Verteidigung
Führende Unionspolitiker fordern Ausbau von militärischen Abwehrsystemen

Führende Unionspolitiker haben sich für einen Ausbau der militärischen Abwehrsysteme in Deutschland und Europa ausgesprochen. Friedensforscher äußerten sich besorgt, dass Deutschland langfristig Teil eines weltweiten Wettrüstens werden könnte.

    Abschussvorrichtung eines Patriot Luftabwehrsystems vor blauem Himmel
    Ein Patriot Luftabwehrsystem auf dem Fliegerhorst Holzdorf / Schoenewalde (imago / Andreas Franke)
    Der CSU-Vorsitzende Söder sagte der "Bild am Sonntag", Deutschland benötige einen Schutzschirm mit Präzisionswaffen. Dazu gehörten ein 100.000 Stück umfassendes Drohnen-Arsenal und ein Abwehrschild nach Art des "Iron Dome" in Israel. Zudem brauche die Bundeswehr noch weitere Waffen, etwa Panzer, Eurofighter, Patriot-Abwehrraketen und Taurus-Systeme "nur für Deutschland".
    Die Freiheit werde inbesondere in der Luft und im All verteidigt.
    Unionsfraktionschef Spahn forderte ein europäisches Atomwaffen-Abwehrsystem. Der CDU-Politiker sagte der "Welt am Sonntag", darüber solle unter deutscher Führung auf europäischer Ebene eine Debatte geführt werden. Wer nicht nuklear abschrecken könne, werde zum Spielball der Weltpolitik. Bundeskanzler Merz hatte bereits im Mai angekündigt, mit den europäischen Atommächten Großbritannien und Frankreich Gespräche über eine gemeinsame atomare Abschreckung führen zu wollen. Und zwar als Ergänzung zum atomaren Schutzschild der USA. Spahn zufolge reicht das nicht aus.
    Deutschland stellt im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe Kampfflugzeuge bereit. Im Verteidigungsfall können die mit US-Atombomben bestückt werden, die in Deutschland lagern.

    Friedensforscher warnen vor nuklearem Wettrüsten

    Atomwaffengegner warnen vor einer möglichen Erweiterung der nuklearen Abschreckung Frankreichs und Großbritanniens auf Partner in Europa. Die Staaten sollten das internationale Regelwerk gegen Atomwaffen stärken, nicht schwächen, hieß es zuletzt von mehreren Organisationen. Besonders heute, wo die Gefahr eines Atomkriegs größer denn je sei.
    Auch das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri äußerte sich besorgt. Fast alle Atomwaffenstaaten hätten sich 2024 weiterhin in intensiven Modernisierungsprogrammen befunden, bestehende Waffen nachgerüstet und ihnen neuere Versionen hinzugefügt, schreiben die Friedensforscher. Vor allem die jüngsten Feindseligkeiten zwischen Indien und Pakistan zeigten, dass Atomwaffen keine Konflikte verhinderten, betonte Sipri-Experte Matt Korda.
    Ähnlich sieht das die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Deutschland sei mit dem Kauf von atomwaffenfähigen F-35-Kampfjets für die nukleare Teilhabe selbst Teil dieser weltweiten Aufrüstung, kritisierte Abrüstungsexperte Alexander Lurz.

    Kündigungen bei Verträgen zur Rüstungskontrolle

    Gleich mehrere Abrüstungs- und Kontrollverträge wurden in jüngster Zeit aufgekündigt. 2019 hatten die USA unter Präsident Trump zunächst den INF-Vertrag zum Verzicht auf landgestützte atomare Kurz- und Mittelstreckenraketen gekündigt. Ein Jahr später folgte der Rückzug aus dem Vertrag "Open Skies" über internationale militärische Beobachtungsflüge. Daraufhin hatte auch Russland seinen Open-Skies-Austritt verkündet. 2022 vollzog Russland nach seinem Einmarsch in die Ukraine seinen Austritt aus dem Abrüstungsvertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag). Moskau setzte zudem auch den letzten großen atomaren Abrüstungsvertrag "New Start" mit den USA außer Kraft. Gespräche über ein Nachfolgeabkommen liegen seitdem auf Eis. Findet sich keine Lösung, läuft der Vertrag im Februar 2026 aus. 
    Weltweit gelten neun Staaten als Atommächte. Dazu zählen in erster Linie die USA und Russland. Hinzu kommen Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel, das öffentlich nach wie vor nicht einräumt, im Besitz nuklearer Waffen zu sein.
    Diese Nachricht wurde am 29.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.