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Gaspipeline South Stream
Lösung händeringend gesucht

Beim heutigen Treffen der EU-Energieminister steht das South-Stream-Projekt zwar nicht offiziell auf der Agenda, doch über die Konsequenzen macht man sich Gedanken. Bundeswirtschafts- und Energieminister Gabriel erhofft sich eine Rückkehr zum Bau der Gaspipeline, wenn sich die politische Situation entspannt.

Von Jörg Münchenberg | 09.12.2014
    Die Pipeline South Stream in Serbien
    Die Pipeline South Stream in Serbien (dpa / picture-alliance / Koca Sulejmanovic)
    Offiziell steht das Thema nicht auf der Agenda der EU-Energieminister. Doch natürlich wird über den überraschenden Ausstieg Russlands aus der Gaspipeline South Stream zu reden sein. Zumindest am Rande wollen sich heute die Vertreter der betroffenen Länder über die Konsequenzen der Absage austauschen – das sind nicht zuletzt Bulgarien, Ungarn, Österreich, Slowenien und Italien.
    EU-Kommissionspräsident Jean Claude Juncker hatte erst vor ein paar Tagen versucht, den betroffenen Mitgliedstaaten Mut zu machen – ohne freilich die Realität zu verkennen:
    "South Stream kann gebaut werden. Die Bedingungen dafür liegen auf dem Tisch und sind bekannt. Jetzt liegt der Ball in Russland".
    Anfang Dezember hatte der russische Präsident Wladimir Putin überraschend die Reißleine gezogen und das Aus für South Stream verkündet. Die EU trage dafür die Mitschuld, so die Lesart in Moskau, schließlich habe Brüssel den Bau der umstrittenen Gaspipeline in Südosteuropa torpediert. Was sich aus der Perspektive der EU-Kommission freilich ganz anders anhört:
    "Die Position der Kommission gegenüber South Stream hat sich nicht verändert. Der Betrieb von Gas-Pipelines in Europa muss mit dem geltenden Wettbewerbsrecht übereinstimmen. South Stream kann wie andere Projekte in Europa nur dann entwickelt werden, wenn man die geltenden Gesetze achtet. Ansonsten würde dies das Funktionieren des Binnenmarktes ernsthaft gefährden".
    "Putins hat nach einer anderen Lösung gesucht"
    So wollte der russische Gasriese Gazprom die Pipeline allein betreiben und befüllen, was jedoch gegen die europäischen Wettbewerbsregeln verstößt. Was Moskau freilich bestreitet. Dennoch hatte die EU-Kommission nicht zuletzt auf die bulgarische Regierung erheblichen Druck ausgeübt, um als Transitland das Projekt zu stoppen. Am Ende mit Erfolg.
    Allerdings dürften jedoch für Brüssel angesichts der Ukraine-Krise auch politische Motive eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Das wiederum, so die renommierte Osteuropa-Expertin der Brüsseler Denkfabrik European Policy Center, Amanda Paul habe letztlich auch Moskau zähneknirschend zur Kenntnis nehmen müssen:
    "Das geht jetzt seit mehreren Monaten, dass die EU das Projekt eingefroren hat. Den Russen war klar, dass es hier keine Fortschritte mehr geben würde. Zumal angesichts der ungelösten Krise in der Ukraine. Putin wollte deshalb seine Verluste vermindern und nach einer anderen Lösung suchen".
    Wirtschaftlich stand das Projekt ohnehin von Anfang an auf wackeligen Beinen. Allein die Baukosten wurden auf bis zu 16 Milliarden Euro geschätzt. Allerdings spielten bei der Planung von South Stream von Anfang an geostrategische Motive eine Hauptrolle. Moskau wollte neben der bereits bestehenden North Stream eine zweite Pipeline, um die Ukraine zu umgehen. Gleichzeitig sollte so die Abhängigkeit Europas von russischen Gaslieferungen weiter gefestigt werden. Zumal die europäischen Bemühungen, eine eigene Pipelinie – Nabucco – umzusetzen, 2013 gescheitert waren. Versorgungstechnisch dürfte sich der Schaden durch den Moskauer Ausstieg aus South Stream dennoch in Grenzen halten, meint Expertin Paul:
    "Nur Bulgarien hat von den EU-Mitgliedstaaten geplant, über South Stream Gas zu beziehen. Sowie einige kleinere Staaten auf dem Balkan und auch Italien ein bisschen. Es macht also keinen großen Unterschied. Auf was es jetzt ankommt, ist, dass die EU ihre Energiemärkte vernetzt, um das Gas besser verteilen zu können. Es ist nicht entscheidend, woher das Gas kommt oder wer es verkauft. Wichtig ist die Fähigkeit, Gas über die Grenzen hinweg transportieren zu können. Das schafft Versorgungssicherheit. Gas ist auf den Märkten genug vorhanden".
    Dennoch bleibt der wirtschaftliche Schaden für die westlichen Investoren in die Pipeline. Und den Transitländern entgehen wichtige Einnahmen. Sofern es bei dem Aus für South Stream bleibt, drohen jedoch noch andere Konsequenzen: Moskau will jetzt die Türkei als neue Gasdrehscheibe auch für Europa ausbauen. Zudem könnte der neue Streit zwischen der EU und Russland auch die bereits vereinbarten russischen Gaslieferungen an die Ukraine wieder in Frage stellen.