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Hamburg
Startschuss zur Elbvertiefung

In Hamburg beginnen offiziell die Baggerarbeiten für die Elbvertiefung. Die Baumaßnahmen sollen im Herbst 2021 abgeschlossen sein. Die Kapazität des Hafens könnte sich damit verdoppeln - auf 2.800 Schiffe pro Jahr. Auf der Agenda von Naturschützern bleibt das Großprojekt ein wichtiges Thema.

Günter Hetzke im Gespräch mit Mario Dobovisek | 23.07.2019
Das Tankschiff Mergus fährt auf der Elbe zwischen dem Leuchtturm Blankenese und den Inseln "Schweinsand" des Naturschutzgebiets Neßsand flussabwärts.
Die Fahrrinne der Elbe wird vertieft, damit Schiffe mit einem Tiefgang bis zu 13,50 Meter den Hafen unabhängig von Ebbe und Flut erreichen können (dpa/ picture alliance/ Georg Wendt)
Mario Dobovisek: Heute fällt der Startschuss für die Elbvertiefung, nach jahrelangen Planungen und juristischen Auseinandersetzungen. Startschuss und Elbvertiefung, Günter Hetzke aus unserer Wirtschaftsredaktion, war da nicht schon mal was?
Günter Hetzke: Ja, so ist das ab und an bei Großprojekten. Tatsächlich gab es ähnliche Meldungen bereits Mitte Februar dieses Jahres. Da ging es bereits los mit ersten Bauarbeiten. Aber die werden als Vorbereitungsarbeiten für die Elbvertiefung eingeordnet. Hier wurde damit begonnen, vereinfacht gesagt, unter Wasser Rückhaltebecken zu schaffen, wo dann das Baggergut aus der Elbe deponiert werden kann. Aber der offizielle Startschuss, das ist der heutige Tag, begleitet von vielen Fernsehteams und Fotografen, also Scheinwerferlicht und Kameras und deshalb, wenn wundert es, ist dann auch der Bundesverkehrsminister mit dabei.
"Hafen verliert zunehmend Marktanteile an die Konkurrenz"
Dobovisek: Wie lange sollen die Baumaßnahmen dauern?
Hetzke: Es gibt natürlich Zahlen zu Bauzeit und Kosten, Angaben aber, die ja bei größeren Bauprojekten derzeit in Deutschland meist nicht sehr aussagekräftig sind. Aber lassen wir uns überraschen: Die Baumaßnahmen sollen im Herbst 2021 abgeschlossen sein. Die Kosten dafür werden mit knapp 800 Millionen Euro veranschlagt, knapp zwei Drittel trägt der Bund, den Rest Hamburg.
Dobovisek: Ziel ist es, den Hamburger Hafen attraktiver als bisher zu machen. Warum ist das nötig?
Hetzke: Der Hafen ist ein wichtiger Arbeitgeber für die Region, auch für Teile von Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Schätzungen gehen von bis zu 150.000 Arbeitsplätzen aus. Der Hafen verliert aber zunehmend Marktanteile an die Konkurrenz in Rotterdam und Antwerpen, liegt in Europa nur noch auf Platz drei, weltweit nicht einmal mehr unter den ersten zehn, derzeit Platz 19. Das liegt natürlich daran – das muss man sich auch immer wieder bewusst machen – dass dieser Hafen mehr als 100 Kilometer vom Meer entfernt liegt, an einem Fluss, dessen Wasserstand von Ebbe und Flut abhängig ist und dann werden die Schiffe auch immer größer, damit Transportkosten gespart werden können.
Dobovisek: Und damit auch die den Hafen erreichen, ist die Elbvertiefung nötig?
Hetzke: So zumindest die Hoffnung, genau. Die Fahrrinne wird vertieft, damit Schiffe mit einem Tiefgang bis zu 13,5 Meter den Hafen dann unabhängig von Ebbe und Flut erreichen können, mit Flutwelle darf der Tiefgang 14,5 Meter betragen. An einer Stelle an der Unterelbe wird der Fluss verbreitert, damit zwei große Containerschiffe aneinander vorbeikommen, was bisher nicht möglich ist. Die Unterelbe ist eine Einbahnstraße. Mit all diesen Maßnahmen könnte sich dann die Kapazität rein rechnerisch verdoppeln, auf dann 2.800 Schiffe pro Jahr.
"Baumaßnahmen werden natürlich kritisch begleitet"
Dobovisek: Und die Naturschutzverbände, was machen die nach dem jahrelangen Widerstand, wenn doch jetzt gebaut wird?
Hetzke: Zum einen: Sie haben ja einiges erreicht. Stichwort Schierlings-Wasserfenchel, für diese seltene Wasserpflanze gibt es Ersatzflächen als neuen Lebensraum. Zum anderen: Die weiteren Baumaßnahmen werden natürlich kritisch begleitet. Sie werden darauf drängen, dass Schäden, die entstehen, beseitigt werden. Und es laufen ja auch noch Klagen, weil die Verbände der Ansicht sind, das viele Maßnahmen rechtswidrig sind. Sie wollen erreichen, dass ökologische Auswirkungen von Großprojekten nicht einfach hingenommen werden, sondern dass sie auch noch im Nachhinein Konsequenzen haben. Insofern bleibt die Elbvertiefung ein wichtiges Thema auf der Widerstandsagenda der Naturschützer – auch nach dem offiziellen Startschuss für die Baumaßnahmen.