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Gemeinsam gegen die "Schwarze Pumpe"

In Welzow in der Lausitz will der Energiekonzern Vattenfall den Tagebau Welzow Süd II mit insgesamt fünf geplanten Tagebau-Stätten ausbauen. Etwa 800 Menschen müssten weichen, Dörfer verschwinden, Naturschutzgebiete würden zerstört. Gegen die Pläne hat sich breiter Protest formiert.

Von Axel Flemming | 17.09.2013
    Nach und nach heben die Vertreter der Grünen Liga, der klima-allianz deutschland, des BUND Brandenburg, des Bündnis Heimat und Zukunft, vom Bauernbund und anderer Organisationen Tafeln mit Ziffern in die Höhe.

    Dann ist die Zahl 112157 zu lesen.

    112.157 Einwendungen, damit hat sich die Zahl der im Vergleich zum ersten Planentwurf erheblich gesteigert; um das zwanzigfache.

    Der erste Entwurf des Braunkohlenplanes aus dem Jahr 2011 war wegen grober Mängel überarbeitet worden, der neue lag in den vergangenen Monaten öffentlich aus.

    Ein breites Bündnis aus Betroffenen, Bürgerinitiativen, Umweltorganisationen und Verbänden hatte dazu aufgerufen, im Planverfahren gegen das Vorhaben des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall Widerspruch einzulegen, der den Tagebau in Welzow Süd gerne auf das Teilfeld II ausweiten möchte.

    Aus der 20 Quadratkilometer großen Grube will Vattenfall über 200 Millionen Tonnen Braunkohle gewinnen.

    "Also ich bin Daniel Häfner von Robin Wood. Und für uns ist ein zentrales Anliegen, die Klimaschädlichkeit der Braunkohleverstromung. Und das ist so, dass hier in der Lausitz eine relativ hohe Menge CO2 ausgestoßen wird, das ist eine der größten Umwelt verschmutzenden Regionen in ganz Europa."

    Das Kraftwerk Schwarze Pumpe produziert täglich mehr als 32.000 Tonnen Kohlendioxid. Das entspricht nach Greenpeace-Angaben dem durchschnittlichen CO2-Tagesausstoß von über 7 Millionen Mittelklassewagen oder von sämtlichen zugelassenen PKW in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

    Die Bürgerinitiativen und Umweltverbände wollen ein starkes Signal gegen die Braunkohle setzen und sprechen von einer historisch hohen Zahl an Einwendungen.

    Jetzt tragen sie die Listen und Aktenordner in hölzernen Kisten ins Gebäude der gemeinsamen Landesplanungsbehörde Berlin-Brandenburg.

    Referatsleiter Klaus-Otto Weymanns, zuständig für die "Umsetzung der Raumordnungspläne Teilraum Süd Braunkohle" nimmt sie entgegen:

    "Wenn Sie mich fragen, ob ich mich über die Post freue: Wir haben ein Beteiligungsverfahren gemacht, um der Öffentlichkeit eine Stimme zu geben. Und wenn sich das hier in dieser Form und in diesen Massen auch auswirkt, dann haben wir doch eigentlich erreicht, was wir wollten. Dass wir natürlich jetzt sehen müssen, wie wir damit auch rein verwaltungstechnisch auch umgehen, das ist völlig klar. Aber grundsätzlich ist das ein positiver Umstand. Jetzt werden wir diese Dinge auswerten, dann noch mal in eine Erörterung gehen und hoffen, dass wir der Landesregierung im nächsten Jahr einen Entwurf vorlegen können, zur Entscheidung der Landesregierung."

    Die unmittelbar Betroffenen, 810 Menschen in Proschim, Welzow und Lindenfeld, fürchten Enteignungen und Vertreibung aus ihrer Heimat.

    Johannes Kapelle aus Proschim, in der Region als Hauptdarsteller des Films "Opa ohne Lobby" bekannt geworden:

    "Mir ist eigentlich um den Schmerz, dass ein Dorf weggeht. Und die Menschen damit natürlich auch."

    Unterdessen hat Greenpeace nach 21 Stunden die Blockade auf den Gleisen nach Schwarze Pumpe beendet. Aktivisten hatten sich dort in Betonblöcken angekettet. "Vattenfalls Kohle tötet" projizierten sie am Morgen auf das Kohlekraftwerk auf Deutsch, schwedisch, englisch und polnisch.

    Greenpeace-Energieexperte Gerald Neubauer:

    "Vattenfall möchte ja fünf neue Tagebaue in der Lausitz eröffnen und der Tagebau Welzow Süd steht kurz vor der Genehmigung und dies ist ein starkes Zeichen sowohl an die deutsche Politik als auch an die schwedische Politik, diese Braunkohlepläne zu stoppen."

    Greenpeace weist auf eine Untersuchung der Universität Stuttgart hin, nach der Schwarze Pumpe zu Deutschlands zehn gesundheitsschädlichsten Kraftwerken gehört.

    Im Jahr 2011 emittierte das Kraftwerk über 7500 Tonnen Schwefeldioxid, fast 5000 Tonnen Stickoxide und 65 Tonnen Feinstaub.