
Der frühere Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, bleibt CDU-Mitglied. Entschieden hat das ein CDU-Kreisparteigericht in Thüringen, indem es einen Ausschluss des Chefs der Werteunion ablehnte. Rund fünf Monate zuvor hatten die Parteigremien der CDU ein Ausschlussverfahren gegen Hans-Georg Maaßen eingeleitet. Gegen die Entscheidung des Kreisparteigerichts kann laut Bundes-CDU Beschwerde eingelegt werden - dann wäre das Landesparteigericht in Thüringen die nächste Instanz.
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Wer ist Hans-Georg Maaßen?
Der gebürtige Mönchengladbacher ist Jurist. Ab 1991 arbeitete er in verschiedenen Funktionen im Bundesinnenministerium – unter anderem als Referent für Ausländerangelegenheiten. 2012 bis 2018 war Maaßen Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Seine Amtszeit war geprägt durch Debatten unter anderem über Fehler des Verfassungsschutzes im NSU-Komplex sowie durch die NSA-Überwachungsaffäre.
Auslöser dafür, dass Maaßen 2018 seinen Posten räumen musste, waren Äußerungen, in denen er bezweifelt hatte, dass es nach der Tötung eines Deutschen in Chemnitz zu "Hetzjagden" auf Ausländer gekommen war. Verschiedene Politiker werteten Maaßens öffentliche Verlautbarungen, für die er keine Belege nannte, damals als Spekulationen, als Verharmlosung der Vorfälle oder auch als Verschwörungstheorie.
2021 scheiterte der Jurist bei der Bundestagswahl als CDU-Direktkandidat in Thüringen. Im Januar 2023 wurde er zum Chef der rechtskonservativen Werteunion gewählt, einer Gruppierung, die kein offizieller Teil der CDU ist.
Für welche politische Richtung steht Maaßen?
Maaßen ist Chef der als besonders konservativ geltenden Werteunion. Wiederholt hatte er sich in der Vergangenheit gegen die Flüchtlingspolitik der früheren Kanzlerin Angela Merkel (CDU) positioniert. Im Interview mit dem Deutschlandfunk am 31. Januar 2023 kritisierte er einen angeblichen Linksruck, den die Bundesrepublik durchlaufen habe: "Ich sehe Deutschland in Teilen in einem Niedergang begriffen. Ich sehe, dass wir hier eine grün-woke Dominanz haben, was die Sprache angeht, die Medien angeht, die Kultur angeht, und meine Erwartung wäre, dass eine CDU, die zurückfindet zu den Grundsatzpositionen von Kohl und Adenauer, diese Politik wieder umgestalten kann."
Parteipolitische Gegner und politische Beobachter werfen Maaßen eine mangelnde Abgrenzung gegenüber der AfD und Antisemitismus vor.
Maaßen hatte in einem Tweet behauptet, Stoßrichtung der „treibenden Kräfte im politischen-medialen Raum“ sei ein „eliminatorischer Rassismus gegen Weiße“. In einem Interview sprach er zudem von einer „grün-roten Rassenlehre“. Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, warf ihm daraufhin „klassische rechtsextreme Schuldumkehr“ und eine Verharmlosung des Holocausts vor. Thomas Haldenwang, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Nachfolger Maaßens, verwies im Dlf-Interview auf Bewertungen des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, und anderer, die in diesen Äußerungen eindeutig antisemitische Inhalte sähen.
Im vergangenen Bundestagswahlkampf gab Hans-Georg Maaßen das Ziel aus, der AfD Stimmen abjagen zu wollen. Zuvor hatte er sich aber auch unter anderem dafür ausgesprochen, in Thüringen die Wahl eines CDU-Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, um in dem Bundesland die rot-rot-grüne Regierung abzulösen.
Laut einem Bericht des "Spiegel" bremste Maaßen als Verfassungsschutzpräsident seinerzeit eine frühe Befassung seiner Behörde mit der AfD aus: Bei einem Treffen der Amtsleiter 2016 soll der Chef eines Landesamts gefragt haben, warum im Fall der AfD noch nichts unternommen werde. Die Äußerungen des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke zum Beispiel genügten doch für einen Prüffall. Maaßen habe geantwortet, dass da nichts sei, also nichts gemacht werde.
