
Das Turnier werde für alle Teilnehmer "unfassbare logistische Probleme mit sich bringen", sagte Roland Eitel in dem Gespräch. Als Beispiel nannte er seinen Klienten und Freund Jürgen Klinsmann. Der Trainer der US-Mannschaft müsse für die drei Vorrundenspiele seines Teams rund 15.000 Kilometer zurücklegen und dabei in immer neuen Klimazonen spielen. Weltmeister werde auch, wer diese Strapazen am besten meistere.
Auch wie der ehemalige Bundestrainer Klinsmann und sein Nachfolger Joachim Löw die Konkurrenzsituation - Deutschland und die USA sind Vorrundengegner - am besten bewältigen, erklärte der PR-Mann: Er habe beiden geraten, sich von den Medien nicht "provozieren"und auf "die falsche Fährte locken" zu lassen. "Das Spiel geht mit den beiden sicher nicht."
Im medialen Bereich rechnet Eitel mit Veränderungen. Hätten bei der WM 2002 in Japan und Südkorea - dem letzten Turnier mit Zeitverschiebung für Deutschland - noch Tageszeitungen einen "erheblichen Stellenwert" gehabt, sei diesmal damit zu rechnen, dass "schnellere Medien" im Internet eine größere Rolle spielen werden.
Nach dem "Fehler"-Eingeständnis zu Katar von FIFA-Boss Sepp Blatter und den anhaltenden Protesten in Brasilien sprach sich Eitel dafür aus, in Zukunft sorgfältiger mit der Frage der Vergabe umzugehen.
Das Gespräch in voller Länge:
Jürgen Liminski: In vier Wochen ist Anpfiff, dann startet die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 - hoffentlich, kann man sagen, denn die Bauten sind noch nicht fertig, und aus Brasilien sieht und hört man immer nur von Protesten gegen die Verschwendung öffentlicher Gelder für Prestigeobjekte. Und heute wird die Weltmeisterschaft in Katar sogar infrage gestellt. Ist Fußball noch die schönste Nebensache der Welt, eine Geschichte von elf Freunden oder nur noch ein Geschäft? Was ändert sich in und mit der Arena? Zu diesen Fragen begrüße ich einen ausgewiesenen Kenner des Geschäftlichen und Menschlichen im Fußball, den früheren Kommentator Roland Eitel, der heute der PR-Berater und Freund der Trainer Joachim Löw und Jürgen Klinsmann ist. Guten Morgen, Herr Eitel!
Roland Eitel: Guten Morgen!
Liminski: Herr Eitel, Ablösesummen von über 100 Millionen Euro, Stadionbauten, die Milliarden verschlingen - verbindet der Fußball noch die Völker oder nur die Geschäftsleute?
Eitel: Na, ich würde sagen, er verbindet schon auch noch die Völker. Wenn wir zurückdenken an Südafrika, gibt es natürlich Stadien - das ist natürlich auch bedauernswert -, die anschließend nicht mehr die richtige Nutzung haben, aber unsere deutsche Vermieterin hat eben auch gesagt, dass sich die Fahrtzeit von Pretoria nach Johannesburg inzwischen immer halbiert, weil inzwischen die Straße halt nicht mehr zwei Spuren hat, sondern vier Spuren, auch wegen der Fußball-Weltmeisterschaft. Aber ich finde schon natürlich, dass man künftig vielleicht ein bisschen sorgfältiger umgehen müsste mit der Wahl der Länder oder Nationen, die so was ausrichten können.
"Kann mir nicht vorstellen, dass die WM in Katar stattfindet"
Liminski: Stichwort WM in Katar: Gibt es da ein Wintermärchen, oder ist die WM in Katar sogar eine Fata Morgana? Gestern hat ja FIFA-Chef Blatter die WM in Katar infrage gestellt.
