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Geplante Resolution
Bundestag will sich zur BDS-Kampagne positionieren

Der Bundestag beschäftigt sich heute mit der BDS-Kampagne. Die Bewegung bezeichnet Israel als Apartheidsstaat und will das Land isolieren. Die Bundestags-Fraktionen von SPD, FDP, Union und den Grünen halten sie für antisemitisch und wollen mit einer Resolution ein Zeichen setzen. Doch es gibt Kritik an den Plänen - auch aus Israel.

Von Panajotis Gavrilis | 17.05.2019
Die Buchstaben BDS - für Boycott, Divestment and Sanctions - werden von Demonstranten hochgehalten, die anlässlich des Besuchs des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Bundeskanzerlamt in Berlin im Juni 2018 protestierten
BDS-Protest - für Boycott, Divestment and Sactions - vor dem Bundeskanzleramt in Berlin anlässlich des Besuchs des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Bundeskanzerlamt in Berlin im Juni 2018 (imago/Stefan Zeitz)
Aktivistinnen singen zur Melodie des YMCA-Popsongs "Boycott Apartheid". Sie meinen damit den Staat Israel – diesen bezeichnen die Aktivistinnen als "Apartheidsstaat". Die Gruppe hält Plakate hoch und ruft dazu auf, den Eurovision Song Contest, der dieses Jahr in Israel ausgetragen wird, zu boykottieren. Das ist nur ein Beispiel von unzähligen Protestaktionen der sogenannten "BDS-Kampagne". Die Abkürzung steht für "Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen".
Die Kampagne will, dass Unternehmen, Musiker, Politiker sowie Wissenschaftler, ihre Geschäfte, Auftritte, oder Universitäts-Kooperationen in Israel absagen oder beenden. In Deutschland gibt es zudem auch Aufrufe, Waren aus Israel nicht zu kaufen.
Weltweit gut vernetzte Bewegung
Michael Spaney, Direktor des Think-Tanks "Mideast Freedom Forum Berlin", beobachtet die BDS-Bewegung. Für ihn ist klar: Die Ziele von BDS sind antisemitisch:
"Man verweigere den Palästinensern das Selbstbestimmungsrecht, die Besatzung arabischen Landes soll beendet werden, eine Mauer soll abgerissen werden. Wenn sie das alles zusammennehmen, arbeitet das an der Zerstörung Israels. Wenn man Israel als einen Apartheidstaat bezeichnet, dann ist das auch laut der Definition unserer eigenen Bundesregierung antisemitisch."
BDS, so sagt Spaney weiter, sei weltweit gut vernetzt.
"Sie verkaufen ihre Ziele als Menschenrechte, obwohl sie doch sich von Gewalttätern nicht distanzieren. Und in Deutschland versuchen sie seit geraumer Zeit ihre Aktivitäten zu verstärken.
Die Fraktionen von Union, SPD, FDP und Grünen wollen diese Aktivitäten möglichst unterbinden und bringen heute einen gemeinsamen Antrag ein. Darin heißt es: "Aufrufe aus Deutschland zum Boykott israelischer Waren" müssten "klar verurteilt werden." Für sie steht fest:
"Die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch."
Und weiter heißt es wörtlich:
"‘Don’t Buy‘-Aufkleber der BDS-Bewegung auf israelischen Produkten wecken unweigerlich Assoziationen zu der NS-Parole ‚Kauft nicht bei Juden!‘"
Israel-Kritik oder Antisemitismus?
Räume des Bundetages sollten, so sieht es der Antrag vor, keinen Organisationen zur Verfügung gestellt werden, die sich antisemitisch äußerten. Und: Sie dürften kein Geld bekommen, wenn sie das Existenzrecht Israels in Frage stellten, zum Boykott aufriefen oder BDS "aktiv" unterstützten.
Die Linksfraktion spricht sich in einem eigenen Antrag dafür aus, "jeden Antisemitismus in BDS-Aufrufen" zu verurteilen. Eine Formulierung, die Argumentationsmuster oder Methoden von BDS seien antisemitisch, ist im Antrag nicht zu finden. Die AfD will die BDS-Bewegung verbieten.
Wolfgang Benz, früherer Leiter des "Zentrums für Antisemitismusforschung" an der TU Berlin, hält Anträge gegen die "BDS-Kampagne" für wenig zielführend.
"Das ist der moralische Impetus, der dem Deutschen Bundestag wohl ansteht. Aber die Welt verändert wird dadurch nicht. Die Aktivitäten von BDS werden bestimmt sich nicht verringern."
Wissenschaftler, viele von Ihnen aus Israel, fordern zudem die Bundestagsparteien auf, keine Anträge vorzulegen, die BDS mit Antisemitismus gleichsetzen. Das sei eine "trügerische Behauptung".
Benz sieht das ähnlich:
"Ich halte diese Bewegung, die glaube ich sehr unübersichtlich ist, nicht für antisemitisch. Ich halte das für eine politische, israelkritische Bewegung. Das ist noch lange nicht Antisemitismus."
Das aber hindere Antisemiten nicht, dieser Bewegung sich anzuschließen, fügt Benz hinzu.