Dienstag, 19. März 2024

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Gründung der Börse London 1571
450 Jahre Finanzplatz London

Die Anfänge der heutigen Welt-Finanzmetropole "City of London" liegen in Pubs und Kaffeehäusern, in denen rüpelige Händler ihre Deals abwickelten. Doch am 23. Januar 1571 eröffnete Königin Elisabeth I. die Royal Exchange. Die erste Londoner Börse. Sie war zugleich das erste englische Kaufhaus.

Von Ruth Rach | 23.01.2021
    Die Royal Exchange im Zentrum von London Acht korinthische Säulen, vom Pantheon in Rom inspiriert: darüber ein Bilderfries mit Figuren aus der Welt des Handels. Die erste Londoner Börse, wurde 23. Januar 1571 von Königin Elisabeth I. eröffnet.
    Die Royal Exchange in der City of London (picture alliance / BeckerBredel )
    Gleich bei der U-Bahnstation "Bank", gegenüber der Bank von England, steht ein mächtiges klassizistisches Bauwerk, mit Glas überdacht und einem Glockenturm verziert. Am westlichen Ende acht korinthische Säulen, vom Pantheon in Rom inspiriert: darüber ein Bilderfries mit Figuren aus der Welt des Handels. Die Royal Exchange. Die erste Londoner Börse, am 23. Januar 1571 von Königin Elisabeth I. eröffnet.

    Wunsch nach Unabhängigkeit vom europäischen Festland

    Treibende Kraft hinter der Royal Exchange war Sir Thomas Gresham, der bedeutendste englische Kaufmann seiner Zeit und ein überaus angesehener Diplomat, Mäzen und königlicher Finanzberater. Ihm schwebte ein flämisches Gebäude im Stil der Börse von Antwerpen vor.
    Die wachsenden politischen Turbulenzen auf dem europäischen Festland machten den Handel an den dortigen Börsenplätzen immer schwieriger. Für Sir Thomas Gresham war klar: London brauchte eine eigene Börse. Und es gab noch einen weiteren Grund, erklärt Fiona, Fremdenführerin von "London Walks". Sie ist mit dem alten Londoner Finanzviertel bestens vertraut:
    "Damals hatten die Leute keine Büros, in denen sie arbeiten konnten. Stattdessen wickelten sie ihre Geschäfte im Pub und auf der Straße ab. Oder aber in einem der vielen Kaffeehäuser, die immer beliebter wurden, weil sie Zugang zu Zeitungen boten und die Chance, interessante Leute zu treffen. Im ‘Edward Lloyds Coffee House’ wurden aktuelle Schifffahrtsnachrichten veröffentlicht, besonders wichtig natürlich für Kaufleute, Schiffsbesitzer und die ersten Underwriter, die Schiffe und Ladungen versicherten. Aus diesem Kaffeehaus entstand später der internationale Versicherungsmarkt ‘Lloyds of London’."

    Erste Börse - und erstes Kaufhaus Englands

    *Der Bau, der von Königin Elisabeth I. alsbald in "Royal Exchange" umbenannt wurde, entwickelte sich rasch zum zentralen Treffpunkt für Handelstreibende. Und nicht nur für sie. Der geschäftstüchtige Sir Thomas Gresham ließ die vier Seiten des offenen Innenhofes mit zweigeschössigen Arkaden umrahmen, bald zogen die unterschiedlichsten Geschäfte ein. Hier konnte man Schmuck kaufen und Stoffe, Mäusefallen, Kleidung, Kurzwaren, Bücher, Hüte, Arzneimittel. Die Royal Exchange war also nicht nur die erste Börse, sondern auch das erste englische Kaufhaus.
    Schon damals, um die 1570er-Jahre, riet ein Händler: Wer im Exchange handeln will, sollte seine Frau daheim lassen, weil sie in kurzer Zeit das ausgibt, was ihr Ehemann am ganzen Tag verdient."

    Wie die moderne Londoner Börse entstand

    Allerdings dauerte es nicht lange, bis die Royal Exchange Konkurrenz hatte. 1698 bekamen Dutzende von Händlern wegen ihres wilden Benehmens Hausverbot. Ihr neuer Treffpunkt: "Jonathan‘s Coffee House", dessen besondere Attraktion darin bestand, die aktuellen Aktien- und Rohstoffpreise zu veröffentlichen. 1773 zogen diese Händler dann aus Platzgründen in ein anderes Gebäude um, das sie erst "New Jonathan‘s" nannten, und dann "The Stock Exchange". 1801 gründeten sie ein Mitgliedschaftssystem. Die moderne Londoner Börse war geboren.

    Londons letzte Marktschreierbörse

    Der Handel am Londoner Stock Exchange ist inzwischen hoch technologisiert. Nur eine Börse hält an alten Traditionen fest, die LME, die Londoner Metallbörse,so Touristen-Guide Fiona:
    "Sie ist die einzige Marktschreierbörse in London. Natürlich finden auch dort Transaktionen übers Telefon und online statt. Aber es gibt zwei Sitzungen am Tag, wo die Händler im Kreis stehen und für jedes Metall nur fünf Minuten Zeit bekommen. Wenn sie nicht fertig werden, müssen sie auf der Straße weiterhandeln – diese Sitte wurde erst in den 1970er-Jahren abgeschafft, weil sich die Londoner Polizei beklagt hat."
    Beschlagnahmte Euroscheine liegen in Bündeln auf einem Tisch.
    Über das Finanzwesen - Die Erfindung des Geldes "The Invention of Money": In seinem Essay über die Geschichte des Finanzwesens blickt John Lanchester auf Erfindungen zurück, die die Wirtschaft bis heute prägen, und dokumentiert die fortwährende Suche der Menschen nach neuen Formen von Geld.
    Und die Royal Exchange? Das Gebäude ist zweimal abgebrannt und zweimal neu gebaut worden. Am selben Standort, im selben Grundriss. Der Handelsbetrieb ist längst eingestellt. In den Arkaden haben sich Luxusgeschäfte breitgemacht. Sie erinnern an die Anfänge der Royal Exchange. Die Statue ihres Begründers Sir Thomas Gresham thront hoch über den Besuchern. Und auf dem Glockenturm, schon von weitem sichtbar, ein goldener Grashüpfer, Wetterfahne und Wappentier der Familie Gresham.
    *An dieser Stelle wurde eine nicht korrekte Aussage entfernt.