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Griechenland-Krise
Athen zahlt Kreditrate nicht an IWF

Am Dienstagabend läuft das Hilfsprogramm für Griechenland aus. Die zudem fällige Kreditrate an den IWF wird Athen wohl nicht zahlen, kündigte Ministerpräsident Alexis Tsipras an. EU-Spitzenpolitiker geben der griechischen Regierung die Schuld am Scheitern der Verhandlungen. Sie sind zwar bereit zu weiteren Verhandlungen, aber nicht zu neuen Zugeständnissen.

    Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras im griechischen Parlament (27.06.2015)
    Griechenland wird die am Dienstag fällige IWF-Rate nach Worten von Ministerpräsident Alexis Tsipras nicht zahlen. (dpa / picture-alliance / Simela Pantzartzi)
    Griechenland wird die am Dienstagabend fällige Kreditrate an den Internationalen Währungsfonds (IWF) wohl nicht zahlen. In einem Interview im griechischen Staatsfernsehen sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras, die Zahlung werde nicht erfolgen, wenn es nicht über Nacht noch eine Einigung mit den internationalen Gläubigern gebe.
    Zuvor hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in einem ARD-"Brennpunkt" gesagt, dass Athen wohl nicht zahlen werde. Damit wäre Griechenland das erste Industrieland, das beim IWF in Zahlungsrückstand gerät. Am Ende könnte die Regierung gezwungen sein, den Euro aufzugeben. In der Nacht zum Mittwoch läuft das Hilfsprogramm der Euro-Partner für Griechenland aus. Bis dahin müsste die Regierung eigentlich eine Rückzahlung von rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) leisten.
    Alexis Tsipras äußerte sich nicht nur im Fernsehen. Alle paar Minuten verschickte er über seinen Twitterkanal @tsipras_eu Stellungnahmen in der Krise, unter anderem:
    "Wir wollen in der Eurozone bleiben. Wir sind keine 'Gäste' in Europa. Griechenland ist das Herz Europas."
    Zuletzt hatten die europäischen Spitzenpolitiker in der Schuldenkrise zu deutlichen Worten gegriffen, sich aber gleichzeitig um Schadensbegrenzung bemüht. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte, die Tür für Verhandlungen mit Griechenland bleibe offen. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, forderte im Namen aller Fraktionen die EU-Staaten auf, bis Dienstagabend - also dem Auslaufen des Hilfsprogramms - eine Vereinbarung mit Griechenland zu finden. Es sei für ihn aber nur schwer erklärbar, warum eine Regierung so irrational handele wie die griechische. Schulz bestätigte Angaben von Regierungsvertretern aus Athen, wonach der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras in einem Telefonat darum gebeten habe, sich für eine Verlängerung der Kredithilfen einzusetzen.
    Athen und die Geldgeber haben monatelang über eine Lösung verhandelt - bis Samstag. Kurz vor der Ankündigung von Ministerpräsident Tsipras, am kommenden Sonntag ein griechisches Referendum über das Reformpaket abzuhalten, hatten die griechischen Unterhändler die Gespräche einseitig beendet.
    Juncker wirbt für Ja bei Referendum
    EU-Kommissionpräsident Jean-Claude Juncker appellierte an die griechische Bevölkerung, bei der Volksabstimmung mit "Ja" zu stimmen, also für das Sparpaket. Ein Nein zu dem Reformen hieße ein Nein zu Europa. Er betonte: "Das ist kein dummes Austeritäts-Paket." Juncker zeigte sich erbost über das Verhalten der griechischen Regierung: "Ich fühle mich ein bisschen hintergangen". Allerdings sieht er noch Hoffnung: "Es ist nicht so, dass wir endgültig in einer Sackgasse stecken, aber die Zeit wird immer knapper."
    Ähnlich äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie sagte nach einer Sitzung mit mehreren Ministern und den Partei- und Fraktionschefs der Parteien im Bundestag: "Sollte die griechische Regierung nach dem Referendum um weitere Verhandlungen bitten, werden wir uns solchen Verhandlungen selbstverständlich nicht verschließen." Gleichzeitig warf sie Athen vor, kompromisslos zu agieren. Die Eurozone habe mit ihrem Reformpaket ein großzügiges Angebot vorgelegt. Der Wille, auf die Geldgeber zuzugehen, sei bei der griechischen Regierung aber nicht da gewesen. Merkel kündigte an, dass der Bundestag sich am Mittwoch mit dem Thema befasst. Frankreichs Präsident François Hollande telefonierte nach Angaben seines Amtes mit seinem US-Kollegen Barack Obama. Beide Staatschefs wollten sich darum bemühen, beim Neustart des Dialogs in der Griechenland-Krise zu helfen, hieß es.
    Gabriel: Euro scheitert nicht an Referendum
    Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kritisierte, dass die griechische Regierung keine Gegenleistung für Hilfen habe erbringen wollen. Der Euro werde nicht am Referendum scheitern. Sondern dann, wenn die Verbindlichkeiten wie von Athen gefordert weiter reduziert würden. Die Opposition im Bundestag kritisierte derweil das Vorgehen der Bundesregierung. Diese nehme einen Zusammenbruch Griechenlands in Kauf, ohne einen Plan für die Zeit danach zu haben, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi. Grünen-Chefin Simone Peter beklagte, die Bundesregierung warte derzeit ausschließlich auf weitere Vorschläge aus Athen.
    Nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) würde eine Staatspleite Griechenlands nicht den deutschen Haushalt gefährden. Ausfälle bei Zinszahlung oder Tilgung würden sich "erst schrittweise und verteilt über viele Jahre auf den Bundeshaushalt auswirken", schrieb Schäuble in einem Brief an Abgeordnete.
    Banken bleiben geschlossen
    In Athen blieben die Banken wegen eines befürchteten Ansturms beunruhigter Sparer geschlossen, auch die Börse in Athen öffnete nicht. Die Regierung hatte nach einer nächtlichen Krisensitzung mitgeteilt, dass griechische Kunden pro Tag nur 60 Euro von Geldautomaten abheben dürfen. Für Touristen mit einer Kreditkarte ihres Herkunftslandes soll das Limit laut Regierung nicht gelten.
    (hba/stfr)