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Medienpolitik-Debatte in Sachsen
AfD nicht mehr im MDR-Rundfunkrat

Der Rundfunkrat des MDR wird neu besetzt – und die AfD wird wohl nicht mehr in dem Kontrollgremium des öffentlich-rechtlichen Senders vertreten sein. Die anderen Parteien sprechen von normalen demokratischen Abläufen. Die AfD prüft, ob sie gegen das Wahlverfahren klagt.

Von Alexander Moritz | 22.11.2021
Ein viertelrunder Bau aus Stahl und Glas hinter einem Teich.
Die Zentrale des Mitteldeutschen Rundfunks MDR in Leipzig (picture alliance / dpa / Jan Woitas)
Die AfD sieht sich als Opfer einer „Intrige“, die anderen Parteien sprechen von einer Stärkung der Opposition. Am Freitag hat der sächsische Landtag drei Mitglieder des neuen MDR-Rundfunkrats gewählt: Entsandt werden je ein Abgeordneter der Regierungsparteien CDU und SPD und eine Vertreterin der Linken. Die AfD als zahlenmäßig größte Oppositionskraft ging leer aus.
Zuvor hatte der Landtag beschlossen, dass Sitze im Rundfunkrat nicht allein nach Stimmenverhältnis der Parteien vergeben werden sollen. So ist es beispielsweise für die Landtagsausschüsse vorgesehen. Der AfD hätte dann ein Sitz zugestanden. Stattdessen durfte jede Fraktion Kandidatinnen vorschlagen, über die einzeln abgestimmt wurde. Der Kandidat der AfD bekam dabei nicht die nötige Zweidrittelmehrheit.
„Mit der Durchbrechung der Geschäftsordnung haben Sie, die sich oft als demokratische Parteien bezeichnen, bewiesen, was Sie von der Demokratie halten: Sie haben mit dieser Besetzung 27 Prozent der sächsischen Wähler, die wir vertreten, vom MDR-Rundfunkrat ausgeschlossen“, empörte sich Sachsens AfD-Fraktionschef Jörg Urban.
10.03.2018, Sachsen, Görlitz: Jörg Urban, Landesvorsitzender der AfD in Sachsen, spricht bei der Kundgebung der AfD Görlitz zur Zukunft der Arbeitsplätze in der Lausitz. Foto: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa | Verwendung weltweit
Jörg Urban, Landesvorsitzender der AfD Sachsen (dpa-Zentralbild / onika Skolimowska)

AfD: „Das hat man schon bewusst geändert“

Schlicht „Quatsch“ sei das, sagt Andreas Nowak, der medienpolitische Sprecher der sächsischen CDU. Vom Wahlverfahren rein nach Parteienproporz sieht die Geschäftsordnung des Landtags durchaus Ausnahmen vor. Im Fall des MDR-Aufsichtsgremiums sei das durch das Urteil Bundesverfassungsgerichts zur staatsfernen Besetzung der Rundfunkräte geradezu zwingend.
Andreas Nowak: „Im ZDF-Urteil steht drin, dass wir, insbesondere bei dem Thema staatsferne Besetzung von Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, eine besondere Bandbreite insbesondere mit der Opposition herstellen müssen. Und um allen Oppositionsfraktionen einen Vorschlag zu ermöglichen, sind wir von der Geschäftsordnung abgewichen.“
Der AfD-Kandidat Torsten Gahler hätte wohl auch mit einem anderen Wahlverfahren keine Mehrheit gefunden. Er erhielt nicht mal alle Stimmen der eigenen Fraktion. Die geänderten Regeln zur Besetzung des Rundfunkrats hält Gahler trotzdem für eine gezielte Aktion gegen seine Partei:
„Man hatte das schon mal geändert zu Ungunsten der AfD. Im alten Rundfunkstaatsvertrag gab es je angefangene 50 Sitze einen Sitz im Rundfunkrat. Das hat man schon bewusst geändert, weil die Machtverhältnisse und die Mehrheitsverhältnisse sich massiv verschoben haben und die AfD dadurch schon mehr Plätze gehabt hätte.“ Dass jeder Kandidat mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden muss, sieht er als Instrument, um die AfD kleinzuhalten.

Auch in Sachsen-Anhalt keine Mehrheit

Die grüne Medienpolitikerin Claudia Maicher widerspricht:Eine Zweidrittelmehrheit heißt überall, dass nicht alleine die Regierung beschließen kann. Ich halte das für eine richtige und wichtige Regelung, weil die Zweidrittelmehrheit eine hohe demokratische Hürde ist. Man könnte auch generell darüber nachdenken, ob Staatsferne auch bedeutet, dass eben aus dem Parlament und aus der Regierung, also aus der Exekutive, gar keine Vertreter im Rundfunkrat sind. Aber dafür gab es bei den Verhandlungen zum MDR-Rundfunkrat keine Mehrheit.“
Auch im Landtag von Sachsen-Anhalt verfehlte die AfD die Mehrheit für einen Sitz im Rundfunkrat. Der einzige bisher vom Thüringer Landtag entsendete AfD-Abgeordnete wurde nicht mehr gewählt. Damit ist die AfD nun nicht mehr im Rundfunkrat des MDR vertreten. CDU-Medienpolitiker Nowak sieht darin kein Problem. Die AfD habe keinen Anspruch auf einen Sitz.
„Dieser Anspruch steht weder im Grundgesetz, noch in den Landesverfassungen, noch im MDR-Staatsvertrag. Sondern man kann einen Kandidaten schicken, und wenn die eine Mehrheit bekommen, sind sie gewählt, und wenn sie keine Mehrheit bekommen, sind sie nicht gewählt“
Die AfD prüft nun, ob sie gegen das Wahlverfahren klagt. Mit dem neuen Staatsvertrag wächst der MDR-Rundfunkrat auf 50 Personen, bisher waren es 43. Eine Kompromisslösung, um eine größere gesellschaftliche Vielfalt abzubilden. Neu im Rundfunkrat vertreten sind unter anderem Organisationen von Geflüchteten und schwul-lesbisch-queeren-Gruppen, ebenso wie der ADAC. Der neue Rundfunkrat soll zum ersten Mal am 13. Dezember zusammentreten.