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Griechenlands Bürgermeister
Aufstand gegen die Regierung

Bei den griechischen Bürgermeistern ist die Empörung groß. Weil die Regierung Geld braucht, sollen sie die Kassen ihrer Kommunen plündern und das Geld an die Griechische Zentralbank überweisen. Die Folgen für die Infrastruktur der Städte wären verheerend.

Von Rodothea Seralidou | 29.04.2015
    Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras vor dem EU-Sondergipfel zur Flüchtlingspolitik.
    Ministerpräsident Alexis Tsipras braucht Geld - auch von den Bürgermeistern (AFP / Philippe Huguen)
    Im Rathaus von Elliniko-Argyroupoli, einem Vorort im Athener Süden mit rund 60.000 Einwohnern. Bürgermeister Giannis Konstantatos, eilt in sein Büro und ruft seine Sekretärin zu sich. Ob etwas Wichtiges passiert sei, solange er abwesend war, will der 38-Jährige wissen und krempelt die Ärmel seines mintfarbenen Hemdes hoch.
    Dass die Regierung ihn nun verpflichten will, die Geldeinlagen seiner Kommune der griechischen Zentralbank zu überweisen, macht den Bürgermeister fassungslos.
    "Wir haben zwei Millionen Euro: Damit wollten wir die zwei kommenden Gehälter unserer Angestellten bezahlen und unsere Lieferanten: zum Beispiel für den Diesel für die Wagen unserer Müllabfuhr. Das Geld ruht also nicht in einer Schatztruhe, sondern liegt in unserer Hosentasche- wir müssen damit laufende Kosten decken."
    Ist das Geld der Kommunen erst einmal bei der griechischen Zentralbank, werde der Zugriff darauf schwieriger, fürchtet Konstantanos: Alle zwei Wochen müssten die Bürgermeister in Zukunft die Ausgaben auflisten, die sie akut decken wollen.
    Nur dann werde ihnen die entsprechende Summe ausgezahlt. Ein klarer Verstoß gegen die griechische Verfassung, die die kommunale Selbstverwaltung vorsieht, finden die Bürgermeister. Deshalb hat ihr Verband Klage vor dem Obersten Verwaltungsgericht eingereicht. Und der Verband hat entschieden, dass die Bürgermeister das Geld vorerst nicht überweisen sollen. Auch Konstantatos will dem Zwangserlass nicht gehorchen. Denn er macht sich Sorgen:
    "Die Regierung garantiert uns nicht, dass wir unser Geld wiedersehen werden. Und sie sagt uns auch nicht, wie lange sie unser Geld braucht. Ich hätte kein Problem damit, meinem Land zu helfen, aber da müsste die Regierung mit offenen Karten spielen und zugeben, dass sie zahlungsunfähig ist. Wenn sie aber politische Spielchen auf unserem Rücken austragen will - da machen wir nicht mit."
    Staatliche Finanzierung der Kommunen um mehr als die Hälfte geschrumpft
    Die Kommunen hätten es ohnehin schwer. Innerhalb von wenigen Jahren sei die staatliche Finanzierung um mehr als die Hälfte zurückgegangen, viele Kommunen seien bis über beide Ohren verschuldet. Die laufenden Kosten seiner Stadt könne er nur durch eisernes Sparen decken, sagt Konstantatos. Außerdem würde die geschätzte eine Milliarde Euro, die die griechische Regierung mit dem Zwangserlass eintreiben will, ihre Geldprobleme nur kurzfristig lösen, findet der Bürgermeister. Über kurz oder lang müsse die Regierung der Wahrheit ins Auge sehen:
    "Unser Premierminister muss sich entscheiden: Entweder einigt er sich schnell mit unseren EU-Partnern und Griechenland bleibt in der Eurozone oder er beichtet dem Volk, dass wir aus der EU austreten und in eine andere Währung wechseln müssen. Und er muss dazu ein neues Mandat erhalten - mit vorgezogenen Neuwahlen. Da müsste er die Wahrheit sagen- und die Dinge nicht mehr schönreden."
    Die Mitarbeiterin vom Bürgertelefon kommt herein. Welche Bürgeranfragen es heute gegeben habe, will Konstantatos wissen. Das Übliche, antwortet die schlanke Frau mit den langen schwarzen Haaren: Ein Bürger habe um mehr Abfallcontainer gebeten, ein anderer habe sich über defekte Ampeln und Straßenlichter beschwert. Konstantatos lächelt verbittert:
    "Sie sehen, unsere Ausgaben haben mit dem Alltag der Bürger zu tun: Mit der Straßenbeleuchtung, mit der Abfallbeseitigung. Wenn die Regierung uns jetzt das Geld nimmt, werden wir nicht einmal in der Lage sein, die defekten Glühbirnen auszutauschen. Dann können wir den Laden gleich dicht machen."
    Auch die Renovierung des Rathauses, eines schlichten Baus aus den 70er Jahren, müsste er dann auf Eis legen, beklagt der Bürgermeister. Kein Lieferant würde sich bereit erklären, Materialien zu liefern, mit dem Risiko, nie dafür bezahlt zu werden.