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Großbritannien kritisiert Steuermoral von Google

Internationale Konzerne wie der Suchmaschinenbetreiber Google zahlen dank Steuertricks in vielen europäischen Ländern nur wenige Abgaben. In Großbritannien gerät das Unternehmen deshalb in die Schusslinie.

Von Jochen Spengler | 13.06.2013
    Seit Monaten befassen sich britische Parlamentarier kritisch mit der Steuermoral großer, internationaler Unternehmen wie Google, Starbucks oder Amazon. Heute hat der Haushaltsausschuss empfohlen, den Suchmaschinengiganten Google einer umfassenden Überprüfung durch die Finanzbehörden zu unterziehen. Denn, so sagt die Ausschussvorsitzende Margaret Hodge:

    "Die haben eine wirklich ausgeklügelte Struktur geschaffen. Man braucht eine Grafik, um die Geldströme zu verstehen über Grenzen hinweg nach Irland, nach Holland und dann in die Bermudas, und der einzige Zweck dieser Unternehmensstruktur ist zu vermeiden, dass Google hier seinen fairen Anteil an Steuern auf den Gewinn zahlt, den es mit den hier verkauften Anzeigen macht."

    Die Fakten sind klar. In den sechs Jahren zwischen 2006 und 2011 hat Google mit den Anzeigen, die neben den Suchergebnissen auf den Internetseiten eingeblendet sind, in Großbritannien rund elf Milliarden Pfund eingenommen. Darauf hat Google aber bloß zehn Millionen Pfund Steuern abgeführt, kaum mehr als 0,1 Prozent des Umsatzes.

    Als Matt Brittin, Googles Nordeuropa-Chef, im November vom Ausschuss vernommen wurde, behauptete er, man verkaufe keine Anzeigen in Großbritannien, sondern ausschließlich in Irland. Später aber berichteten Zeugen von intensiven Verkaufsgesprächen mit Exklusivkunden in Großbritannien und Boni für die Verkäufer. Brittin wurde zum zweiten Mal vor den Parlamentsausschuss zitiert und schob Mitte Mai dann nach:

    "Das britische Google-Team wirbt hier um Anzeigen und manche Kunden könnten glauben, es verkaufe sie hier, denn wir haben Leute mit großem Verkaufstalent. Aber ganz klar ist, dass niemand im UK-Team eine Abwicklung durchführen kann oder dass Geld fließt. Jeder Handel im Königreich muss in Irland besiegelt werden, wo die Lizenz zum Verkauf der Produkte liegt."

    Argumente, die die Ausschussvorsitzende Margaret Hodge alles andere als überzeugend findet:

    "Sie sagen, dass Sie keine Anzeigen in Großbritannien verkaufen. Wir haben aber herausgefunden, dass Sie Kunden treffen, beraten, Rabatte einräumen, alles tun, was Du und ich für eine Verkaufsaktivität halten. Das Einzige, was in Irland passiert ist, dass dort die Rechnung geschrieben wird."

    In einer Stellungnahme erklärte Google heute, dass der Haushaltsausschuss offenbar wolle, dass internationale Unternehmen mehr Steuern dort bezahlen, wo ihre Kunden sitzen. So aber seien die Regeln nicht und die Regeln machten nun einmal Politiker. Doch die geben den Schwarzen Peter nun an die Finanzbeamten weiter. Margaret Hodge:

    "Es scheint uns, dass die Finanzbehörde nicht strikt genug war bei der Beurteilung, wie Google die Regeln interpretiert. Wir glauben, dass das Finanzamt personell aufgestockt werden sollte und viel rigider Googles Unternehmensgeflecht angehen muss. Es hat noch nie ein Internetunternehmen vor Gericht gebracht. Wir können nicht begreifen, wie Google den Richtlinien der Finanzbehörde überhaupt entsprochen haben will."

    Doch natürlich weist auch Jim Harra, Generaldirektor bei der britischen Steuerbehörde, alle Schuld von sich und reicht den Schwarzen Peter weiter.

    "In den letzten drei Jahren haben wir bei großen Unternehmen mehr als 23 Milliarden Pfund zusätzlich eingetrieben durch unsere Nachforschungen. Ich akzeptiere die Ansicht nicht, dass wir nicht effektiv genug wären. Die Zahlen sprechen für sich. Aber natürlich ist das auch ein internationales Problem, das auf internationaler Ebene angegangen werden muss."

    Und damit sind wir dann wieder bei der Politik, die Anfang nächster Woche auf höchster Ebene beim G8-Gipfeltreffen in Nordirland versuchen möchte, mit neuen Regeln die bescheidene Steuermoral internationaler Unternehmen zu befördern.