Martin Zagatta: Deutsch-italienische Regierungsgespräche heute in Rom - normalerweise ist das ein Routinetermin. Doch nach dem EU-Gipfel, bei dem Angela Merkel dem Drängen des Italieners Mario Monti nachgeben musste, die Auflagen für pleitebedrohte Länder zu lockern, ist die Stimmung nicht ganz so gut. Beide Seiten waren im Vorfeld jedoch bemüht, solche Unstimmigkeiten herunterzuspielen.
Wir sind jetzt mit Markus Ferber verbunden, Chef der CSU-Gruppe im Europaparlament. Herr Ferber, sind Sie auch so milde gestimmt? Wie gut sind Sie jetzt auf Monti zu sprechen? War das aus Ihrer Sicht Erpressung, was er mit der Bundeskanzlerin gemacht hat, oder nicht?
Markus Ferber: Herr Monti hat sicherlich ein sehr hartes Spiel gespielt. Aber wenn Sie sich die Randbedingungen anschauen, die ja jetzt mit Leben erfüllt werden müssen, da reicht es auch nicht, wenn bilateral Italien und Deutschland sich einig sind, sondern das Europäische Parlament ist ja da in der Gesetzgebung mit dabei, wie eine europäische Bankenaufsicht auszuschauen hat, wie ein gut geführter Haushalt zu definieren ist. Da sind ja schon noch einige Hürden zu nehmen und da hat die Bundeskanzlerin hohe Anforderungen formuliert, die jetzt zwar unterschiedlich interpretiert werden, aber wir werden das Miteinander schon hinbekommen, sehr streng zu formulieren, wenn es um konkrete Texte geht.
Zagatta: Aber theoretisch hat man doch verabschiedet und die Bundeskanzlerin hat auch zugestimmt, dass es in Zukunft weniger Auflagen für pleitebedrohte Länder geben wird?
Ferber: Sie hat weniger Auflagen für pleitebedrohte Banken gegeben, wenn die Banken selber nicht mehr in der Lage sind, sich mit Kapital zu versorgen, wenn die Mitgliedsstaaten nicht mehr in der Lage sind, Kapital aufzunehmen, wenn die Banken einer europäischen Bankenaufsicht unterliegen und wenn der Mitgliedsstaat nachweisen kann, dass er ansonsten eine ordentliche Haushaltsführung hat. Also den freien Eintritt hin zum Rettungsschirm gibt es natürlich nicht.
Zagatta: Was sagen Sie denn zu den Äußerungen jetzt von EU-Kommissar Verheugen, der Monti vorwirft, er habe die deutsche Kanzlerin betrogen? Wie sehen Sie das?
Ferber: Herr Monti hat natürlich schon ein riskantes Spiel gespielt und dabei aus seiner Sicht klar gewonnen. Sie können nämlich die Beschlüsse des Gipfels auch so interpretieren, dass wenn die Monti-Linie sich durchsetzt, sie die Eurobonds über die Hintertür bekommen, nämlich die gesamtschuldnerische Haftung nicht der Steuerzahler, sondern der Sparer über einen europäischen Einlagensicherungsfonds, der auch von Italien mit gefordert wird. Das sind aber alles Dinge, die in den Gipfelbeschlüssen Gott sei Dank nicht drinstehen. Aber jeder weiß, wohin die Reise gehen soll: Am Ende geht es darum, dass Deutschland, wenn es über die Vordertür Eurobonds nicht geht, über die Hintertür Einlagensicherung gesamtschuldnerisch haften soll, und beides ist natürlich für Deutschland nicht akzeptabel.
Zagatta: Wieso hat die CSU dann im Bundestag einen Tag später diesen Vereinbarungen ja im Prinzip schon zugestimmt?
