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Griechenland
So käme der Grexit zustande

Bis zum 20. Juli ließe sich eine Staatspleite Griechenlands formal noch aufhalten. Bis dahin müssten 3,5 Milliarden an die EZB zurückgezahlt werden. Kommen die nicht an, wäre die Zentralbank gezwungen, ihre Notfallkredite an die griechische Nationalbank aufzukündigen. Dann wäre der Grexit da. Niemand könnte den Griechen mehr Euro leihen, eine eigene Währung müsste her.

Von Michael Braun |
    Kaum Geld zum Leben - ein leeres Portemonnaie
    Wenn Griechenland nicht in ein neues Hilfspaket überführt werden sollte, droht die Staatspleite. (dpa / picture-alliance / Hans Wiedl)
    Es sind Milliarden zweier Geldgeber, um die es heute geht: Geld, das Griechenland heute zurückzahlen müsste. Und Geld, das Griechenland nicht bekommt.
    Zurückzahlen müsste Griechenland einen Betrag von knapp 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds. Dieser Betrag war eine Tranche eines insgesamt 35 Milliarden Euro schweren IWF-Kreditpaktes für Athen. Warum diese Kredite? Felix Herrmann, Volkswirt bei der DZ Bank:
    "Der IWF hat im Rahmen des ersten und auch des zweiten Hilfsprogramms an Griechenland seinerzeit Griechenland einen Kredit gewährt. Die Hilfskredite waren notwendig, weil Griechenland im Prinzip aus eigener Kraft die finanziellen Anforderungen nicht mehr stemmen konnte, die Anleiherückzahlungen seinerzeit, die anstanden, im Prinzip nicht mehr bewältigen konnte."
    Die Euroländer hatten die beiden Hilfsprogramme für Griechenland in den Jahren 2010 und 2012 geschnürt. Sie hatten dabei rund 200 Milliarden Euro Kredit zugesagt. Die wurden Stück für Stück ausgezahlt, immer dann, wenn die Troika Griechenlands Reformzusagen überprüft und die Auszahlung befürwortet hatte. Davon standen noch 7,2 Milliarden Euro aus. Die und weitere Gelder, die etwa für die Rekapitalisierung der Banken reserviert waren, verfallen. Denn die Regierung Tsipras hatte die Auszahlungsbedingungen, die Reformauflagen, ja am Wochenende brüsk abgelehnt.
    Fließen die Gelder nicht, werden sie nicht in ein neues Hilfspaket überführt, droht Griechenland die Staatspleite. Die lässt sich formal noch ein paar Wochen hinausschieben. Der 20. Juli ist ein entscheidendes Datum, weil Griechenland dann 3,5 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank zurückzahlen muss. Kommen die nicht an, müsste die EZB ihre Notfallkredite an die griechische Nationalbank aufkündigen – insgesamt 90 Milliarden Euro. Dann wäre der "Grexit" da. Niemand könnte den Griechen mehr Euro leihen. Sie müssten eine eigene Währung einführen.
    Die Arbeitslosigkeit ist hoch geblieben
    Ein zu großer öffentlicher Dienst, zu hohe Gehälter dort, zu niedriges Renteneintrittsalter, Militärausgaben, in denen viel versickerte, Steuerprivilegien für reiche Reeder, marode Steuerverwaltung, unklare Eigentumsverhältnisse bei Grundstücken – die Troika fand vieles faul im Staate Griechenland. Die Reformauflagen sollten das ändern – und die Hilfsprogramme in der Zwischenzeit die finanziellen Altlasten Griechenlands abdecken. Doch die Kassen sind leerer als sonst, und die Arbeitslosigkeit ist hoch geblieben. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba, glaubt zu wissen, woran es lag:
    "Griechenland hat jetzt große Probleme, nicht weil es die Programme gab, sondern weil die Programme nicht eingehalten wurden beziehungsweise eigentlich auch viel zu lasch waren."
    Was aber gelang, ist der Abfluss der Hilfsgelder. Das fuchst einen der prominentesten Kritiker der Rettungspolitik, den Präsidenten des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn:
    "Na ja, das Geld, was als Kredit gegeben wurde, floss ja großenteils in die Tilgung von Krediten, die man im Ausland aufgenommen hatte. Diese Kredite wurden allmählich ersetzt durch öffentliche Kredite. Damit gelang es den privaten Kreditgebern, ihr Vermögen noch in Sicherheit zu bringen."
    Der streitbare Ökonom gibt damit in Teilen sogar dem griechischen Finanzminister Varoufakis recht:
    "Da hat Yanis Varoufakis, der griechische Finanzminister, doch wohl recht, wenn er sagt, dass das keine funktionsfähige Politik war. Er hat allerdings nicht recht mit der Forderung, dann noch mehr Geld zu kriegen. Für mich ist das ein Fass ohne Boden."
    Aber Varoufakis weiß sich eins mit seinem Chef. Das Büro des Ministerpräsidenten teilte heute mit, Griechenland wolle beim Euro-Hilfsfonds ESM ein auf zwei Jahre angelegtes neues Hilfsprogramm beantragen. Das dritte.