Montag, 29. April 2024

Archiv

Gläubigerversammlung bei German Pellets
Zerplatzte Renditeträume

Die Werbung versprach einst eine wahnsinnige Rendite und das Produkt, Holzpellets für Heizungen, schien zukunftsträchtig. Zehntausende Privatanleger vertrauten 2013 der Werbung und investierten in German Pellets. Das Ende der Geschichte ist bitter: Die Firma ging Anfang des Jahres pleite und die Gläubiger trafen sich nun mit dem Insolvenzverwalter.

Von Silke Hasselmann | 05.07.2016
    Eine Produktionshalle des Werks von German Pellets in Wismar (Mecklenburg-Vorpommern) ist am 07.04.2016 zu sehen.
    Die Firma German Pellets ging Anfang 2016 pleite. (picture-alliance/ dpa / Jens Büttner)
    "Tja, muss ich mal sehen, was wir wollen. Ich gehe davon aus, dass die 5.000 Euro weg sind."
    Das sagt ein rüstiger 70-Jähriger aus dem mecklenburgischen Bad Kleinen, als er in die Schweriner Sport- und Kongresshalle eilt. Die bietet Tausenden Menschen Platz. Doch auf der heutigen ersten von insgesamt vier Gläubigerversammlungen verlieren sich dort nur rund 30 Kleinanleger und Anwälte.
    German Pellets hatte sich im Lauf der Zeit viermal bei Privatanlegern Geld geliehen: über drei verschiedene Anleihen und einmal über Genussscheine. Heute war jene 100-Millionen-Euro-Anleihe aufgerufen, die German Pellets im April an die Anleger hätte zurückzahlen müssen - plus knapp acht Prozent Zinsen. Doch das Geld war nicht da. Im Februar hatte der österreichische, in Wismar lebende Geschäftsführer Insolvenz angemeldet.
    Im Nachhinein ist man immer schlauer, sagt der Mann aus Bad Kleinen, der sich als durchaus erfahrenen Halbprofi bezeichnet.
    "Naja, in den ersten Jahren ging es ja auch. 2011, 12, 13, 14 - da hat man ja die Zinsen gekriegt. Und ich meine, acht Prozent - vierhundert Euro im Jahr - wo kriegen Sie die noch? Aber auch ich bin trotz hoher Bildung dumm. Drauf reingefallen. Bei 'ner Anleihe von acht Prozent müssten eigentlich die Glocken klingeln. Ich meine, bei fünftausend Verlust kann ich noch geradeaus gucken. Aber es gibt ja welche, die haben dreißig-, vierzigtausend reingehauen - und das war ihr ganzes Vermögen -, weil die Gier so groß ist. Selber schuld."
    So oder ähnlich äußern sich auch viele der anderen Anleger, die zur heutigen Gläubigerversammlung nach Schwerin gekommen sind. Doch das heißt, nicht, dass sie ihr Geld nicht zurückhaben wollen - oder wenigstens einen Teil davon.
    Gläubiger balgen sich um die Insolvenzmasse
    Bettina Schmudde, die vom Amtsgericht Schwerin bestellte Insolvenzverwalterin, gab in nichtöffentlicher Sitzung einen Zwischenbericht. Drei Betriebsteile konnten im Mai verkauft werden. Etliche besicherte Gläubiger - darunter Zulieferer und Versicherungen - wurden in diesem Zusammenhang bereits ausgezahlt. Das heißt, die stehen nun nicht mehr in der Schlange all jener, die sich noch um die Verteilung der Insolvenzmasse balgen.
    Doch was wird überhaupt zu verteilen sein, wenn in den nächsten Monaten und Jahren alle ausstehenden Forderungen eingetrieben werden können? Immerhin sagt Wolfang Weber-Thedy, Sprecher der Insolvenzverwaltung:
    "Es gibt Insolvenzmasse. Über die Höhe der Insolvenzmasse können wir noch keine Auskunft geben. Das wissen wir am Ende des Verfahrens."
    Ärger macht sich derweil über das Gebaren des früheren Geschäftsführers Leibold breit. Der habe den Banken und den Anlegern lange Zeit "die Taschen vollgehauen", was die Lage des Unternehmens angeht. Der Verfall von Öl- und Gaspreisen, einige milde Winter - Holzkamine und Pellets waren zuletzt längst nicht mehr so stark gefragt wie vorgegaukelt. Dazu kamen teure Fehlinvestitionen in andere Unternehmen. Besonders ärgerlich: Dass Leibold kurz vor der Insolvenzen Millionenbeträge innerhalb der Familie verschoben haben soll und damit wohl vor dem Insolvenzverwalter in Sicherheit gebracht hatte. So sehen es jedenfalls die Anleger:
    "Da stimmt doch was nicht. Wir werden ja sehen, was die Leute nachher sagen. Ich meine, ich bleibe ja noch ruhig, weil ich ja nicht gleich zu Boden falle deshalb. Aber es gibt ja Leute, die gehen dadurch ans Existenzminimum. Das muss man auch mal sehen."
    Bei der Staatsanwaltschaft Rostock sind mittlerweile 30 Anzeigen von Anlegern anhängig, dazu kommt eine von einem Zulieferer wegen Insolvenzverschleppung und Betruges.
    Ein vielleicht kleiner Trost für die Gläubiger, die heute und noch bis Donnerstag ihre jeweiligen gemeinsamen Vertreter für die Verhandlungen mit der Insolvenzverwaltung bestimmen: Die Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Sachsen produzieren mittlerweile wieder. Sie werden von anderen Investoren weitergeführt, und fast alle 650 Mitarbeiter behalten vorerst ihre Arbeit.
    Übrigens: Die eigentliche Gläubigerversammlung mit dem Berichtstermin der Insolvenzverwalterin ist für den 5. Oktober ebenfalls in Schwerin anberaumt.