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Geplante Klima-Abgabe
Angst vor Jobverlust und neuen Kosten

Mit einer Klima-Abgabe will die Bundesregierung die Braunkohle-Industrie in die Pflicht nehmen. Die Energieversorger, die durch den plötzlichen Atom-Ausstieg ohnehin zu kämpfen haben, fürchten neue Probleme – ebenso wie Arbeitnehmer und Gemeinden, die vom Bergbau leben.

Von Vivien Leue | 23.04.2015
    Braunkohle-Tagebau in NRW: Bei dem Ort Borschemisch kratzen riesige Bagger die Erde auf.
    Braunkohle-Tagebau in NRW: Bei dem Ort Borschemisch kratzen riesige Bagger die Erde auf. (Alois Berger)
    Das Thema Braunkohle spaltet zurzeit das Land – das wurde bei der RWE-Hauptversammlung in Essen heute sichtbar. Auf der einen Seite protestierten Umweltschützer gegen die "klimaschädliche Braunkohle" und forderten RWE auf, schnellstmöglich aus dieser Art der Energiegewinnung auszusteigen. Auf der anderen Seite sprachen Arbeitnehmervertreter von den großen Risiken, die ein zu schneller Ausstieg für den Konzern – und damit für die Mitarbeiter – mit sich bringen würde.
    Vorstandschef Peter Terium fand deutliche Worte:
    "Mit den jüngsten Plänen des Bundeswirtschaftsministeriums zur Einführung eines sogenannten Klimabeitrags für konventionelle Kraftwerke geht es an unsere Substanz. Die Abgabe würde nämlich das sofortige Aus für einen Großteil der Braunkohletagebaue und Braunkohlekraftwerke bedeuten."
    Gabriel hatte vorgeschlagen, den Kohlendioxid-Ausstoß von älteren Kraftwerken bis 2020 um 22 Millionen Tonnen zu drücken. Wenn Kohle-Kraftwerke über eine bestimmte Freigrenze hinaus CO2 ausstoßen, sollen die Betreiber den Plänen zufolge eine Strafe von bis zu 20 Euro pro Tonne zahlen.
    Diese zusätzliche Klima-Abgabe kritisierten heute auch viele kommunale Aktionäre von RWE. Der Sprecher der Dortmunder Stadtwerke, Wolfgang Schäfer, sagte:
    "Was ich mir ganz dringend wünsche, dass diese vorläufigen Überlegungen von Gabriel was die Braunkohle angeht, dass die Ad Acta gelegt werden. Mir scheint, er hat noch nicht begriffen, was er damit anrichtet."
    Denn ähnlich wie RWE-Chef Terium sieht auch Schäfer mit der geplanten Abgabe den gesamten Kohle-Energiesektor in Gefahr. Das würde nicht nur RWE und seine Mitarbeiter hart treffen, sondern daneben viele Gemeinden in den Bergbaugebieten von Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen.
    Aber: Es gibt auch Kommunen, die Gabriels Klima-Pläne befürworten. In einem Brief versichern mehr als 70 Regionalversorger dem Bundeswirtschaftsminister ihre Unterstützung.
    Der Vize-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, befürwortet die Aktion:
    "Dieser Brief steht für die große Mehrheit der Energiewirtschaft. Weil er deutlich macht, dass eigentlich nur zwei Unternehmen, nämlich RWE und Vattenfall eigentlich gegen diesen Vorschlag sind. Und alle anderen davon profitieren. Wir brauchen Klimaschutz auch im Kraftwerkspark und es kann nicht sein, dass nur die Braunkohle-Kraftwerke keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten."
    Gabriel selbst versteht die Aufregung um seine Klima-Pläne nicht. Er sagt:
    "Ich werde als Bundeswirtschaftsminister und übrigens auch als SPD-Vorsitzender keine und niemals eine Politik betreiben, bei der wir zu diesen befürchteten Strukturabbrüchen kommen, die die Gewerkschaften am Wochenende zu diesen Demonstrationen veranlassen."
    Tausende Menschen wollen am Samstag dem Aufruf der Gewerkschaften folgen und in Berlin gegen die geplante Klima-Abgabe demonstrieren. Gleichzeitig wird es übrigens auch am nordrhein-westfälischen Braunkohletagebau Garzweiler zu Demonstrationen kommen – gegen die Braunkohle und für das Klima.
    Keine leichte Aufgabe also für den Bundeswirtschaftsminister, diese beiden Seiten zu versöhnen. Wie eine CO2-Abgabe aussehen kann, die sowohl das Klima schützt, als auch die Braunkohlereviere – das könnte sich in der Koalitionsrunde am Sonntag in Berlin zeigen. Denn das Thema dürfte bis dahin noch nicht vom Tisch sein.