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GroKo-Grummeln
Bei Union und SPD rumort es weiter

Bei SPD und CDU gehen die parteiinternen Debatten weiter. Die SPD streitet darüber, wie sie ihren Vorsitzenden bestimmen will. Und CDU-Chefin Merkel steht in der Kritik, weil ihre Partei wichtige Ministerien an Koalitionspartner abgegeben hat.

Von Christinane Habermalz | 11.02.2018
    Horst Seehofer, Ministerpräsident Bayern (CSU) und der SPD-Vorsitzende Martin Schulz unterhalten sich nach den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD nach der Pressekonferenz in der CDU-Parteizentrale. Im Hintergrund Bundeskanzlerin Angela Merkel.
    CDU-Chefin Angela Merkel steht parteiintern unter Beschuss. Am Sonntagabend will sie im "Bericht aus Berlin" des ZDF dazu Stellung nehmen. (dpa-Bildfunk / Kay Nietfeld)
    Rumoren in der SPD, Unruhe in der Union: Auch am Wochenende sind die internen Diskussionen in den beiden großen Parteien nicht zum Erliegen gekommen. Dabei mehren sich die Stimmen, die mahnen, die Aufmerksamkeit endlich von den Personen auf die Inhalte zu konzentrieren. Es sei einfacher, die Ressortverteilung zu kritisieren, als sich mit den 177 Seiten des Koalitionsvertrages zu befassen, kritisierte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) im Deutschlandfunk:
    "Deswegen ärgere ich mich auch nicht darüber, dass normale Parteimitglieder sich dazu kritisch äußern, aber wenn herausgehobene Funktionäre sich in einer solchen Art und Weise äußern, dann finde ich das schon mehr als befremdlich, wenn die Mittelstandsvereinigung die Ressortverteilung kritisiert an einem Tag, an dem zum ersten Mal seit Ludwig Erhard die CDU endlich den Wirtschaftsminister stellt, hätte ich mir schon auch gewünscht, darauf mal einen Fokus zu legen."
    Von einer "Merkeldämmerung" will Günther nichts wissen – für ihn sei klar, dass Angela Merkel die Ämter der Regierungschefin und Parteivorsitzenden mindestens bis zum Ende der Legislaturperiode ausüben werde. Aber um einen Aufbruch nach außen darzustellen, brauche man eine Verjüngung im Kabinett, forderte Günther:
    "Und da wünsche ich mir einfach aus der gesamten Unions-Familie, und das meine ich nicht nur für die CDU, sondern das meine ich explizit auch für die CSU, dass wir hier neue Gesichter brauchen und bleibe auch dabei, eine moderne Volkspartei, wie die Union es ist, braucht dabei mindestens die Hälfte der Positionen auch in Frauenhand."
    Merkel unter Beschuss für Ressortverteilung
    Bundeskanzlerin Angela Merkel gerät in den eigenen Reihen immer stärker unter Beschuss, weil sie, so die Kritiker, die wichtigen Schlüsselministerien an die Koalitionspartner abgetreten habe – für die Union als stärkster Partei seien dagegen nur vergleichsweise unbedeutende Ministerien übrig geblieben.
    "Immerhin das Kanzleramt", hatte der CDU-Abgeordnete Olav Gutting sarkastisch getwittert. Vor allem der Verlust des Finanzministeriums an die kommt die Union schwer an. Ein "harter Schlag" sei das gewesen, erklärte Präsidiumsmitglied Jens Spahn der österreichischen Zeitung "Presse am Sonntag", denn das Ressort habe auch über Deutschland hinaus eine wichtige Bedeutung für die Eurozone. Er wolle nicht, dass bei Alexis Tsipras in Griechenland die Sektkorken knallen, weil einige glauben, mit einem SPD-Minister gebe es jetzt wieder mehr Schulden und weniger Reformen", sagte der derzeitige Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
    Angela Merkel weiß um die Stimmung und geht in die Offensive – heute Abend wird sie in der ZDF-Sendung "Bericht aus Berlin" auftreten und zu den Vorwürfen Stellung nehmen.
    SPD streitet über Bestimmung des Parteivorsitzenden
    Auch in der SPD bemüht sich die Parteispitze bislang vergeblich, die Personaldebatten zu beenden.
    "Die personellen Fragen werden wir jetzt nicht kurzfristig entscheiden, wir konzentrieren uns auf die Inhalte und wollen werben für das was im Koalitionsvertrag steht", versucht Generalsekretär Lars Klingbeil die Gemüter zu beruhigen. Erst mal durchatmen, heißt die Devise. "Ja, Herr Schulz ist erst mal jetzt… ja, ich glaub, der muss das jetzt auch mal verdauen", so Andrea Nahles, die Schulz im Amt als Parteivorsitzende beerben soll, gestern Abend im ZDF.
    Dabei haben die heftigen Erdstöße in der Partei nach dem Rückzug von Martin Schulz als desiginiertem Außenminister längst auch sie selbst erreicht. Die Parteilinke fordert, den Parteivorsitz künftig per Urabstimmung der Mitglieder zu bestimmen, nicht durch die Parteispitze im Hinterzimmer – ein Vorstoß, der auch von Katharina Barley, derzeit geschäftsführende Bundesfamilienministerin, unterstützt wird.
    "Die Partei ist ein wenig wund, verunsichert"
    Am kommenden Dienstag soll auf einer Präsidiumssitzung der Partei der Vorsitz kommissarisch von Schulz auf Nahles übergehen, meldete die "Bild am Sonntag".
    "Die Partei ist ein wenig wund, sie ist verunsichert", fasste der SPD-Außenpolitiker Martin Roth die Lage bei den Sozialdemokraten zusammen.
    "Das heißt aber nicht, dass die Partei an sich zerrissen wäre in ihren Inhalten, darum geht's gar nicht. Es geht um diese Grundsatzauseinandersetzung, und dafür haben wir dann ja zum Glück das Mitgliedervotum, und da bin ich sehr zuversichtlich, dass die Mitglieder den Weg in die große Koalition öffnen werden", so SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks gestern Abend in der Tagesschau.
    Ob dieser Optimismus berechtigt ist, wird sich erst am 4. März zeigen. Dann soll das Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums verkündet werden.