Ferber: Das ist ja nicht richtig. Die CSU hat im Bundestag zugestimmt, das was auf dem Tisch lag, nämlich dem geltenden ESM-Vertrag und dem geltenden Fiskalpakt - beides ja auch Dinge, die von der CSU frühzeitig eingefordert wurden und im Interesse der deutschen Steuerzahler auch zurecht auf europäischer Ebene eingefordert wurden. Was wir nicht zugestimmt haben - und das muss ja erst noch durch Prozeduren marschieren - ist diese Haftung über die Hintertür, und da hat der bayrische Ministerpräsident recht: Diese Haftung über die Hintertür, noch dazu an den Parlamenten vorbei, kann nicht geschehen und da wird auch die CSU nicht mitmachen. Das heißt, eine Aufweichung des ESM, die ja beschlossen werden müsste, oder eine Änderung des ESM in diese Richtung, wird nicht die Zustimmung der CSU finden.
Zagatta: Hat Frau Merkel dieser Haftung durch die Hintertür jetzt zugestimmt oder nicht?
Ferber: Hat sie nicht!
Zagatta: Hat sie nicht?
Ferber: Natürlich nicht.
Zagatta: Das ist aber Interpretationssache.
Ferber: Ich möchte das ausdrücklich festhalten! Der Herr Monti interpretiert das so, dass er die Haftung über die Hintertür bekommt. Es steht ausdrücklich in den Dokumenten von der Einlagensicherung nichts drin. Aber unter Bankenunion versteht natürlich Herr Monti nicht nur die Rekapitalisierung der Banken und eine europäische Aufsichtsstruktur, sondern auch am Ende eine gesamtschuldnerische Haftung für alle Einlagen, und genau das ist die Brandmauer, wo Merkel klar gesagt hat, das geht nicht, und das werden wir auch im Europäischen Parlament so festlegen.
Zagatta: Haben Sie denn Angst, dass diese Brandmauer ganz schnell wieder einstürzen kann, oder warum hat jetzt CSU-Chef Seehofer, warum hat Ihr Ministerpräsident, warum hat Ihr Parteichef da jetzt indirekt mit Koalitionsbruch gedroht?
Ferber: Ich glaube, es ist wichtig, dass auch in der innenpolitischen Diskussion, aber auch auf europäischer Ebene klar wird, dass der deutsche Steuerzahler nicht ad ultimo für alle Verfehlungen in allen Mitgliedsstaaten den Kopf hinhalten kann. Wir haben Solidarität gezeigt, wir sagen aber auch im besten Sinne des Wortes "Solidarität", Hilfe kann nur gewährt werden als Hilfe zur Selbsthilfe. Es kann kein dauerhafter Transfermechanismus hier eröffnet werden, dann müssten ja auch die Verträge geändert werden, das geht also überhaupt nicht, und das Bundesverfassungsgericht hat ja auch hier klare Grenzen formuliert. Aber alles, was unterschwellig versucht wird - und da ist Herr Monti sehr erfindungsreich; er war ja mit Herrn Verheugen zusammen zehn Jahre in der Europäischen Kommission tätig; er weiß also schon, wo die Tricks liegen, er kennt die Trickkiste perfekt -, er hat natürlich versucht, tief in die Trickkiste zu langen, und Frau Merkel hat ihm dabei ordentlich auf die Finger gehauen. Insofern ist es jetzt gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Schutzmauern, die Frau Merkel in dem Ratstext formuliert hat, dass die auch so mit Leben erfüllt werden, dass daraus wirklich ein Schutz hervorgeht.
Zagatta: Aber wenn Frau Merkel da alles richtig gemacht hat, wenn sie diese Grenzlinien gezogen hat, warum haben wir dann jetzt überhaupt diese Diskussion, warum muss sich Herr Seehofer dann zu Wort melden und muss da sagen, jetzt sei irgendwo ein Punkt erreicht, wo Bayern und die CSU nicht mehr Ja sagen können?
