Dienstag, 16. April 2024

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Heinz Buschkowksy
"Alleinstehende junge Männer sind ein Risikofaktor"

Nach den Gewalttaten von Freiburg und Bochum, für die Flüchtlinge verantwortlich sein sollen, seien viele Menschen verunsichert, sagte der ehemalige Bürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, im DLF. Das Fehlen von sozialen Kompetenzen habe zwar nichts mit der Nationalität zu tun. Unabhängig von der Nationalität würde der Status alleinreisender junge Männer aber ein besonderes Dunkelfeld darstellen.

Heinz Buschkowksy im Gespräch mit Christine Heuer | 13.12.2016
    Heinz Buschkowsky, ehemaliger Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln.
    Heinz Buschkowsky, ehemaliger Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln. (dpa / picture alliance / Karlheinz Schindler)
    "Alleinstehende junge Männer sind immer mit großer Vorsicht zu betrachten - auch hier übrigens völlig unabhängig von ihrer Nationalität", sagte Heinz Buschkowsky. Unabhängig von ihrer Nationalität seien sie ein "Risikofaktor".
    Der Politiker betonte aber, dass das fehlen sozialer Kompetenzen aber nichts damit zu tun habe, welche Hautfarbe man habe, sondern welche Sozialisation man bekommen habe. Denn so Buschkowsky: "Das soziale Umfeld prägt den Menschen." Die Nationalität habe mit dem Sozialverhalten doch nichts tun.
    Mit dem Satz, es sei eine "Einzeltat" könne er nichts anfangen, so Buschkowsky. "Eine schwere Straftat ist immer ein Einzelfall." Und so Buschkowsky weiter: "Alleinstehende junge Männer - das hat nichts mit der Nationalität zu tun - sind ein Risikofaktor im Kriminalitätsgeschehen."
    Buschkowsky fand auch deutliche Worte für die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. Es sei nicht normal, dass ein Land die Grenzen aufmache und jeden, ob mit oder ohne Papiere, reinlasse – das seien chaotische Zustände: Das ist "Taka-Tuka-Land", so Buschkowsky. Da müsse man sich nicht wundern, wenn man im Land plötzlich Situationen habe, die man vorher so deutlich nicht sehen konnte. "Das führt dann zu Diskussionen, wo jemand seine politische Suppe kocht."

