Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" sowie NDR und WDR soll der Verdächtige ebenfalls für einen amerikanischen Geheimdienst gearbeitet haben. Offenbar gibt es jedoch keinen Zusammenhang zu der Affäre um einen Beamten des Bundesnachrichtendienstes (BND), der für die CIA spioniert haben soll. Der Mann steht unter Verdacht, innerhalb von zwei Jahren 218 Dokumente für 25.000 Euro an US-Geheimdienste verkauft zu haben.
Die Wohn- und Büroräume des neuen Verdächtigen wurden am Mittwoch von Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft durchsucht. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa war der Zivilist als Referent in der Abteilung Politik tätig und soll dort für internationale Rüstungskooperation zuständig gewesen sein. Er wirkte damit an der Vorbereitung sicherheitspolitischer Richtungsentscheidungen des Bundesverteidigungsministeriums mit.
Das Ministerium bestätigte der dpa, dass es "in seinem Bereich" Ermittlungen gebe. Demnach könnten das Ministerium, die Bundeswehr oder auch der Militärischen Abschirmdienst (MAD) betroffen sein. Der MAD ist in militärischen Angelegenheiten für die Spionageabwehr zuständig.
Von der Leyen fordert von USA Konsequenzen
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft besteht der "Anfangsverdacht der geheimdienstlichen Agententätigkeit". Eine Festnahme gab es zunächst nicht. Die Behörde ließ offen, für welches Land der Verdächtige gearbeitet haben soll. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR wird der neue Fall von Experten noch ernster eingeschätzt als der Verdacht gegen den BND-Mann. Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags will sich an diesem Donnerstag damit befassen.
Der amerikanische Botschafter in Berlin, John B. Emerson, musste erneut zu einem Gespräch ins Auswärtige Amt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen forderte die US-Regierung auf, Konsequenzen zu ziehen. "Die USA müssen wieder mit uns eine gemeinsame Sicht darauf entwickeln, wie wir in Zukunft unsere Zusammenarbeit gestalten wollen", sagte die CDU-Politikerin der "Berliner Zeitung". Zum Verdacht gegen einen Mitarbeiter ihres eigenen Ministeriums sagte sie nur: "Was dahintersteckt, ist noch nicht klar."
Das Weiße Haus ist frustriert
Nach einem Bericht der "New York Times" wusste US-Präsident Barack Obama bei einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am vergangenen Donnerstag über den Verdacht gegen den BND-Mann noch nicht Bescheid. Im Weißen Haus sei man frustriert, dass die CIA den Präsidenten nicht unterrichtet habe. Zudem wachse die Sorge, dass die Spionagevorwürfe die Beziehungen mit Deutschland belasten könnten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bestätigt, dass sich CIA-Chef John Brennan wegen der Spionageaffäre der USA in der deutschen Regierungszentrale gemeldet habe. Auf die Frage, ob Brennan Kontakt zum Kanzleramt gesucht habe, sagte Merkel am Rande einer Veranstaltung in Berlin: "Ich kann bestätigen, dass es dazu Gespräche durchaus gibt, aber über Ergebnisse kann ich nichts sagen." "Spiegel Online" hatte berichtet, der US-Geheimdienstchef habe mit Geheimdienstkoordinator Klaus-Peter Fritsche telefoniert, um den Schaden in der Affäre um Spionage beim Bundesnachrichtendienst zu begrenzen. Zu den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen einen weiteren mutmaßlichen Spion nahm Merkel nicht Stellung.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich in der "Saarbrücker Zeitung" erneut verärgert über den Fall des BND-Agenten. "Der Versuch, mit konspirativen Methoden etwas über die Haltung Deutschlands zu erfahren, gehört sich nicht nur nicht, es ist auch völlig überflüssig." Niemand verberge seine Positionen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Norbert Röttgen (CDU), sprach im DLF von "Dummheiten" der US-Dienste, mit denen "enormer außenpolitischer Schaden" angerichtet werde.
(pg/nin)