
In manchen Straßenzügen in Caracas war es so ruhig wie an einem Sonntag. Die öffentlichen Verkehrsmittel standen fast alle still. Es waren kaum Autos unterwegs. Die Rollgitter von vielen Läden waren runtergelassen. Die Ladenbesitzer hatten sich dem Streik angeschlossen. Auch Vanessa Gonzalez ist nicht zur Arbeit gegangen:
"Mit dem Streik wollen wir Präsident Maduro zu verstehen geben, dass es uns reicht mit dieser Diktatur und der Repression. Wir wollen keine verfassungsgebende Versammlung. Wir wollen Freiheit für Venezuela."
Barrikaden aus Möbeln, Müll und Baumstämmen
In verschiedenen Teilen der Hauptstadt schafften Menschen Möbel, Müllsäcke und sogar abgesägte Bäume auf die Straße, um Barrikaden zu errichten. In anderen Stadtteilen ging der Alltag normal weiter. Die meisten Banken hatten geöffnet. Ähnlich sah es auch in anderen Landesteilen aus.
Die Regierungsgegner fühlten sich durch das Ergebnis der symbolischen Volksabstimmung gestärkt. Mehr als sieben Millionen Venezolaner hatten am Sonntag ihre Stimme abgegeben. Dabei kam heraus, dass 95 Prozent der stimmberechtigten Venezolaner sich gegen die von Präsident Maduro angestrebte Verfassungsreform aussprechen. Sie befürchten, dass Maduro sich diktatorische Vollmachten sichern will.
Für den venezolanischen Staatschef ist diese Reform das richtige Mittel, um das Land aus der Staatskrise zu führen, wie er sagt. Er hatte die Volksabstimmung als illegal und bedeutungslos bezeichnet. Die Opposition wollte damit vor allen Dingen ein politisches Signal an Nicolás Maduro senden, was ihn bislang allerdings noch nicht dazu gebracht hat seine Pläne zu überdenken.
"Das ist so ein Dummkopf. Seine Zelle steht schon bereit"
Im Gegenteil – in einer Ansprache im Staatsfernsehen drohte er dem Oppositionsabgeordneten, der zum Generalstreik aufgerufen hatte. Seinen Namen nannte er nicht:
"Das ist so ein Dummkopf. Seine Zelle steht schon bereit. Wir müssen nur noch die verfassungsgebende Versammlung abwarten. Draußen an der Zelle steht schon der Name dieses Terroristen."
Der Oppositionsabgeordnete Freddy Guevara fühlte sich angesprochen, zeigte sich allerdings unbeeindruckt:
"Der Grund, weswegen wir kämpfen, ist die Sache wert. Wir werden deswegen nicht aufhören Widerstand zu leisten. Im Gegenteil, wir wissen dass diese Drohung ein Zeichen von absoluter Schwäche ist. Mir gilt die Drohung, weil der Streik ein Erfolg war. Wir werden einen Verfassungsbetrug nicht zulassen."
Laut dem Oppositionsabgeordneten haben sich durchschnittlich 85 Prozent der Venezolaner im ganzen Land an dem Generalstreik beteiligt. Maduro hingegen sprach von minimalen Auswirkungen. Hunderte der größten Firmen des Landes hätten trotz des Streiks zu 100 Prozent funktioniert.
Opposition will Maduro bis 30. Juli zum Rücktritt bewegen
Am Nachmittag kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die Polizei warf Tränengaspatronen. Demonstranten brannten in Caracas ein Gebäude der Post nieder. Laut Staatsanwaltschaft starben mindestens zwei Menschen bei den Unruhen, weitere wurden verletzt. Seit Beginn der Proteste Anfang April sind fast 100 Menschen gestorben.
In den nächsten Tagen wollen die Regierungsgegner weiter auf die Straße gehen. Viel Zeit bleibt ihnen nicht. 10 Tage haben sie, um Maduro zum Rückzug zu bewegen. Am 30. Juli findet die Wahl der verfassungsgebenden Versammlung statt – an diesem Plan hält Präsident Maduro fest.