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"Harvey" und die wirtschaftlichen Folgen
Sorgenvoller Blick auf die Ölindustrie

Vor zwölf Jahren bescherte Hurrikan "Katrina" der US-Volkswirtschaft einen Schaden von 125 Milliarden Dollar. Wie das bei Sturm "Harvey" sein wird, können Experten noch nicht sicher abschätzen. Doch sie schauen mit Sorge auf die in Texas und Louisiana ansässige Ölindustrie.

Von Brigitte Scholtes | 28.08.2017
    Eine beschädigte Ölbohrinsel liegt mit Schlagseite in Port Aransas in Texas, nachdem Sturm "Harvey" auf die Küste getroffen war.
    Eine beschädigte Ölbohrinsel liegt mit Schlagseite in Port Aransas in Texas, nachdem Sturm "Harvey" auf die Küste getroffen war. (imago / Zuma Press)
    Noch wagt es die Versicherungsbranche nicht, eine konkrete Einschätzung der möglichen Schäden von "Harvey" zu geben. Denn die heftigen Regenfälle, die der Tropensturm nach sich zieht, werden noch einige Tage anhalten. Ernst Rauch, Chef des Corporate Climate Centre des weltgrößten Rückversicherers Munich Re, wagt aber zumindest eine erste Analyse:
    "Wenn man das Gesamtbild also per heute betrachtet - es ist ein Ereignis, das noch nicht abgeschlossen ist – dann ist deutlich nicht zu erwarten, dass Harvey auch nur annähernd an die Schadenhöhen von Katrina herankommt."
    "Katrina" kostete 125 Milliarden - aber bei "Harvey" wird es anders
    Der Wirbelsturm "Katrina" vor zwölf Jahren hatte die Volkswirtschaft der USA 125 Milliarden Dollar gekostet, davon war etwa die Hälfte versichert. Seither aber ist viel passiert: Denn die privaten Versicherungen stehen vor allem für die Sturmschäden ein, aber kaum für die Schäden durch das Wasser, erklärt Rauch:
    "Es gibt in den USA ein staatlich-privates Versicherungsprojekt, das nennt sich National Flood Insurance Program. Und dort ist der Staat im Wesentlichen der Träger der Schäden. Das heißt für dieses Versicherungsprogramm sind in der Tat substanzielle Schäden zu erwarten, aber nur ein kleiner Teil davon ist heute in der privaten Versicherungswirtschaft rückversichert."
    Im Überschwemmungsgebiet sind viele Öl-Raffinerien
    Es sind aber nicht nur die allgemeinen Schäden. Im Überschwemmungsgebiet, den Küsten von Lousiana und Texas, befindet sich ein großer Teil der Ölindustrie der USA mit Produktionsanlagen. Houston heißt zu Recht Energiehauptstadt der USA. Deshalb schauen die Marktbeobachter in diesen Tagen mit Sorgen auf diese Branche, so auch Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank:
    "Die Auswirkungen dürften tatsächlich spürbar sein, auf den Ölpreis selbst vielleicht nicht so dramatisch. Da ist zwar ein Teil der Ölproduktion geschlossen worden. Auch einige Produktionsanlagen wurden geschlossen. Aber viel stärker dürfte die Auswirkung auf die Preise für Ölprodukte sein. Denn an der Küste von Louisiana und Texas befinden sich die meisten US-Raffinerien, und die wurden tatsächlich im Vorfeld des Hurrikans geschlossen. Deswegen sind die Preise für Benzin bereits recht stark gestiegen."
    Auswirkungen auf Benzinpreise?
    Ob das auch Auswirklungen auf die Benzinpreise in Europa und also auch in Deutschland haben wird, da sind sich die Experten noch nicht ganz sicher. Sie werden jedenfalls in den nächsten Tagen genau auf die Bestände der Öllager schauen, um abschätzen zu können, wie problematisch die Lage noch werden könnte. Aber auch die Ölbranche habe aus den Wirbelstürmen der Vergangenheit gelernt und die Anlagensicherheit erhöht, glaubt Ölexperte Weinberg:
    "Insbesondere in Texas und dem Golf von Mexiko ist man ja gewöhnt, dass man zwischen Juli und November eine erhebliche Vielzahl von Wirbelstürmen bekommt. Daher hat man auch in der Vergangenheit viral gelernt, und die Anlagen dürften auch gut geschützt sein."
    Schadenshöhe ist wohl frühestens 2018 ermittelt
    Bis aber die Schäden in der Ölindustrie genau ermittelt sind, die "Harvey" derzeit anrichtet, dürfte noch mindestens ein halbes Jahr vergehen, glauben Experten.