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Hilfe in der Ukraine
SPD irritiert über Steinbrücks neue Aufgabe

Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück soll der Ukraine beim Aufbau eines modernen Bankwesens helfen und Vorschläge für eine Steuerreform erarbeiten. Seine Partei, die SPD, hat er damit überrumpelt. Trotzdem geben sich seine Parteifreunde nach außen hin begeistert.

Von Frank Capellan | 04.03.2015
    Porträt von Peer Steinbrück in einem Flur des NRW-Landtags.
    Der frühere Bundesfinanzminister Peer Steinbrück soll die Ukraine bei Reformen beraten. (dpa / Federico Gambarini)
    Die Begeisterung über die neue Nebentätigkeit des ehemaligen Kanzlerkandidaten hält sich bei den Sozialdemokraten in Grenzen, das ist allerorten zu spüren, wenngleich sich die öffentlichen Reaktionen anders anhören mögen. Christine Lambrecht, Fraktionsgeschäftsführerin der Sozialdemokraten:
    "Herr Steinbrück wird mit seiner hervorragenden Expertise mithelfen, dass in der Ukraine Reformen angestoßen werden, auch in Bezug auf die Finanzen."
    Was sie wurmen muss, ist vor allem die Art und Weise, wie der Ex-Finanzminister seine Beratertätigkeit für die Ukraine kommuniziert. Er gehört schließlich der SPD-Fraktion nach wie vor an, dort wurde immer wieder über den Konflikt gesprochen, Gernot Erler hatte als Russland-Beauftragter der Bundesregierung immer wieder Stellung bezogen - dass Steinbrück nun aber den ukrainischen Staat beraten wird, hat die Parteispitze gestern über die Medien erfahren - auch Thomas Oppermann, der SPD-Fraktionsvorsitzende:
    "Ich finde es überhaupt nicht ehrenrührig für ein demokratisches Land zu arbeiten, wenn Peer Steinbrück sich so entschieden hab, hab ich da erst mal Respekt."
    Begeisterung klingt anders
    Es gibt keine Pflicht für Abgeordnete mir mitzuteilen, wann sie was machen, fügt seine Geschäftsführerin Christine Lambrecht noch lapidar hinzu. "Außerdem gehe ich davon aus, dass er seinen Nebenverdienst nach dem Abgeordnetengesetz öffentlich macht."
    Begeisterung klingt anders. Ich kenne auf jeden Fall schlechtere Berater als Herrn Steinbrück, meint Dietmar Bartsch von der Linkspartei. Der Fraktionsvize stößt sich allerdings daran, dass die gemeinnützige Stiftung, für die Steinbrück nun arbeitet, von zwielichtigen ukrainischen Oligarchen finanziert wird:
    "Das ist so nicht zu akzeptieren, dann sollte die EU auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellen."
    Auch Verheugen und Scholz helfen mit
    Steinbrück selbst legt in einer schriftlichen Erklärung Wert darauf, dass die ausländischen Berater unabhängig sind und keinerlei Weisungen unterstehen. Der 68-Jährige betont zudem, dass die sogenannte "Agentur zur Modernisierung der Ukraine" in seinen Augen ein Kreis integrer und ausgewiesen sachkundiger Persönlichkeiten ist. Neben ihm werden auch weitere prominente Ex-Politiker dabei sein - etwa sein Parteifreund Günter Verheugen, ehemaliger EU-Kommissar oder Rupert Scholz, Christdemokrat, Verfassungsrechtler und ehemaliger Verteidigungsminister.
    Steinbrücks Job ist es , in der Ukraine ein modernes Bankenwesen aufzubauen. Über die Höhe seiner Vergütung wollte der langjährige Vortragsreisende nichts mitteilen. Wohl aber räumt er offen zu, dass seine bald anstehende Reise nach Kiew eine Premiere sein wird: "Ich bin nie in der Ukraine gewesen", sagt er. Zu seinen Zeiten als deutscher Finanzminister spielte das Land für Europa noch keine gravierende Rolle.