Ferber: ... , weil wir in Deutschland ja schon die Diskussion haben auf anderen politischen Ebenen, die sagen, man müsste hier noch weitergehen. Schauen Sie an, wie viele Fans der Schuldentilgungsfonds auch im Deutschen Bundestag hat, in der Opposition, wo ja auch von Oppositionsparteien massiv Druck auf die Bundesregierung ausgeübt wird. Das hat ja die Position der Kanzlerin beim Gipfel nicht verstärkt, wenn andere Ministerpräsidenten und Regierungschefs sagen konnten, schau mal her, liebe Frau Merkel, was Herr Gabriel sagt, was Herr Trittin sagt, was von den Linken formuliert wird. Wir wollen doch nichts anderes, es gibt doch in Deutschland eine Unterstützung dafür, und ich denke, da ist es richtig, darauf hinzuweisen, dass die CSU die Partei ist, die mitgewirkt hat, den Euro einzuführen, die jetzt aber auch mitwirkt, dass der Euro dauerhaft eine stabile Währung bleibt und nicht in die Aufweichungstendenzen südeuropäischer Wünsche hineinschlittert.
Zagatta: Aber die CSU ist auch eine Partei, die viel mitgemacht hat von dem, was man vorher abgelehnt hat, oder?
Ferber: Nein! Also wenn Sie sich den Parteitagsbeschluss anschauen, den wir im Oktober letzten Jahres gefasst haben, ...
Zagatta: Der hieß "Bis hierhin und nicht weiter!" und jetzt geht man doch weiter.
Ferber: Wir haben nichts verändert. Was jetzt in Berlin beschlossen wurde, der ESM und der Fiskalpakt, sind innerhalb des Rahmens, den die CSU auf ihrem Parteitag festgelegt hat.
Zagatta: Und das, was beim EU-Gipfel jetzt vergangenes Wochenende beschlossen wurde, das auch noch?
Ferber: Das, was beim EU-Gipfel beschlossen wurde, Bankenaufsicht, ist eine Anforderung der CSU gewesen für systemrelevante Banken, und so hat es die Kanzlerin auch immer formuliert: Wir wollen nicht, dass die Sparkasse in Kleinkleckersdorf oder die Raiffeisenbank Kleinkleckersdorf einer europäischen Aufsicht unterliegt, sondern die, die grenzüberschreitende Bedeutung haben. Das steht in unserem Beschluss auch drin. Wir haben selbstverständlich auch bedacht, dass eine reine Finanzierung von Banken es nicht geben darf, auch das steht in unserem Beschluss drin, und das hat die Frau Merkel auch nicht zugestanden.
Zagatta: Herr Ferber, steht die Bundesregierung da jetzt auf absehbare Zeit, wenn Sie das so hart interpretieren, wie Sie das gesagt haben, dass Frau Merkel da so klare Positionen vertritt, steht die da relativ allein? Denn die deutsch-französische Achse, die funktioniert ja jetzt bei so einem Sparkurs oder bei dieser Linie, die Sie da verfolgen, auch nicht mehr.
Ferber: Wenn Sie die Berichterstattung zum Gipfel in Frankreich sich zum Beispiel anschauen, da stand nicht drin, Herr Hollande hat gewonnen, oder Herr Monti hat gewonnen, da stand drin, Frau Merkel hat gewonnen, weil sie diese hohen Schutzmauern formuliert hat. Ich will nur darauf hinweisen, dass in den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten die Wahrnehmung sehr unterschiedlich ist. Wir haben aber ein Problem, das will ich nicht verhehlen: Die Länder, die den Stabilitätskurs der Bundesregierung unterstützen, sind eher nicht im Euro. Innerhalb der Eurogruppe ist die Luft etwas dünner geworden und abhängig davon, wie in den Niederlanden die nationalen Wahlen ausgehen, kann die Luft noch dünner werden, und das ist schon Anlass zur Sorge, weil der Euro auf einer Stabilitätsgemeinschaft beruht, und wenn diese Stabilitätsgemeinschaft schrittweise ausgehöhlt wird, dann müssen auch entsprechende Korrekturen gezogen werden, und auf nichts anderes hat der bayrische Ministerpräsident zurecht hingewiesen.
Zagatta: Markus Ferber, der Chef der CSU-Gruppe im Europaparlament. Herr Ferber, ich bedanke mich für das Gespräch.
Ferber: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Wir sind jetzt mit Markus Ferber verbunden, Chef der CSU-Gruppe im Europaparlament. Herr Ferber, sind Sie auch so milde gestimmt? Wie gut sind Sie jetzt auf Monti zu sprechen? War das aus Ihrer Sicht Erpressung, was er mit der Bundeskanzlerin gemacht hat, oder nicht?
