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Greenpeace International
"Eine Energiewende stoppt nicht mit Trump"

Donald Trump wird neuer US-Präsident. Seine Ankündigung, das Pariser Klimaabkommen aufzukündigen, hält Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan für nicht durchsetzbar. Sollte er diesen Vertrag ignorieren, bekäme er ein außenpolitisches Problem. Die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien könne auch Trump nicht stoppen, sagte Morgan im DLF.

Jennifer Morgan im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Die Sonne scheint über einem Parabolspiegel eines solarthermischen Parabolrinnenkraftwerks in der Nähe von Las Vegas.
    Die Sonne scheint über einem Parabolspiegel eines solarthermischen Parabolrinnenkraftwerks in der Nähe von Las Vegas. (picture alliance/dpa/Schott)
    Stefan Römermann: In den sozialen Netzwerken macht sich Fassungslosigkeit breit. Gerade auch bei Umweltschützern und Klimaaktivsten. Sicher: Das Rennen im US-Präsidentschafts-Wahlkampf, das würde knapp werden. Das war klar. Vor allem nach den vermeintlichen Enthüllungen über seltsame FBI-Ermittlungen gegen Hillary Clinton. Doch so richtig an einen Wahlsieg von Donald Trump glauben, das mochte hierzulande kaum jemand. Seit gut zweieinhalb Stunden steht es allerdings fest: Donald Trump wird der 45. Präsident der USA. Was das für die amerikanische Umwelt- und Klimapolitik bedeutet, darüber habe ich vor der Sendung mit Jennifer Morgan gesprochen. Sie ist Klimaschutzexpertin, Amerikanerin und gleichzeitig Chefin der Umweltschutzorganisation Greenpeace International. Und ich habe sie zunächst mal gefragt, wie sie diese lange Wahlnacht erlebt hat.
    Jennifer Morgan: Ja! Ich war in einer Umwelt-Community hier in Kalifornien und ich glaube, die Leute hier sind schockiert und überrascht. Lange Nacht hier in den USA!
    Römermann: Lange Nacht! - Donald Trump hat immer wieder getwittert und gesprochen und es klang immer so, als ob er das Konzept von Klimawandel und Erderwärmung eher für einen Witz hält. An einer Stelle hat er gar geschrieben, das sei eine Erfindung der Chinesen, um die US-Wirtschaft zu schwächen. Was bedeutet so ein US-Präsident Trump für den Klimaschutz?
    Morgan: Na ja, ein US-Wahlkampf ändert nicht, dass es Klimawandel gibt. Leider leugnet er den Klimawandel, er will die Umweltbehörde schließen. "Ich will aus Paris aussteigen, aber dafür ist es zu spät."
    Römermann: Paris, das ist das Weltklimaabkommen, was im letzten Jahr verabschiedet worden ist. Da möchte er aussteigen.
    Morgan: Das hat er gesagt, aber dieser Vertrag ist jetzt in Kraft getreten und Länder dürfen für drei Jahre nicht aussteigen von diesem Vertrag. Aber was das natürlich bedeutet ist, dass es einen ganz neuen Ansatz von dieser Regierung geben wird, als was wir von der Obama-Regierung erlebt haben.
    "Das Pariser Abkommen ist nicht nur ein Umweltvertrag"
    Römermann: Bleiben wir noch mal kurz bei dem Weltklimaabkommen von Paris. Aussteigen können die Vereinigten Staaten da nicht. Aber was passiert, wenn Donald Trump das jetzt einfach ignoriert? Es sind ja, wenn ich das richtig verstanden habe, keine Strafen oder Ähnliches festgeschrieben.
    Morgan: Es gibt keine Strafen, aber ich glaube, was Donald Trump bald verstehen wird ist, dass das Pariser Abkommen nicht nur ein Umweltvertrag ist. Das ist Außenpolitik, das ist von der höchsten Ebene der Regierungschefs weltweit unterstützt, ratifiziert, vorangebracht. Und ich glaube, das wird ein außenpolitisches Problem für ihn, wenn er das ignoriert, wenn er sagt, ja, wir werden sowieso austreten, obwohl er das nicht darf. Das wird er bald lernen.
    Römermann: Das klingt ja schon mal ein bisschen optimistisch. Denken Sie trotzdem, dass seine Wahl jetzt auf den aktuell laufenden Weltklimagipfel in Marrakesch negative Auswirkungen haben könnte?
