum des Parlaments muss jetzt ohnehin erst einmal der Rat positionieren. Neun Länder, darunter auch Deutschland hatten sich aus unterschiedlichen Gründen bislang gegen den Kommissionsvorstoß ausgesprochen. Eine mögliche Sperrminorität. Es bleibt aber abzuwarten, ob Deutschland an seiner bisherigen Position festhalten wird.