Eitel: Also diese sportpolitischen Dinge übersteigen meinen Einflussbereich bei Weitem. Mir persönlich kann ich mir nicht vorstellen, dass die WM dort stattfindet. Also ich glaube, wenn da bis dahin irgendwie noch vielleicht mal ein Spieler umkippt bei einem Spiel, wo es ähnliche Temperaturen hat, dann werden die sich das alles schon noch mal genau überlegen, was da passiert.
Liminski: Was wird denn anders sein bei dieser WM, bei der anstehenden WM in Brasilien?
Eitel: Da fallen mir spontan zwei Dinge ein: Zunächst mal wird für alle Teilnehmer, also Spieler, Trainer, aber auch Journalisten oder Sponsoren, für alle, die da an diesem Spektakel beteiligt sind, wird es irre oder für uns unfassbare logistische Probleme mit sich bringen. Mein Freund Klinsmann als Trainer der Amerikaner, die fliegen zu drei Vorrundenspielen 15.000 Kilometer und spielen dreimal in völlig unterschiedlichen klimatischen Bedingungen. Man weiß nicht so recht, klappt es mit den Flügen, klappt es mit den Bussen. Also da gibt es schon größere Strapazen, und da wird sich schon die Mannschaft auch durchsetzen, die dem am besten widersteht. Für uns hier wird sich auch einiges ändern, denke ich mal, für den Konsumenten in Deutschland, seit 2002 die erste Weltmeisterschaft mit Zeitverschiebung. Wir hatten 2006 Deutschland, 2010 Südafrika, also in Echtzeit wurde da gespielt, jetzt haben wir eine Zeitverschiebung, das wird dann schon - gerade so Public Viewing und so - erhebliche Veränderungen bringen, aber auch jetzt im medialen Bereich.
Liminski: Inwiefern im medialen Bereich?
Eitel: Ja, wenn wir einfach mal dran denken, dass 2002 die Tageszeitungen bei uns noch einen erheblichen Stellenwert hatten, der Stellenwert ist in den vergangenen Jahren mächtig gesunken, dafür gibt es jetzt ganz neue Medien - Internet, schnellere Medien, Facebook, Twitter -, ich behaupte einfach, das wird die erste Internet-WM, die es überhaupt gegeben hat.
Liminski: Herr Eitel, Sie sind PR-Berater von Löw und Klinsmann, nun treten die Mannschaften der beiden gegeneinander an - was raten Sie denn den beiden? Stecken Sie da nicht in einem Dilemma?
Eitel: Nein, gar nicht. Also ich hab jetzt mit den sportlichen Dingen relativ wenig zu tun, also das kann ich auch echt wirklich komplett ausblenden. Ich möchte jetzt nicht so flach das behaupten, wie dass der Bessere gewinnen mag, aber das ist ein normaler sportlicher Wettstreit, und meine Arbeit hat jetzt mit dem Sport nichts zu tun. Natürlich wird es ein Spiel geben, klar, wo es vielleicht drum geht, ich hab eigentlich nur manchmal so ein bisschen Bedenken bei mir selber, wenn vorher feststeht, dass ein Unentschieden beiden Mannschaften zum Weiterkommen helfen würde. Das wäre eine ganz brisante Situation. Aber einen normalen sportlichen Wettstreit, das halten wir alle aus.
"Es gibt Freundschaften im Fußball"
Liminski: Sie sind auch mit beiden befreundet, gibt es das überhaupt noch, Freundschaft im Profigeschäft Fußball? Früher hieß es ja auch immer, elf Freunde müsst ihr sein, ist das heute noch möglich?
Eitel: Ja klar, ja klar. Also vielleicht nicht mehr in dem Sinne, wie wir das mit elf Freunden verstehen, aber vielleicht in einem anderen Sinne - die normalen Freundschaften sind heute auch anders, als sie vor 50 Jahren waren, denke ich mal -, aber das glaube ich schon. Ich bin da schon relativ nah dran, auch durch meine Arbeit für den Mesut Özil, auch die Generation heute ist bei Arsenal London noch so, die haben echt schon viel Spaß miteinander, und da sind auch Freundschaften dabei. Vielleicht so auf einer anderen Ebene, klar, Klinsmann, Löw sind auch ein bisschen älter, aber das sind Freunde und bleiben Freunde, und das haben sie auch verabredet nach der Auslosung, dass die Freundschaft unter einem sportlichen Wettkampf oder unter einer Auslosung natürlich nicht leiden darf.
