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Nachhaltigkeit der Fußball-Bundesliga
Der langsame Weg in Richtung Klimaschutz

Die Fußball-Bundesliga ist in die neue Saison gestartet. Zum ersten Mal mussten die Vereine Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Eine Umfrage zeigt, dass sich im Vergleich zum Vorjahr etwas getan hat. Dennoch gibt es viel Verbesserungspotenzial.

Von Maximilian Rieger |
20 der 38 Bundesliga-Vereine haben ihren CO2-Fußabdruck ermittelt.
20 der 38 Bundesliga-Vereine haben ihren CO2-Fußabdruck ermittelt. (IMAGO / HJS / IMAGO / Hans-Jürgen Schmidt)
Bundesliga und Nachhaltigkeit – für lange Zeit war das ein schwieriges Verhältnis.
„In der Vergangenheit hatten wir immer sehr große Probleme, Reaktionen von den Vereinen zu bekommen, weil sie auf gut Deutsch keine Ahnung davon hatten.“ Das sagt der Sportökonom Jörn Kleinschmidt. Er ist Vorsitzender des „FC PlayFair!“, ein Verein, der sich seit 2017 für mehr Nachhaltigkeit in der Bundesliga einsetzt.
Inzwischen wandelt sich das Bild aber: Die Deutsche Fußball Liga hat vor einem Jahr Nachhaltigkeitskriterien festgelegt, die die 36 Vereine in der 1. und 2. Liga erfüllen sollen. Die Vereine müssen zum Beispiel Verantwortliche für Nachhaltigkeit einstellen und messen, wie viel klimaschädliches CO2 sie verursachen.
Zu sehen ist eine Grafik über die Nachhaltigkeit in der Fußball-Bundesliga

20 Vereine kennen ihren CO2-Fußabdruck

Vor einem Jahr kannten zwei Drittel der Vereine ihren CO2-Fußabdruck noch nicht. Eine erneute Deutschlandfunk-Abfrage zeigt: Inzwischen haben 20 Vereine ihren CO2-Ausstoß gemessen – acht mehr als im Vorjahr. Andere haben immerhin mit der Messung gestartet. Und Verantwortliche für Nachhaltigkeit haben inzwischen praktisch alle Klubs.
„Es war ein guter Start, weil durch die Nachhaltigkeitskriterien der DFL die Bundesligisten gezwungen – oder sagen wir mal - positiv motiviert wurden, eine Komplettaufnahme aller Nachhaltigkeitsaktivitäten vorzunehmen. Und jetzt sind die nächsten Schritte, Ziele zu definieren, Maßnahmen zu definieren und diese dann in Umsetzung zu bringen", sagt Kleinschmidt.
"Man merkt auf jeden Fall, dass sich was getan hat“, findet auch Annika Rittmann von Fridays for Future. "Und gleichzeitig haben immer noch gruselig wenige Vereine tatsächlich Ziele. Und man merkt, dass es keine Sanktionen gibt, wenn eben diese Kriterien nicht eingehalten werden. Da muss sich auf jeden Fall nach wie vor mehr tun."

Liga muss sich laut DFL noch weiter entwickeln

Denn nur sechs Vereine haben sich bisher ein konkretes und messbares Ziel gesetzt, um wie viel sie ihren CO2-Ausstoß senken wollen. Auch die DFL schreibt auf Anfrage: Die Zahlen zeigten, dass sich die Liga noch weiter entwickeln müsse. Es sei aber positiv zu bewerten, dass dank der Nachhaltigkeitskriterien Strukturen geschaffen wurden, um konkrete Maßnahmen umzusetzen.
Wenn Vereine diese Strukturen aber nur langsam oder sogar gar nicht schaffen, droht ihnen im Moment noch keine Strafe. Ein Umstand, den die DFL bald ändern sollte, fordert Rittmann.
"Ich finde es vollkommen verständlich, wenn man sagt: Im ersten Jahr, wenn ihr das noch nicht geschafft habt – bei ambitionierten Zielen, die jetzigen Ziele, finde ich, sollten machbar sein – drohen wir Sanktionen an. Und wenn es dann auch im zweiten Versuch oder nach einem halben Jahr nicht erreicht wurde, dann gibt es finanzielle Konsequenzen oder perspektivisch eben auch die Frage: Darf man in dieser Liga noch mitspielen?"
Die Deutsche-Basketball-Liga hat derartige Strafen in ihren Nachhaltigkeits-Regularien verankert. Bei der DFL konnte man sich bisher nicht auf einen solchen Schritt einigen.

Kleinschmidt vermisst Priorisierung

Sportökonom Kleinschmidt vermisst vom Liga-Verband etwas anderes: Eine klare Priorisierung, woran die Vereine besonders arbeiten sollten. Den größten Hebel gebe es bei den Reisen der Auswärtsfans.

Die acht, neun Prozent der Auswärtsfahrer, die unterwegs sind in der Liga, fahren im Schnitt zu jedem Spiel 350 Kilometer. Und erzeugen damit fast annähernd ein Drittel des gesamten Fußabdrucks der Bundesliga.

Denn die meisten Fans fahren immer noch mit dem Auto zum Stadion. Das zeigen Zahlen, die einige Vereine auf Anfrage bereitgestellt haben. Zu Heimspielen von Hoffenheim kommen mehr als 80 Prozent der Fans mit dem Auto. Bei Stadien, die zentraler in der Stadt liegen, kommen mehr Fans mit dem öffentlichen Nahverkehr.

RB Leipzig will Strahlkraft als Bundesliga-Verein nutzen

Aber auch in anderen Bereichen gibt es bei den Vereinen noch Verbesserungspotenzial. RB Leipzig arbeitet zum Beispiel gerade daran, weniger Wasser zu verbrauchen. "Durch die Klimaveränderung wird Wasser definitiv in der Zukunft ein rares Gut werden und auch etwas, mit dem man sehr, sehr sorgfältig umgehen muss. Insofern kommt zwangsläufig dann die Frage: Wie können wir uns dafür besser aufstellen?", sagt Evelyn Holderbach, Nachhaltigkeitsbeauftrage von RB.
Gerade werde geprüft, wie der Verein gebrauchtes Wasser im Stadion auffangen kann, um damit den Rasen zu wässern. Das vegane Essens-Angebot hat RB Leipzig schon ausgebaut – eine fleischlose Bratwurst kostet genauso viel wie das Original.
Der Verein wolle damit seine Strahlkraft als Bundesligist nutzen, so Evelyn Holderbach: "Weil wir natürlich dadurch, dass wir auf bestimmte Themen aufmerksam machen, uns erhoffen, dass wir insgesamt als Gesellschaft eben auch einen Wandel hinbekommen."

Vereine "können eine Diskursplattform bieten"

Auch Klimaaktivistin Annika Rittmann glaubt, dass Bundesliga-Vereine eine Vorbild-Rolle einnehmen können – wenn sie sich Ziele setzen und sie auch einhalten. Und wenn die Vereine sich als einen Ort verstehen, an dem auch über Politik gesprochen wird.
Rittmann erklärt: „Sie können eine Diskursplattform bieten für die Menschen, die den Spielern und den Vereinen zuhören, also einen Raum bieten, wo darüber gesprochen werden kann, was einen gerade politisch beschäftigt, weil Vereine ja auch immer ein Ort des sozialen Zusammenkommens sind.“