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Gericht in Kiew
Urteil im Prozess gegen Janukowitsch

13 Jahre Gefängnis erwarten den ehemaligen ukrainischen Staatspräsidenten in seiner Heimat wegen Staatsverrat. Dazu hat ihn ein Gericht in Kiew verurteilt. Viktor Janukowitsch ist jedoch längst nach Russland geflüchtet. Juristen kritisieren, der Prozess sei nicht rechtmäßig abgelaufen.

Von Florian Kellermann | 25.01.2019
    Viktor Janukowitsch
    Dass Viktor Janukowitsch das Urteil akzeptiere - oder gar antrete - ist unwahrscheinlich (dpa)
    Der Richter las in seiner Urteilsbegründung das Dokument Wort für Wort vor, das er für den wichtigsten Beweis hält. Der ehemalige ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hatte sich in einem Schreiben an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gewandt und darin erklärt:
    "Ich bitte den Präsidenten, mit Hilfe des Militärs der Russischen Föderation, in der Ukraine den Rechtsstaat wieder herzustellen, auch den Frieden, Stabilität und den Schutz der ukrainischen Bevölkerung."
    Das Dokument stammt vom 1. März 2014. Zu dem Zeitpunkt war Viktor Janukowitsch bereits aus der Ukraine geflohen. Das Parlament hatte ihn für abgesetzt erklärt - und dem Parlamentspräsidenten vorläufig die Vollmachten des Staatsoberhaupts übertragen.
    In den Augen der Staatsanwaltschaft und der Richter habe Janukowitsch mit dem Schreiben Staatsverrat begangen. Das sieht auch Taras Tschornowil so, einst ein politischer Weggefährte von Janukowitsch:
    "Wir haben ein Dokument, in dem Janukowitsch den Präsidenten eines anderen Staates bittet, militärisch in der Ukraine zu intervenieren. Er bittet nicht etwa die Vereinten Nationen. Das ist Staatsverrat, auch wenn er zu dem Zeitpunkt nicht mehr Präsident war."
    Kritik am Prozess
    Doch nicht nur die Gegner von Janukowitsch kritisieren den Prozess und das Urteil, das 13 Jahre Haft lautet.
    Den einen Vorwurf erheben Juristen: Der Prozess sei nicht rechtmäßig abgelaufen, sagt der von Janukowitsch unabhängige Anwalt Witalij Tytytsch:
    "Mir ist es peinlich als Jurist, dass so ein wichtiger Prozess so schlampig durchgeführt wurde - und dabei nationales und internationales Recht nicht beachtet wurden. Das ist eine Schande."
    Ein Beispiel: Die Zuschaltung von Zeugen über Internet-Konferenzen, die im ukrainischen Recht nicht vorgesehen ist.
    Der andere Vorwurf: Die Staatsanwaltschaft hätte den Ex-Präsidenten auf einer viel breiteren Grundlage anklagen sollen - angefangen damit, dass er staatliche Gelder in Größenordnung veruntreut habe. Doch dafür habe der politische Wille gefehlt, so der Journalist Wolodymyr Bojko:
    "Ich habe recherchiert, über welche Kanäle die Leute aus der Umgebung von Janukowitsch Geld illegal außer Landes geschafft haben. Da tauchten die gleichen Offshore-Firmen der gleichen Personen auf, die jetzt das Vermögen des aktuellen Präsidenten Petro Poroschenko verwalten. Diese Kanäle sollten nicht in einem Prozess an die Öffentlichkeit kommen."
    Die Verteidigung hat bereits angekündigt, sie werde Berufung gegen das Urteil einlegen.