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Hessen
Islamismusprävention mit Islamisten

Deutsche Behörden arbeiten mit Moscheevereinen zusammen, um Extremismus-Prävention vor allem mit Jugendlichen zu betreiben. Doch nun hat sich herausgestellt, dass zwei Mitgliedsverbände des Deutsch-Islamischen Vereinsverbands Rhein-Main (DIV) zur Muslimbruderschaft zählen. Der DIV wehrt sich und spricht von "Verleumdung".

Von Ludger Fittkau |
    Eine deutsche Fahne weht neben dem Minarett einer Moschee am Rande von Schwäbisch Hall
    Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat dem Deutsch-Islamischen Vereinsverband Rhein-Main (DIV) jetzt Bundesmittel für Jugendarbeit gestrichen (dpa / picture alliance / Frank Rumpenhorst)
    Seit drei Jahren gibt es in Hessen ein sogenanntes "Hessisches Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus" – kurz HKE. Es hat das Ziel, Behörden sowie zivilgesellschaftliche Träger und Initiativen zu vernetzen, die sich gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Extremismus engagieren. Die Koordination des HKE liegt beim hessischen Innenministerium, zu dem auch der Verfassungsschutz des Landes gehört.
    Man sollte meinen, dass die Bundesregierung eng mit dem Hessischen Kompetenzzentrum gegen Extremismus zusammenarbeitet, wenn es darum geht, in Hessen Projekte gegen die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher zu initiieren. Doch ein aktueller Fall zeigt, dass da wohl einiges im Argen liegt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière drückt es so aus:
    "Wir werden nun den aktuellen Fall zum Anlass nehmen zu gucken, ob diese Verfahren verbessert werden müssen."
    Geld für Projekte gegen die Radikalisierung islamischer Jugendlicher
    Konkret geht es um den Deutsch-Islamischen Vereinsverband Rhein-Main – kurz DIV. Das ist ein Zusammenschluss von 46 überwiegend arabisch-sprachigen Moschee-Gemeinden des Rhein-Main-Gebietes. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) gibt diesem Verband seit 2015 Geld dafür, das er in Moschee-Gemeinden im Rhein-Main-Gebiet Projekte gegen die Radikalisierung islamischer Jugendlicher durchführt. Wie in anderen Fällen habe man auch hier vor Projektbeginn überprüft, ob der Deutsch-Islamische Vereinsverband Rhein-Main wirklich ein geeigneter Kooperationspartner für das Gewalt- Präventionsprojekt sei, versichert Manuela Schwesig:
    "Wir prüfen natürlich, bevor es die Förderung gibt, diesen entsprechenden Verein. Und dann gibt es Überprüfungen durch die Sicherheitsbehörden und das ist auch erfolgt durch das Bundesministerium für Inneres, die gesagt haben, dass nichts gegen den DIV spricht."
    Gegen den Deutsch-Islamischen Vereinsverband – kurz DIV- als Ganzes spricht auch aus Sicht des hessischen Innenministeriums nichts – aber durchaus gegen einzelne Mitgliedsorganisationen des DIV.
    Die hessischen Sicherheitsbehörden wissen seit Langem, dass mindestens zwei Mitgliedsverbände des DIV dem Spektrum der international aktiven islamistischen Muslimbrüderschaft angehören. Schwer vorstellbar, dass gerade diese islamistische Organisation wirksam Islamismus-Prävention machen wird. Wenn man ihnen Geld gibt, macht man also in gewisser Weise den Bock zum Gärtner.
    Doch das Bundes-Familienministerium bekam vor Projektbeginn keinen Hinweis aus dem Hause de Maiziere, dass der im Rhein-Main-Gebiet ausgewählte Partner problematisch sein könnte.
    Bundesregierung fördert, ohne die Fachleute vor Ort zurate zu ziehen
    Das hessische Innenministerium antwortet dem Deutschlandfunk schriftlich auf die Frage, ob das "Hessische Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus" – kurz HKE - jemals vor Beginn des Präventionsprojektes von der Bundesregierung konsultiert worden sei:
    "Eine Stellungnahme oder Ähnliches zur Förderung des DIV-Projektes in Frankfurt am Main wurde zur keiner Zeit durch das HKE abgegeben. Das HKE war auch in die Auswahl des DIV-Projektes in keiner Weise eingebunden."
    Heißt im Klartext: Die Bundesregierung fördert im Rhein-Main-Gebiet ein Präventionsprojekt gegen die Radikalisierung islamischer Jugendlicher, ohne die Fachleute vor Ort zurate zu ziehen. Erst jetzt, als die ersten Gelder schon geflossen waren, bekommt das Bundesfamilienministerium den Hinweis, dass es möglicherweise Islamisten fördert. Ministerin Manuela Schwesig:
    "Deswegen haben wir die Förderung gestoppt. Und haben das BMI gebeten, jetzt noch mal den DIV und eben alle weiteren Mitgliedsverbände zu überprüfen."
    DIV spricht von einer "Verleumdungskampagne"
    Vom DIV – also dem Deutsch-Islamischen Vereinsverband Rhein-Main war trotz mehrfacher schriftlicher und mündlicher Anfragen keine Stellungnahme zu diesem Vorgang zu bekommen.
    Auf seiner Internetseite spricht der DIV von einer "Verleumdungskampagne" und startet eine Aktion unter dem Titel "Muslime in die Medienaufsicht". Der Deutsche Journalistenverband Hessen wertet das als Einschüchterungsversuch vor allem gegenüber Mitarbeitern des Hessischen Rundfunks, die kritisch über die Hintergründe des Präventionsprojektes berichtet hatten.
    Achim Wolff, Geschäftsführer des Journalistenverbandes fordert den DIV dazu auf, Rundfunkräte nicht als Instrumente zu betrachten, die kritische Meinungsäußerung gegenüber muslimischen Organisationen unterbinden sollen:
    "Wir akzeptieren sie ja, wir möchten sie auch gleich behandeln. Aber andererseits müssen sie auch akzeptieren, dass ein Rundfunkrat eben bestimmte Aufgaben hat und nicht jene Aufgaben, die sie sich vorstellen."