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Fusion Karstadt-Kaufhof
"Gewisse Bündelung der Einkaufsmacht"

In den großen Kaufhäusern gibt es so ziemlich alles - und doch zieht es immer weniger Kunden in die Konsumtempel. Deshalb kommt es jetzt zur Fusion von der beiden Riesen Karstadt und Kaufhof. Für die Zukunft brauche es aber noch einige Ideen, meint Ursula Mense aus der Wirtschaftsredaktion.

Ursula Mense im Gespräch mit Sina Fröhndrich | 11.09.2018
    Fußgängerzone in Trier, wo die Filialen von Karstadt und Kaufhof direkt nebeneinander liegen.
    Eigentlich übernimmt Karstadt Kaufhof (imago)
    Sina Fröhndrich: Die neue Warenhaus AG, eine Fusion unter Gleichen - ist schon klar, wie die am Ende aussehen wird? Mit wie vielen Häusern und Mitarbeitern?
    Ursula Mense: Nein, das ist noch ganz und gar nicht klar – höchstens, dass wohl Standorte schließen werden, vorzugsweise dort, wo es Kaufhof- und Karstadt-Filialen gibt, die beide nicht besonders profitabel sind und sich die Kundschaft nur gegenseitig wegschnappen. Was bitter wäre für die Belegschaft, wenn tatsächlich wie im Vorhinein schon immer behauptet, bis zu 5.000 Stellen bei Kaufhof eingespart werden würden.
    Den Ton angeben wird bei Kaufhof demnächst als neuer Chef Stephan Fanderl. Der führt jetzt schon die Geschäfte bei Karstadt hat und dort für einen bescheidenen Gewinn gesorgt. Und da René Benko, der österreichische Investor über 50 Prozent von Kaufhof bekommt und auch das operative Geschäft in seiner Hand liegen wird - das war der Wunsch der Banken - kann man eigentlich gar nicht von einer Fusion sprechen, eher übernimmt Karstadt, übernimmt René Benko Kaufhof.
    Fröhndrich: Bei Karstadt lief es nicht so schlecht zuletzt, bei Kaufhof schon, ist das der Befreiungsschlag?
    Mense: Auf jeden Fall haben der Karstadt-Eigentümer Benko und sein Sanierer Fanderl eine Vorstellung davon, wohin es gehen könnte und wie man den Kaufhof wieder in die schwarzen Zahlen bringen kann. Beide glauben fest an die Zukunft eines großen Warenhauskonzerns, der eine Chance hat gegen Billigketten, Online-Handel und Outlet-Center.
    Ein Porträtfoto zeigt den österreichischen Investor René Benko am 19. Mai 2010 in Wien, Österreich.
    Der österreichische Investor René Benko (picture alliance / dpa / Hans Klaus Techt)
    Aber dazu gehört zunächst auch ein harter Sanierungskurs. Nichts anderes hat Fanderl mit Karstadt gemacht: Viele Stellen abgebaut, Filialen geschlossen. Er hat das Marken-Wirrwarr abgeschafft und viele Flächen auch an andere externe Händler vermietet. Das hat Geld in die Kasse gebracht. Und nun kommt hinzu, dass mit zwei so großen Warenhauskolossen eine gewisse Bündelung der Einkaufsmacht verbunden ist - man bekommt bessere Konditionen von den Lieferanten, das spart Geld ebenso wie eine verschlankte Verwaltung, Datenverarbeitung oder Logistik.
    Fröhndrich: Wie können sich beide Häuser wieder interessanter machen für Kunden?
    Mense: Also aus dem Mund des neuen Eigentümers klingt das ein bisschen sperrig, zeigt aber, wohin es gehen könnte. Da heißt es, das strategische Ziel sei, im digitalen Zeitalter einen führenden Omnichannel-Anbieter entstehen zu lassen. Schönes Wort, nicht?
    Meint aber auf den Einzelhandel bezogen, dass Kunden über mehrere Wege mit einem Unternehmen in Kontakt sind und dort einkaufen. Also: online ebenso wie stationär. Vielleicht auch über soziale Medien oder Web-Chats ihre Bestellungen aufgeben. Und sicher schwebt ihnen auch so etwas vor wie – analog zu virtuellen Marktplatz – ein ganz realer mit Shop-in-Shop-Geschäften alle Art, einer viel größeren Auswahl und gleichzeitig Unterhaltungsangeboten, Sport und Gastronomie. Das könnte eine Art attraktiver Treffpunkt werden in der Innenstadt, vielleicht sogar für junge Leute. Denn um die wird gebuhlt natürlich. All das sind so Ideen, die es längst gibt. Aber vielleicht braucht es jetzt jemanden, der sie umsetzt.
    Fröhndrich: Zwei Große gehen zusammen, wird das noch kartellrechtliche Folgen haben?
    Mense: Das Bundeskartellamt wird auf jeden Fall prüfen, das hat der Präsident, Andreas Mundt schon vor kurzem auch gegenüber unserem Sender gesagt. Man stelle sich auf ein sehr aufwendiges Verfahren ein. Vor allem auch, weil die Folgen dieses Zusammenschlusses nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Lieferanten geprüft werden müssten. Das habe ich eben angedeutet: durch Bündelung der Einkaufsmacht erzielt man günstigere Preise. Heißt: man kann auch Dumpingpreise erzwingen.
    Und auch der Onlinehandel spielt eine Rolle, denn beide Unternehmen sind ja bereits im Netz präsent und bekommen auch da eine größere Macht. Dass die Fusion aber deswegen abgelehnt wird, ist auch nicht wirklich vorstellbar. Kaufhof zu retten, ist schon sehr wichtig.