Liminski: Egal, wie die Spiele ausgehen?
Eitel: Egal, wie die Spiele ausgehen.
Liminski: Haben Sie darüber gesprochen mit den beiden?
Eitel: Ja, ja, relativ schnell nach der Auslosung. Also das war auch der Wunsch irgendwie, glaube ich. Ich weiß gar nicht, wer angefangen hat, ich glaube, Jogi Löw, dass wir irgendwie mal zusammen telefonieren und dass wir uns nicht provozieren lassen, dass sich keiner irgendwie mit Schlagzeilen oder sonst was da auf eine Fährte locken lässt, wo er mal irgendeinen komischen Spruch raushaut. Denn das geht ja heute ganz schnell, dass man den Klinsmann fragt: Haben Sie Angst vor den Deutschen? Der sagt natürlich nein. Dann wird das so ein bisschen hingestellt, ach, guck mal, die Amis, die haben nicht mal Angst vor den Deutschen, und dann ruft irgendeiner Löw an und sagt, guck mal, der Klinsmann hat nicht mal Angst vor euch, dann sagt er was. Also das Spiel geht mit den beiden sicherlich nicht.
Liminski: Ronaldo, Messi, Özil haben Sie eben auch genannt, das sind die Stars, Weltstars, die haben auf ihren Webseiten Followers in Millionenzahlen, das ist natürlich ein Potenzial für Geschäfte, zugegeben auch für rein humanitäre Aktionen wie Big Shoe, das einen Auftrieb erlebt, seit Özil sich dafür engagiert. Aber haben diese Leute - also Ronaldo, Messi, Özil und so weiter -, haben diese Leute überhaupt noch ein privates oder nur noch ein instrumentalisiertes Leben?
Eitel: Also instrumentalisiert würde ich nicht behaupten, da machen sie viel zu viel schon richtig privat, aber sie haben eigentlich fast immer ein öffentliches Leben, was aber jetzt nicht an Facebook, Twitter oder sonst was liegt. Die größte Revolution dabei war sicherlich das Erfinden der Handyfotos, was das Leben der Fußballer und Trainer schon erheblich beeinträchtigt, dass sie nicht mal in Ruhe essen können. Da kann man natürlich immer wieder sagen, das ist jetzt im Gehalt mit drin, aber ich finde, ab und zu mal so in Ruhe essen, wäre eigentlich auch schon mal was, was möglich sein müsste. Aber das ist dann kaum noch möglich. Wir haben auch noch, was richtig interessant ist, diese unterschiedlichen medialen Begleiterscheinungen, dass sie halt in England immer irgendwelche Fotografen vor der Haustür haben oder die ihnen abends hinterherfahren, was ja bei uns jetzt hier Gott sei Dank in Deutschland nicht der Fall ist. Also instrumentalisiert wird es nicht, es wird ja auch keiner gezwungen dazu. Das ist einfach diese Generation, die mit Facebook und Twitter quasi aufgewachsen ist, und die machen das auch – ich kann vor allem für den Mesut Özil sprechen - richtig gern und richtig intensiv, und somit wird das halt schon alles relativ öffentlich, ja. Aber instrumentalisieren, da passen wir schon auf, das passiert nicht.
Liminski: Der Fußball, das Geschäft, die Freundschaft - vier Wochen vor dem Anpfiff in Brasilien war das hier im Deutschlandfunk der PR-Berater Roland Eitel. Besten Dank fürs Gespräch, Herr Eitel!
Eitel: Vielen Dank!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.