    Christine Heuer: In Freiburg wird eine 19-jährige Medizinstudentin vergewaltigt und ermordet, ein 17-jähriger afghanischer Flüchtling wird als Verdächtiger festgenommen, und dann geht es los. Gesellschaft, Politik, Medien und die sogenannten sozialen Netzwerke polarisieren sich. Die einen stellen alle Flüchtlinge unter Generalverdacht, die anderen mahnen, das eben sollten wir auf keinen Fall tun. Daraus kann man Politik machen oder Populismus, denn ganz deutlich macht die Debatte über Freiburg und die Flüchtlinge eins: Die Deutschen sind sehr verunsichert. Viele fürchten sich davor, dass mit den Zuwanderern die Verbrechen in Deutschland zunehmen. Zurecht? - Fragen jetzt an Heinz Buschkowsky. Der Sozialdemokrat hat als Bürgermeister in Berlin-Neukölln für Integration gestritten, ihre Grenzen aber auch immer offen benannt. Wir erreichen ihn tatsächlich beim Zahnarzt. Guten Morgen, Herr Buschkowsky.
    Heinz Buschkowsky: Guten Morgen, Frau Heuer!
    Heuer: Sind Ausländer krimineller als Deutsche?
    Buschkowsky: Nein, das glaube ich nicht. Der Status, Ausländer zu sein, bezieht sich ja nur auf Deutschland. Es gibt ja diesen schönen Satz, fast jeder Mensch ist Ausländer fast überall auf der Welt. Ich glaube nicht, dass dieser Status etwas mit den Genen zu tun hat.
    Heuer: Dann ist es also falsch, wenn Politiker zum Teil jetzt den Eindruck erwecken, dass wir uns mit den Flüchtlingen ganz viel Kriminalität ins Land geholt haben?
    Buschkowsky: Ja. Aber ich bitte Sie! Die menschliche Spezies hat eine Bandbreite und es gibt darunter sehr viele nette Menschen, fleißige Menschen, ehrgeizige, und wenn Sie 1,1 oder 1,3 Millionen Menschen haben, dann ist darunter auch ein gewisser statistischer Anteil Strolche.
    "Es gibt einen besonderen Status an Flüchtlingen"
    Heuer: Also die Aufregung ganz umsonst?
    Buschkowsky: Na ganz umsonst ist sie nicht, weil natürlich sind die Menschen verunsichert. Und eins kommt natürlich hinzu: Es gibt einen besonderen Status an Flüchtlingen. Das sind die sogenannten alleinreisenden jungen Männer, die ein besonderes Dunkelfeld darstellen, ein Gefährdungspotenzial. Alleinstehende junge Männer sind immer mit großer Vorsicht zu betrachten, auch hier übrigens völlig unabhängig von ihrer Nationalität. Wenn diese jungen Männer dann aber noch aus Gesellschaftsordnungen kommen, die eine Gleichstellung der Geschlechter nicht kennen, die Frauen als minderwertige Lebewesen betrachten, sie haben zu funktionieren und zu gehorchen, wenn nicht, gibt es Hiebe, dann geht es natürlich ganz, ganz schnell, dass es zu Übergriffen gerade gegenüber Frauen kommt.
    Heuer: Herr Buschkowsky, gilt das nicht genauso für junge deutsche Männer in Springerstiefeln?
    Buschkowsky: Ja na klar! Natürlich! Ich sage mal, das Fehlen sozialer Kompetenzen, das hat nichts damit zu tun, welche Hautfarbe jemand hat. Aber es hat schon etwas damit zu tun, wie der Mensch sozialisiert ist. Hat er erlebt, dass zuhause Vater Mutter immer schlägt, dass der Recht bekommt, der am schnellsten und härtesten zuschlägt, dann wird er diese Verhaltensmuster natürlich übernehmen. Natürlich: Das soziale Umfeld prägt den Menschen.
    Heuer: Das heißt aber, man muss jeden Einzelfall besonders betrachten.
    Buschkowsky: Ja gut. Aber ich sage mal, eine schwere Straftat ist immer ein Einzelfall. Ich kann mit diesem Satz, nur nichts verallgemeinern, es ist nur ein Einzelfall, überhaupt nichts anfangen. Eine Straftat ist immer ein Einzelfall und es kann natürlich jeden treffen. Es ist egal, ob jemand Albaner, Afghane, Tschetschene oder Pole oder Deutscher ist, das hat doch mit dem Sozialverhalten überhaupt nichts zu tun. Ich sage mal, es ist doch purer Zufall, dass ich in einem Sozialfeld aufgewachsen bin, in dem man mir beigebracht hat, dass man anderen Menschen nicht auf die Nase boxt.
    Heuer: Dann verallgemeinern wir, Herr Buschkowsky, und greifen zurück auf die Statistiken. Der mutmaßliche Mörder von Freiburg war ja ein junger Afghane. Die Statistik sagt, dass gerade Afghanen, Syrer und Iraker unterdurchschnittlich viele Verbrechen begehen, dass die weniger kriminell sind als der Durchschnitt hier in Deutschland. Und auf die stürzt sich die Öffentlichkeit jetzt.
    Buschkowsky: Na das ist doch prima, wenn die Statistik das so hergibt, und wenn es dann auch so ist, ist es noch besser. Das ändert aber nichts daran, dass alleinstehende junge Männer in der Hochzeit ihres Vermehrungsdranges, wenn sie keine sozialen Bezüge haben, also haltlos sind, es ist niemand da, der sagt, hey Du, lass das, dass sie dann anfangen, natürlich einfach ihren Trieben nachzugehen.
    "Die Ängste werden geschürt durch die Taten"
    Heuer: Herr Buschkowsky! Aber was wir gerade erleben, ist ja eine Debatte darüber, dass da nicht mehr gesagt wird, das soll natürlich nicht passieren, das ist ein schreckliches Verbrechen, aber wir dürfen es eigentlich nicht auf besondere Bevölkerungsgruppen zuspitzen. Aber genau das passiert doch gerade. Werden da nicht Ängste geschürt?
    !Buschkowsky: Da werden keine Ängste geschürt; die Ängste werden geschürt durch die Taten. Aber es ist nun einmal so, dass Sie bestimmte Risikofaktoren haben, und alleinstehende junge Männer - das hat gar nichts mit der Nationalität zu tun - sind ein Risikofaktor im Kriminalitätsgeschehen. Das ist nun mal so. Warum haben Sie keine jungen Frauen, die solche Straftaten begehen? Das hat etwas mit der Sozialisation zu tun und das hat etwas damit zu tun, dass junge Männer meinen, sie können die Welt anhalten, sie sind die stärksten und die größten und alle haben ihnen zu gehorchen.
    Heuer: Herr Buschkowsky, aber dann müsste so jemand wie Andreas Scheuer - der ist Generalsekretär bei der CSU - eben nicht sagen, was er tut, dass er nämlich fordert, eine nachträgliche Sicherheitsüberprüfung für alle Flüchtlinge, für Leute, die keine Papiere haben, und die dürften dann auch nicht reinkommen. Dann müsste ja so jemand wie Andreas Scheuer, wenn er auf Sie hört vielleicht heute Morgen bei uns im Deutschlandfunk, dann müsste der sagen, wir überprüfen nur die alleinreisenden jungen Männer. Da wird doch schon ein politisches Süppchen auf dem Fall gekocht.
    Buschkowsky: Na ja. Wenn solche Situationen sind, wird natürlich immer eine politische Suppe gekocht. Das ist ja nun überhaupt nichts Neues und nichts Ungewöhnliches. Aber lassen Sie mich ein deutliches Wort sagen: Ich halte es nicht für normal, dass ein Land seine Grenzen aufmacht, jeden reinlässt, der kommt, egal ob er Papiere hat oder nicht, wir wissen nicht, wie er heißt, wir wissen nicht, ob er uns belügt, ob er die Wahrheit sagt, ob er nur durchreist, ob er durchreist und zurückkommt. Das sind doch chaotische Zustände. Das ist doch Taka-Tuka-Land und da muss man sich auch nicht wundern, wenn Sie Situationen plötzlich im Land haben, die Sie vorher so deutlich nicht sehen konnten.
    Heuer: Und dann hat man auch diese Diskussion, die Sie nun doch nicht so toll finden?
    Buschkowsky: Dann kommt es natürlich auch zu Diskussionen, wo jemand seine politische Suppe kocht. Ja, wo aus einer Straftat eines Flüchtlings alle Straftaten nur noch von Flüchtlingen begangen werden, und das ist natürlich alles Humbug. Aber die Risikofaktoren sind dann natürlich einfach größer.
    Heuer: Heinz Buschkowsky war das, der ehemalige Bürgermeister von Neukölln, Sozialdemokrat. Wir haben ihn beim Zahnarzt erreicht. Und das möchte ich Ihnen noch sagen, Herr Buschkowsky: Ich hoffe, er bohrt nicht. Schönen Tag!
    Buschkowsky: Na klar wird hier gebohrt. Was denn sonst!
    Heuer: Tschüss!
    Buschkowsky: Tschüss.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.