Markus Ferber: Herr Monti hat sicherlich ein sehr hartes Spiel gespielt. Aber wenn Sie sich die Randbedingungen anschauen, die ja jetzt mit Leben erfüllt werden müssen, da reicht es auch nicht, wenn bilateral Italien und Deutschland sich einig sind, sondern das Europäische Parlament ist ja da in der Gesetzgebung mit dabei, wie eine europäische Bankenaufsicht auszuschauen hat, wie ein gut geführter Haushalt zu definieren ist. Da sind ja schon noch einige Hürden zu nehmen und da hat die Bundeskanzlerin hohe Anforderungen formuliert, die jetzt zwar unterschiedlich interpretiert werden, aber wir werden das Miteinander schon hinbekommen, sehr streng zu formulieren, wenn es um konkrete Texte geht.
Zagatta: Aber theoretisch hat man doch verabschiedet und die Bundeskanzlerin hat auch zugestimmt, dass es in Zukunft weniger Auflagen für pleitebedrohte Länder geben wird?
Ferber: Sie hat weniger Auflagen für pleitebedrohte Banken gegeben, wenn die Banken selber nicht mehr in der Lage sind, sich mit Kapital zu versorgen, wenn die Mitgliedsstaaten nicht mehr in der Lage sind, Kapital aufzunehmen, wenn die Banken einer europäischen Bankenaufsicht unterliegen und wenn der Mitgliedsstaat nachweisen kann, dass er ansonsten eine ordentliche Haushaltsführung hat. Also den freien Eintritt hin zum Rettungsschirm gibt es natürlich nicht.
Zagatta: Was sagen Sie denn zu den Äußerungen jetzt von EU-Kommissar Verheugen, der Monti vorwirft, er habe die deutsche Kanzlerin betrogen? Wie sehen Sie das?
Ferber: Herr Monti hat natürlich schon ein riskantes Spiel gespielt und dabei aus seiner Sicht klar gewonnen. Sie können nämlich die Beschlüsse des Gipfels auch so interpretieren, dass wenn die Monti-Linie sich durchsetzt, sie die Eurobonds über die Hintertür bekommen, nämlich die gesamtschuldnerische Haftung nicht der Steuerzahler, sondern der Sparer über einen europäischen Einlagensicherungsfonds, der auch von Italien mit gefordert wird. Das sind aber alles Dinge, die in den Gipfelbeschlüssen Gott sei Dank nicht drinstehen. Aber jeder weiß, wohin die Reise gehen soll: Am Ende geht es darum, dass Deutschland, wenn es über die Vordertür Eurobonds nicht geht, über die Hintertür Einlagensicherung gesamtschuldnerisch haften soll, und beides ist natürlich für Deutschland nicht akzeptabel.
Zagatta: Wieso hat die CSU dann im Bundestag einen Tag später diesen Vereinbarungen ja im Prinzip schon zugestimmt?
Ferber: Das ist ja nicht richtig. Die CSU hat im Bundestag zugestimmt, das was auf dem Tisch lag, nämlich dem geltenden ESM-Vertrag und dem geltenden Fiskalpakt - beides ja auch Dinge, die von der CSU frühzeitig eingefordert wurden und im Interesse der deutschen Steuerzahler auch zurecht auf europäischer Ebene eingefordert wurden. Was wir nicht zugestimmt haben - und das muss ja erst noch durch Prozeduren marschieren - ist diese Haftung über die Hintertür, und da hat der bayrische Ministerpräsident recht: Diese Haftung über die Hintertür, noch dazu an den Parlamenten vorbei, kann nicht geschehen und da wird auch die CSU nicht mitmachen. Das heißt, eine Aufweichung des ESM, die ja beschlossen werden müsste, oder eine Änderung des ESM in diese Richtung, wird nicht die Zustimmung der CSU finden.
Zagatta: Hat Frau Merkel dieser Haftung durch die Hintertür jetzt zugestimmt oder nicht?
Ferber: Hat sie nicht!
Zagatta: Hat sie nicht?
