Sonntag, 12. Mai 2024

Nachhaltigkeit im Handball
Noch sind die Füchse Berlin eine Ausnahme

Die Saison in der Handball-Bundesliga ist vorbei. Während sportlich eine längere Sommerpause folgt, beschäftigen andere Themen die Liga weiterhin. Allen voran die ökologische Nachhaltigkeit der Clubs. Ein Standort sticht dabei positiv hervor.

Von Constantin Eckner | 11.06.2023
Die Füchse Berlin aus der Handball-Bundesliga sind um nachhaltigkeit behmüht und setzen etwa auf Filteranlagen statt Plastikflaschen.
Die Füchse Berlin aus der Handball-Bundesliga sind um nachhaltigkeit behmüht und setzen etwa auf Filteranlagen statt Plastikflaschen. (imago / Sebastian Wells / imago sportfotodienst)
Dass auch Profisportvereine sich dem Kampf gegen den Klimawandel nicht entziehen können, ist vielen Sportarten und Clubs inzwischen klar. Viele arbeiten auch an messbaren Kriterien in Lizenzierungsverfahren. Torsten Weber, Professor für Nachhaltigkeitsmanagement an der CBS International Business School, hält das für sinnvoll. „Nicht jeder Club kann machen, was er will, sondern man läuft gemeinsam in eine gleiche Richtung, die wesentlich herausgearbeitet wurde. Das heißt, in Projekten – ich weiß es aus eigener Erfahrung – wurden wesentliche Themen abgeleitet, die man dann mit Zielen hinterlegt und verfolgt.“
Das fällt im Verbund, beispielsweise einer ganzen Liga, leichter. „Zum anderen ist es – das kennen wir alle aus unserer eigenen Sozialisation –, dass so ein leichter Druck schon zu Verhaltensänderungen führt."

Füchse Berlin verfolgen eigene Nachhaltigkeitsstrategie

In der Handball-Bundesliga gibt es noch keine festgelegten Nachhaltigkeitskriterien für die Clubs. Es existiert noch kein Druck. Aber die Füchse Berlin, einer der Spitzenstandorte in der HBL, verfolgt bereits seit längerem freiwillig eine ökologische Nachhaltigkeitsstrategie.
Christopher Jahns ist das für diesen Bereich zuständige Vorstandsmitglied. "Auf der Ebene der ökologischen Nachhaltigkeit haben wir zunächst unseren ganzen Fußabdruck, inklusive der Jugendmannschaften und unseres Farmteams in Potsdam, schonungslos gemessen, dass wir überhaupt wissen, was wir an CO2 verbrauchen."
Die Füchse kamen so auf eine CO2-Menge von 650 Tonnen in der Saison 2021/22. Das ist etwa so viel wie der jährliche Verbrauch von 60 Deutschen. Der Club teilte den eigenen Verbrauch öffentlich mit, auch gegenüber den Fans und Sponsoren.

Trainingslager im Spreewald statt Südeuropa

"Wir haben sofort und die letzten zwölf Monate viele auch sehr harte Maßnahmen auf den Weg gebracht. Was wir als Club machen können, ist zunächst das Thema Reisetätigkeit. Wir haben beispielsweise Trainingslagerangebote aus Südeuropa abgelehnt und haben das im Spreewald gemacht. Wir fahren mehr Bahn, wo es geht. Man muss sich aber auch ehrlich machen. Wenn wir zu internationalen Auswärtsspielen mit einem Bus fahren und 18 Stunden unterwegs sind, dann wären nicht ins Finale im Europapokal gekommen, sondern da gibt es auch manchmal Kompromisse, die man machen muss. Wir haben 30.000 Plastik-Wasserflaschen, die wir im Jahr verbrauchen. Da haben wir jetzt einen neuen Partner, wo wir Filteranlagen nutzen und das einsparen können. Das ist eine CO2-Einsparung von 94 Prozent."
Darüber hinaus ist das Thema der Hallennutzung an Spieltagen ein prominentes. Denn gerade angesichts des Zuschaueraufkommens und auch der Anforderungen durch Fernsehübertragungen wird viel Strom verbraucht. Aber auch in diesem Punkt sind die Füchse Berlin auf einem guten Weg. "Was die Schmeling-Halle angeht, haben wir natürlich einen idealen Partner, weil die Schmeling-Halle ist sowieso eine grüne Hauptstadt-Halle mit vielen realisierten Maßnahmen: Solarenergie, LED-Licht, Mehrwegsystem etc. Da sind wir happy, aber auch da drücken wir natürlich aufs Gas und würden uns wünschen, aber das ist natürlich nicht unsere Halle, dass man zum Beispiel im Bereich der Gebäudevernetzung nochmal den nächsten Schritt geht und weitere CO2-Einsparungen auf den Weg bringt."

Fan-Mobilität als Herausforderung

Eine essenzielle Herausforderung im Publikumssport sieht Nachhaltigkeitsexperte Torsten Weber derweil bei der An- und Abreise der Fans. "Wenn wir ein Handball-, ein Eishockey- oder ein Basketballspiel haben, haben wir 3.000 bis 10.000 Zuschauer, die dann möglicherweise in den Sportligen anreisen. Da haben wir 60 bis 70 Prozent der CO2-Emissionen an dem Tag konkret zusammengefasst auf diese Fan-Mobilität. Das ist eine große Herausforderung insofern, weil ich dem Fan natürlich auch nicht vorschreiben kann, wie er anzureisen hat."
Auch dieser Herausforderung sind sich die Füchse Berlin bewusst und planen deshalb mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) eine große Kampagne dazu. Die Füchse sind nicht der einzige Handball-Erstligist, der Maßnahmen zur CO2-Reduktion ergreift. Aber der kürzlich gekrönte Sieger der European League gilt momentan als Leuchtturm im deutschen Handball. Schon bald aber, so hört man, sollen Nachhaltigkeitskriterien in der ganzen Liga eingeführt werden.