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Griechenlandhilfe
Diskussion in den Koalitionsfraktionen entfacht

Bei Union und SPD knirscht es wegen der Griechenlandhilfe: Finanzminister Schäuble (CDU) ist offenbar nicht zufrieden mit dem Paket, Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) zeigt sich verwundert über Schäubles Aussage. Und kommende Woche könnte der Bundestag bereits über die Hilfe abstimmen. Wenig Urlaubsstimmung, viel Unzufriedenheit vor einer wichtigen Entscheidung.

Von Benjamin Hammer | 13.08.2015
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU, l) und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) beantworten während einer Pressekonferenz vor der Bundespressekonferenz in Berlin Fragen.
    Es gibt Unklarheiten zwischen Schäuble und Gabriel, was die jüngste Griechenlandhilfe angeht. (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Beide Männer machen gerade Urlaub auf Inseln. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf Mallorca, Finanzminister Wolfgang Schäuble auf Sylt. Doch so richtig entspannen können beide wohl nicht. Und das liegt auch an einem kleinen Streit innerhalb der Koalition.
    Er sei überrascht über den Vorstoß des Finanzministers, ließ Sigmar Gabriel über die "Bild"-Zeitung verlauten. Zuvor hatten mehrere Zeitungen aus einem Papier des Bundesfinanzministeriums zitiert. Darin wird deutlich: Wolfgang Schäuble und seine Mitarbeiter sind alles andere als begeistert vom aktuellen Stand der Verhandlungen mit Griechenland. Jens Spahn, Parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium (Deutschlandfunk, Interview, 13.08.2015) bemühte sich zwar im Deutschlandfunk darum die Wogen etwas zu glätten. "Grundsätzlich muss man anerkennen. Und das tun wir insgesamt in der Bundesregierung, dass die griechische Regierung sich sehr bewegt hat." Machte dann aber deutlich, was dem Finanzministerium fehlt. "Aus unserer Sicht ist vor allem wichtig, dass der IWF, der Internationale Währungsfonds an Bord bleibt. Dass es ein gemeinsames Verständnis gibt auch mit dem Internationalen Währungsfonds angeht, was die Schuldentragfähigkeit angeht, was die Entwicklung des Haushaltsüberschusses in Griechenland angeht. Darüber ist zu reden."
    Sondersitzung bereits Dienstag möglich
    Es ist aber auch schwer mit dem Internationalen Währungsfonds. Über ein drittes Kreditpaket für Griechenland könnte der Deutsche Bundestag bereits am Dienstag abstimmen. Eigentlich hat die Bundesregierung immer betont: Neue Kredite gibt es nur, wenn der IWF weiter macht. Doch der IWF will sich mehr Zeit lassen. Will bis zum Herbst prüfen, ob er Griechenland neues Geld leiht. Und hat strengere Regeln im Hinblick auf die sogenannte Schuldentragfähigkeit eines Landes. Jens Spahn. "Ganz wichtig ist eben, dass man eine gemeinsame Einschätzung auch mit dem IWF hat. Was ist die Schuldentragfähigkeit, was ist die finanzielle Entwicklung des Haushaltes in Griechenland? Und dass der IWF sich auch so klar als eben möglich dazu bekennt, dass er eben auch an Bord bleibt. Und das reicht aus unserer Sicht bis jetzt noch nicht. "
    Nicht ausreichend sind nach Einschätzung des Finanzministeriums außerdem die Pläne für die Privatisierung, etwa von Flughäfen. Ein entsprechender Privatisierungsfonds komme zu langsam, heißt es in dem Papier, die möglichen Einnahmen seien nicht ausreichend.
    Mit der Kritik stellt sich das Finanzministerium gegen die gute Stimmung, die andere Teile der Regierung seit neuestem verbreiten wollen. Die Pläne gingen in die richtige Richtung, hatte Regierungssprecher Seibert gestern ungewohnt lobend gesagt. Und Wirtschaftsminister Gabriel nannte den aktuellen Stand der Verhandlungen "positiv".
    Steht Koalitionskrach ins Haus?
    Ist das ein Koalitionskrach kurz vor den wichtigen Griechenland-Verhandlungen der Finanzminister in Brüssel? Nein, heißt es dazu auf Schäubles Ministerium. In der SPD sieht das so mancher etwas anders. Das Vertrauen in den Finanzminister sei dramatisch geschwunden, sagte etwa Axel Schäfer, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Und weiter. "Der Unterschied zwischen SPD und CDU/CSU ist ganz einfach. Wir wollen begründen, was positiv geht. Die Union sucht, zu ergründen, was nicht geht. Und ich gehe sehr davon aus, dass morgen sich die Finanzminister in der EU sich verständigen werden und wir in der nächsten Woche dann im Bundestag abstimmen werden."
    Heute hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert die Abgeordneten in einem Schreiben schon einmal vorgewarnt. Falls sich die Euro-Finanzminister einigen würden, werde er kurzfristig für Dienstag oder Mittwoch eine Parlamentssitzung einberufen. Für Axel Schäfer ist jetzt schon klar: Er will einem neuen Kreditprogramm für Griechenland zustimmen. "Ich halte es für vertretbar. Das, was wir einfordern als Europäische Union von unserem Mitglied Griechenland ist schon eine ganze Menge. Und es werden dort Dinge auferlegt, die wir uns in Deutschland von den Belastungen her überhaupt nicht vorstellen könnten. Und wenn man weiß, dass Deutschland der große Gewinner der europäischen Einigung ist, sollte man auch immer daran denken, dass es uns nur gut geht, wenn es unseren Nachbarn nicht schlecht geht."