Warum läuft ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen?
Forderungen nach einem Parteiausschluss in der CDU waren bereits im Juli 2021 aufgeflammt, nachdem Hans-Georg Maaßen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen klaren Linksdrall vorgeworfen hatte. Er sprach damals von Verbindungen von Mitarbeitern – auch bei der „Tagesschau“ – zur linken und linksextremen Szene und forderte, Biografien einiger Redakteure zu überprüfen. Belege nannte er dafür damals nicht. Diese Äußerungen stießen auch bei mehreren Parlamentariern der Unionsparteien auf Kritik und Unverständnis.
Am 30. Januar 2023 hatte das CDU-Präsidium Maaßen einstimmig zum Austritt aus der Partei aufgefordert und dazu eine Frist bis zum 5. Februar gesetzt. Maaßen verstoße laufend gegen Grundsätze und Ordnung der Partei, heißt es in einem Text, den das Gremium verabschiedete. Immer wieder gebrauche er die Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen, erklärte das Präsidium weiter. Maaßen ließ die Frist verstreichen.
Das CDU-Präsidium sprach sich danach einstimmig dafür aus, ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen einzuleiten. Bis zum 9. Februar hatte Maaßen die Gelegenheit, schriftlich dazu Stellung zu nehmen. Dies tat er nach eigenen Angaben kurz vor Ablauf der Frist. In einem 26 Seiten umfassenden Schreiben weist er nach Informationen der dpa alle Vorwürfe parteischädigenden Verhaltens zurück. Das Vorgehen sei rechtswidrig und "ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und die innerparteiliche Demokratie". Er sei aber dazu bereit, eine Verwarnung zu akzeptieren.
Im Interview mit dem Dlf bezeichnete Maaßen am 31. Januar die CDU als seine politische Heimat. Er betonte, er habe viele Freunde unter den Christdemokraten. Viele einfache Mitglieder sowie seine Parteifreunde in Südthüringen stünden hinter ihm. Vorwürfe, er würde völkisches Gedankengut verbreiten, wies Maaßen als ehrabschneidend und „pure Behauptungen“ zurück.
Am 13. Februar leitete die CDU schließlich in einer Sitzung der Parteigremien einstimmig ein Parteiausschlussverfahren gegen den früheren Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen ein. Maaßen würden zudem mit sofortiger Wirkung die Mitgliederrechte entzogen, so der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz.
CDU-Kreisparteigericht lehnt Ausschluss ab
Am 11. Juli 2023 wurde die Entscheidung des zuständigen CDU-Kreisparteigerichts in Thüringen bekannt, Maaßen nicht aus der CDU auszuschließen. Das Parteigericht verfügte auch, dass Maaßen seine Mitgliedsrechte wieder bekommen soll. Das Gremium sprach allerdings auch einen "Verweis" gegen Maaßen aus. Grund dafür sei ein Gastbeitrag, in dem er den linken Flügel der CDU mit der Ideologie der linksgerichteten sogenannten Antideutschen in Verbindung gebracht hatte. Maaßen bezeichnete die Entscheidung als "schallende Ohrfeige" für den Parteivorsitzenden Friedrich Merz.
Gegen den Kreisparteigerichtsbeschluss kann laut Bundes-CDU Beschwerde eingelegt werden. Nächste Instanz wäre dann das Landesparteigericht in Thüringen. Würde gegen dessen Entscheidung ebenfalls Beschwerde eingereicht, müsste das Bundesparteigericht entscheiden.
Dokumentation im ZDF: "Der Fall Maaßen – Zwischen Geheimdienst und Verschwörung"
Bereits bei der Einleitung des Parteiausschlussverfahrens im Februar war klar: Ein schneller Parteiausschluss ist unwahrscheinlich. Laut Parteiengesetz kann ein Mitglied nur ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen die Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt. Ob dies zutrifft, müssen die Schiedsgerichte der Partei entscheiden.
Dies kann jedoch lange dauern, wie das Parteiausschlussverfahren gegen Thilo Sarrazin zeigt. 2010 hatte die SPD erstmals versucht, Sarrazin auszuschließen. Doch erst 2020 musste er die Partei wirklich verlassen, es waren drei Anläufe nötig.
Deutschlandfunk, dpa, Reuters