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Großbritannien
Zwei weitere Opfer durch das Nervengift Nowitschok

In Großbritannien sind wieder zwei Menschen mit dem Nervengift Nowitschok in Berührung gekommen und liegen seitdem im Krankenhaus. Es ist die gleiche Substanz, mit der auch der russische Doppelagent Sergej Skripal und seine Tochter vergiftet wurden. Die Bewohner des Ortes, in dem die Opfer aufgefunden wurden, sind verängstigt.

Von Friedbert Meurer | 05.07.2018
    Ermittler in Schutzanzügen bei den Untersuchungen zur Vergiftung des Ex-Doppelagent Skripal und dessen Tochter.
    In Salisbury sind zwei Menschen mit dem Nervengift Novitschok in Kontakt gekommen (Andrew Matthews/PA Wire/dpa)
    Zwei Menschen liegen wieder im Krankenhaus von Salisbury in der gleichen Abteilung wie die Skripals vor Monaten. Und beide Patienten waren dem Nervengift Novichok ausgesetzt. Charlie Rowell, 45 Jahre, und Dawn Sturgess, 44 Jahre alt, sind schon seit Samstag bewusstlos. Erst vier Tage später kam gestern Abend Scotland Yard zu dem erschreckenden Befund.
    "Wir können bestätigen, dass das Paar dem Nervengift Nowitschok ausgesetzt war. Es handelt sich um das gleiche Nervengift, mit dem Julia und Sergej Skripal kontaminiert wurden. Beide Patienten befinden sich in einem kritischen Zustand."
    Keine bekannte Verbindung zu Russland
    Die beiden Schwerverletzten sind Briten, stammen aus der Region. Es gibt soweit bisher bekannt keine Verbindung nach Russland oder direkt zu den Skripals. Allerdings wohnten beide nur elf Kilometer vom Haus der Skripals entfernt. Die Frau, Dawn Sturgess, hielt sich auch in einem Obdachlosenheim auf, das nur knapp 300 m von dem Restaurant entfernt liegt, in dem die Skripals zu Mittag aßen, bevor sie zusammenbrachen.
    Damit liegt der Verdacht nahe, dass das jetzt betroffene Paar durch Reste des Nowitschok-Gifts kontaminiert wurde, das vor vier Monaten gegen die Skripals zum Einsatz kam. Der Chemiewaffenexperte Hamish de Bretton-Gordon:
    "Nowitschoks sind sehr beständig. Sie halten sehr lange, während sich normalerweise Nervengift in Minuten auflöst. Nowitschok wurde so konstruiert, dass es Abwehrmaßnahmen der NATO überstehen sollte. Es ist sehr schwer aufzufinden."
    Bewohner von Salisbury verunsichert
    Für die Bewohner von Salisbury und dem Nachbarort Amesbury, wo die beiden Opfer aufgefunden wurden, ist das eine beängstigende Mitteilung. Die Gesundheitsbehörden beteuern seit Monaten, für die Bevölkerung bestehe keine Gefahr mehr. Wirklich nicht? John Glen ist Wahlkreisabgeordneter von Salisbury und weiß, wie sehr die neueste Nachricht die Menschen der Region verängstigt.
    "Die Leute in meinem Wahlkreis sind sehr besorgt und auch frustriert. Das war ein barbarischer Anschlag, der viele Menschenleben gefährdet. Die Bevölkerung benötigt sehr schnell Vertrauen, dass die Umgebung gesäubert ist."
    Hunderte Experten drehen seit vier Monaten nahezu jeden Stein um. Aber die Ursprungsprobe des Nowitschok ist wohl winzig klein. Den Ermittlungen zufolge wurde es an die Türklinke des Hauses von Sergej Skripal geschmiert. Mark Urban von der BBC, der am Fall Skripal recherchiert hat, erläutert die weiter bestehende Gefahr.
    Weiter bestehende Gefahr
    "Entweder das Nowitschok wurde in der Nähe für den Einsatz vorbereitet. Oder, nachdem es aufgetragen wurde, wurde der Behälter, in dem das Nervengift gemischt wurde, in der Nähe entsorgt. Vielleicht ist auch beides richtig. Es könnte einen Ort geben, an dem das Nervengift einsatzfähig gemacht wurde, und einen zweiten Ort, an dem das Material weggeworfen wurde.