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Gesetzentwurf zum Anti-Terror-Kampf
Eine heikle Initiative

Allein der Versuch, in Krisengebiete zu reisen, soll künftig strafbar sein - vorausgesetzt, das Ziel sind terroristische Taten oder deren Vorbereitung. Das geht aus einem Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Maas hervor. Aber lässt sich der auch umsetzen? Die Opposition hat Zweifel.

Von Mario Dobovisek | 04.02.2015
    Unterstützer der Terrorgruppe IS während einer Demonstration in Syrien.
    Es soll in Zukunft schon die Ausreise von Dschihadisten unter Strafe gestellt werden. (afp / Karam Al-Masri)
    "Mein Sohn ist Dschihadist." Fast täglich suchen Eltern und Geschwister Rat, sorgen sich um ihre Angehörigen. Auch bei der Polizei und den Kriminalämtern melden sich besorgte Familien und Freunde mit Abschiedsbriefen junger Muslime, die offenbar in den Heiligen Krieg ziehen wollen. Über 600 Deutsche sind bereits nach Syrien oder in den Irak gereist, um sich dort zu Terroristen ausbilden zu lassen und zu kämpfen. Das neue Gesetz - das erweiterte Strafrecht - soll das künftig verhindern helfen. Bundesjustizminister Heiko Maas von der SPD:
    "Es soll in Zukunft schon die Ausreise von Dschihadisten unter Strafe gestellt werden, wenn sie, in der Absicht an Terrorcamps teilzunehmen oder terroristische Anschläge zu begehen, irgendwo ins Ausland fliegen oder sich verabschieden wollen."
    Konkrete Hinweise - wie ein Abschiedsbrief, eine Meldung im Internet oder ein Flugticket - sollen also ausreichen, um Ermittlungen einzuleiten und den Verdächtigen noch vor seiner Ausreise vorläufig festzunehmen. Voraussetzung - so heißt es im Gesetzentwurf, der dem Deutschlandfunk vorliegt - ist der "Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" - oder eben die Vorbereitung einer solchen, zum Beispiel mit der Ausbildung in einem Terror-Camp. Ein heikler Punkt - wie auch Bundes-Innenminister Thomas de Maiziere einräumt: "Wir verlagern die Tat ziemlich weit ins Vorfeld. Ich halte das aber für richtig. Dann können wir selbst dann, wenn wir nicht nachweisen können, dass jemand dort gekämpft hat, alleine das Reisen unter Strafe stellen. Und das ist auch richtig so."
    "Das kann nicht funktionieren"
    Schon heute ist die Teilnahme an einem Terror-Camp strafbar - und die Sicherheitsbehörden können verdächtigen Islamisten den Reisepass entziehen. Für den Grünen Bundestagsabgeordneten Christian Ströbele geht die geplante Gesetzesänderung daher zu weit: "Dass wir eine Vorverlagerung der Strafbarkeit haben, wenn einer auch nur eine Reise plant und da möglicherweise sich ausbilden lässt - das ist, wenn man so will, eine Gesinnung, die da unter Strafe gestellt wird. Der hat nichts in der Tasche dazu, der hat auch keine Pistole, nichts. Und dem wollen sie dann gerichtsfest nachweisen, dass er so was im Kopf hat. Das wird nicht funktionieren, das kann nicht funktionieren, und das darf auch nicht funktionieren, weil es mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist."
    Die Bundesregierung reagiert mit ihrer geplanten Erweiterung des Strafrechts auf eine Resolution der Vereinten Nationen, die seit September den Mitgliedsstaaten vorschreibt, den Strom ausländischer Kämpfer in den Heiligen Krieg zu stoppen und den Terroristen - wie den Milizen des Islamischen Staates - den finanziellen Nährboden zu entziehen. Noch einmal Justizminister Heiko Maas: "Zum Zweiten wird es einen eigenen Straftatbestand der Terrorismusfinanzierung geben, d.h. auch bei kleinsten Beträgen, die in den Terrorismus fließen sollen, wird das Strafrecht dann auch angewandt werden können."
    Wer also beispielsweise für den Islamischen Staat Geld spendet oder Spenden sammelt, soll künftig bestraft werden können - und zwar unabhängig von der Höhe seiner Spenden. Bislang galt das nur für sogenannte erhebliche Vermögenswerte. "Alles bloß juristische Turnübungen für die Galerie", kritisiert Andy Neumann vom Bund Deutscher Kriminalbeamter im BKA. Es mangele weniger an Regelungen zur Terrorbekämpfung als an Ermittlern und Ausstattung. Ohne sie könnten Nachweise nicht erbracht und Urteile nicht gesprochen werden.