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Green Deal und die Corona-Pandemie
Geplante Bio-Diversitätsstrategie der EU unter Druck

Europa will im Jahr 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden, das ist das Ziel des Green Deals der EU-Kommission. Mit der Corona-Pandemie gerät das Projekt unter Druck. Nun soll zum Beispiel die Biodiversitätsstrategie des Green Deals Bestandteil des EU-Wiederaufbauplans nach der Coronakrise werden.

Von Paul Vorreiter |
Eine Hummel sitzt auf der Blüte einer Sonnenblume und sammelt Nektar
Der europäische Bauernverband fordert, die Biodiversitätsstrategie, die Teil des Deals ist, frühestens Ende des Jahres zu präsentieren (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
In Brüssel wachsen die Zweifel, welche der Vorhaben der EU-Kommission aus Vor-Coronazeiten wackeln, wenn die Prioritäten nach der Krise möglicherweise anders gelegt werden: Besonders unter Druck steht das Prestigeprojekt, der "europäische Grüne Deal". Das Regelwerk soll Europa spätestens 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinenten machen.
Aus Osteuropa sind bereits Stimmen zu hören, den Deal erstmal auf Eis zu legen. Auf der Bremse auch der europäische Bauernverband: Der fordert, die Biodiversitätsstrategie, die Teil des Deals ist, frühestens Ende des Jahres zu präsentieren. Neue Maßnahmen bräuchten Zeit, sollten Betriebe und Genossenschaften nicht überfordern und Lehren aus der Coronakrise einfließen lassen, lautet die Warnung.
Biodiversitätsstrategie Bestandteil des EU-Wiederaufbauplans nach der Coronakrise
"Es handelt sich zwar nur um einen vorliegenden Entwurf, aber man kann aus diesem und anderen Statements aus der Kommission und auch den Parlament entnehmen, dass der grüne Deal alles andere als auf Eis liegt," sagt die SPD-Umweltpolitikerin im Europaparlament, Delara Burkhardt, und bezieht sich auf ein durchgesickertes Arbeitspapier, wonach die Biodiversitätsstrategie auch wesentlicher Bestandteil des EU-Wiederaufbauplans nach der Coronakrise sein soll.
Altreifen werden geschreddert, Sekundärbrennstoff für die Zementproduktion, Zementwerk Rohrdorf, Bayern.
Was die grüne Wirtschaft von den Coronahilfen hat
Derzeit werden milliardenschwere Finanzpakete geschnürt, um der Wirtschaft in der Coronakrise zu helfen. Umweltschützer fürchten, dass es allein um Arbeitsplätze geht – und nicht um Klimaziele oder Nachhaltigkeit.
Die Strategie sieht offenbar vor, dem Naturschutz auf 30 Prozent der See- und Wasserflächen einen rechtlichen Status zu geben, ein Drittel der Flächen besonders zu schützen. Ein Zehntel der landwirtschaftlichen Fläche soll der Erholung der Arten dienen. Der Einsatz von Pestiziden soll bis 2030 um 50 Prozent drastisch zurückgefahren werden. Die Ziele korrespondieren mit den Maßnahmen, die auf internationaler Ebene diskutiert werden und sind auch als Signal an die kommende Welt-Biodiversitäts-Konferenz zu verstehen. Der Teufel könnte jedoch im Detail stecken:
"Die Kommission kündigt in dem Leak zwar eine verstärkte Durchsetzung des EU-Rechts an, was das genau bedeutet, ist dem Entwurf aber noch nicht festgehalten," meint Delara Burkhardt. Dabei soll gerade das den Unterschied machen im Vergleich zur aktuellen Biodiversitätsstrategie, die hinter ihren Zielen zurückbleibt. Nicht nur Fragen wirft auf, wie verbindlich die EU-Regeln sein werden.
"Wie werden die Gebiete ausgewählt, und wie sich das zum existierenden Naturschutzgebietsnetz Natura 2000 verhält, das etwa 18 Prozent der EU-Fläche und 14 Prozent der deutschen Flächen einnimmt, das bleibt offen," sagt Konstantin Kreiser vom Naturschutzbund Deutschland.
"Außerdem ist offen, ob die zehn Prozent der Agrarfläche, die für die Artenvielfalt reserviert werden müssen, auf Betriebsebene umgesetzt werden müssen oder ob die Mitgliedstaaten Teile des Landes der Artenvielfalt reservieren können und im Rest des Landes hochintensive Landwirtschaft produzieren können, das wäre nicht richtig. Denn wir brauchen die Bestäuber und die schädlingsfressenden Vögel überall".
Windräder stehen am Horizont, wo die Sonne aufgeht. Im Vordergrund ein Feld mit grüne Pflanzen
Green Deal - Europas Kampf gegen den Klimawandel
Europa will im Jahr 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden, so der Entwurf des Green Deals. Mit der Corona-Pandemie gerät das Projekt zunehmend unter Druck.
Ökologische Landwirtschaft und Klimaschutz
Was zu nächstem Punkt führt: Wie verhält sich die Landwirtschaft zu den Vorgaben der Strategie, zumal unklar ist, welche Rolle ökologische Landwirtschaft und Klimaschutz im neuen Haushalt 2021 bis 2027 und im Wiederaufbauplan spielen werden.
"Es gibt halt das Risiko, dass generelle und für die Mitgliedstaaten verbindliche Pestizid- und Düngereduktionsziele auf Unionsebene an den spezifischen Gegebenheiten vor Ort vorbei gehen. Wollen wir Verantwortung übernehmen und einen stärkeren Beitrag zur Ernährung der zunehmenden Weltbevölkerung tragen kann es nicht in unserem Sinne sein, unsere heimische Landwirtschaft künftig weniger ertragreich zu gestalten," warnt Andreas Glück, Umweltpolitiker der FDP im Europaparlament.
Die unterschiedlichen Meinungen geben einen Vorgeschmack darauf, wie sehr an der Strategie, wenn sie erstmal veröffentlicht wird, gerüttelt werden dürfte. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte wird wohl die Weichen dafür stellen, was vom Plan zum Schutz der Artenvielfalt letztlich übrig bleibt.