    Morgan: Ich glaube, es wird schon ein Schock sein. Aber offiziell ist die Obama-Regierung noch dabei. Sie werden weiter verhandeln. Ich glaube, für diese Verhandlungen in Marrakesch wird es keine große Auswirkung haben. Wir werden sehen, was in der Zukunft kommt. Es ist natürlich ein Schock, aber ich wollte auch sagen, dieses Land in den USA ist gespalten und obwohl dieser Mensch, dieser Donald Trump gekommen ist, der gegen Klimaschutz ist, bedeutet das für mich und für Greenpeace nicht, dass nichts in den USA oder global passieren wird in der Zukunft. Eine Energiewende für erneuerbare Energie stoppt nicht mit Trump. Aber es wird natürlich viel komplizierter auf der internationalen Ebene.
    Römermann: Eine der ganz plakativen Ankündigungen von Donald Trump war es ja, Kohleminen wieder aufzumachen. Das klingt reichlich von vorgestern. Ist das überhaupt realistisch? Würde sich das jetzt, ich sage mal, wirtschaftlich rechnen, wenn wir jetzt mal für einen kurzen Moment die Umweltaspekte wirklich komplett ausblenden? Ich weiß, das ist vermutlich schwierig für eine Greenpeace-Chefin, aber was würden Sie sagen? Könnte sich das wirtschaftlich für die USA rechnen?
    Morgan: Nein. Kohle ist nicht mehr profitabel, ist nicht mehr rentabel. Es gibt große Kohleunternehmen in den USA, die bankrottgehen, nicht wegen Umweltschutz, aber wegen der ökonomischen Lage für Kohle. Und wenn man weltweit guckt, wenn man guckt, dass die Kohle-Emissionen von China runtergehen, wenn man guckt, dass in Indien erneuerbare Energie wächst und Kohle reduziert ist, dann finde ich das überhaupt nicht realistisch und da muss er eigentlich mit der Energiewende, mit den Kosten durch die Reduzierung von erneuerbarer Energie rechnen und akzeptieren. Das sind Fakten.
    Römermann: Sie haben es gerade schon angesprochen: erneuerbare Energien. Wie sieht denn Donald Trump die? Damit lässt sich ja anscheinend auch jetzt schon in vielen Gebieten Geld verdienen. Das könnte ihm gefallen, oder?
    Morgan: Ich glaube schon. Wenn man guckt in den USA, in Bundesländern wie Iowa, sogar in Florida gab es auch eine lokale Wahl für Solar, dass Solar vorangeht. Das geht voran, glaube ich, und das könnte er unterstützen. Das macht ökonomisch Sinn und die USA könnten das natürlich leiten, wenn die Politik und Maßnahmen vorangehen.
    Römermann: Was denken Sie, welche Rolle wird in Zukunft der US-Kongress bei der Klimapolitik spielen? Kann der im Zweifelsfall, ich sage mal, extreme Pläne eines Donald Trump vielleicht noch stoppen oder abmildern?
    "Trump spricht nicht für alle Republikaner"
    Morgan: Ich glaube, das ist eine faszinierende Frage. Ja, ein Kongress könnte das stoppen.
    Römermann: Wird er es?
    Morgan: Dieser Kongress repräsentiert die Republikaner und ich glaube, die große Frage jetzt ist, was ist diese Republican Party, wie sieht das aus in der Zukunft. Es war klar im Wahlkampf, dass Trump nicht für alle Republikaner spricht. Es gibt Republikaner, die erneuerbare Energie unterstützen und Klimaschutz unterstützen, und ich glaube, das ist eine total offene Frage. Theoretisch ja, in der Realität werden wir sehen. Aber da, glaube ich, wird es noch so klar, dass die Bevölkerung das nicht akzeptieren würde, wenn alles zurückgerudert wird.
    Römermann: Man könnte böse sagen, für Greenpeace ist Trump doch eigentlich fast ein Geschenk. Endlich gibt es wieder so ein richtiges Feindbild, oder?
    Morgan: So ein Geschenk wollen wir nicht. Es ist klar, dass wir Teil einer Bewegung sind, wir werden natürlich nicht aufgeben, wir werden kämpfen, und ich glaube, wir werden zeigen, dass es nicht so einfach ist, alles zurückzurudern.
    Römermann: Aber für Kampagnen ist doch so ein klares Feindbild durchaus von Nutzen, oder?
    Morgan: Es gibt genug Feindbilder. Ich glaube, die Kohle- und Ölindustrie, die gestern den Klimaschutzplan in Deutschland irgendwie gestoppt haben durch Merkel und Gabriel, ist auch ein Feindbild. Lieber eine amerikanische Regierung, die vorangeht beim Klimaschutz; wir haben genug Feinde in der fossilen Energieindustrie.
    Römermann: Jennifer Morgan, Chefin der Umweltschutzorganisation Greenpeace International zur Umwelt- und Klimapolitik unter einem US-Präsidenten Donald Trump. Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.