Ferber: Natürlich nicht.
Zagatta: Das ist aber Interpretationssache.
Ferber: Ich möchte das ausdrücklich festhalten! Der Herr Monti interpretiert das so, dass er die Haftung über die Hintertür bekommt. Es steht ausdrücklich in den Dokumenten von der Einlagensicherung nichts drin. Aber unter Bankenunion versteht natürlich Herr Monti nicht nur die Rekapitalisierung der Banken und eine europäische Aufsichtsstruktur, sondern auch am Ende eine gesamtschuldnerische Haftung für alle Einlagen, und genau das ist die Brandmauer, wo Merkel klar gesagt hat, das geht nicht, und das werden wir auch im Europäischen Parlament so festlegen.
Zagatta: Haben Sie denn Angst, dass diese Brandmauer ganz schnell wieder einstürzen kann, oder warum hat jetzt CSU-Chef Seehofer, warum hat Ihr Ministerpräsident, warum hat Ihr Parteichef da jetzt indirekt mit Koalitionsbruch gedroht?
Ferber: Ich glaube, es ist wichtig, dass auch in der innenpolitischen Diskussion, aber auch auf europäischer Ebene klar wird, dass der deutsche Steuerzahler nicht ad ultimo für alle Verfehlungen in allen Mitgliedsstaaten den Kopf hinhalten kann. Wir haben Solidarität gezeigt, wir sagen aber auch im besten Sinne des Wortes "Solidarität", Hilfe kann nur gewährt werden als Hilfe zur Selbsthilfe. Es kann kein dauerhafter Transfermechanismus hier eröffnet werden, dann müssten ja auch die Verträge geändert werden, das geht also überhaupt nicht, und das Bundesverfassungsgericht hat ja auch hier klare Grenzen formuliert. Aber alles, was unterschwellig versucht wird - und da ist Herr Monti sehr erfindungsreich; er war ja mit Herrn Verheugen zusammen zehn Jahre in der Europäischen Kommission tätig; er weiß also schon, wo die Tricks liegen, er kennt die Trickkiste perfekt -, er hat natürlich versucht, tief in die Trickkiste zu langen, und Frau Merkel hat ihm dabei ordentlich auf die Finger gehauen. Insofern ist es jetzt gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Schutzmauern, die Frau Merkel in dem Ratstext formuliert hat, dass die auch so mit Leben erfüllt werden, dass daraus wirklich ein Schutz hervorgeht.
Zagatta: Aber wenn Frau Merkel da alles richtig gemacht hat, wenn sie diese Grenzlinien gezogen hat, warum haben wir dann jetzt überhaupt diese Diskussion, warum muss sich Herr Seehofer dann zu Wort melden und muss da sagen, jetzt sei irgendwo ein Punkt erreicht, wo Bayern und die CSU nicht mehr Ja sagen können?
Ferber: ... , weil wir in Deutschland ja schon die Diskussion haben auf anderen politischen Ebenen, die sagen, man müsste hier noch weitergehen. Schauen Sie an, wie viele Fans der Schuldentilgungsfonds auch im Deutschen Bundestag hat, in der Opposition, wo ja auch von Oppositionsparteien massiv Druck auf die Bundesregierung ausgeübt wird. Das hat ja die Position der Kanzlerin beim Gipfel nicht verstärkt, wenn andere Ministerpräsidenten und Regierungschefs sagen konnten, schau mal her, liebe Frau Merkel, was Herr Gabriel sagt, was Herr Trittin sagt, was von den Linken formuliert wird. Wir wollen doch nichts anderes, es gibt doch in Deutschland eine Unterstützung dafür, und ich denke, da ist es richtig, darauf hinzuweisen, dass die CSU die Partei ist, die mitgewirkt hat, den Euro einzuführen, die jetzt aber auch mitwirkt, dass der Euro dauerhaft eine stabile Währung bleibt und nicht in die Aufweichungstendenzen südeuropäischer Wünsche hineinschlittert.
Zagatta: Aber die CSU ist auch eine Partei, die viel mitgemacht hat von dem, was man vorher abgelehnt hat, oder?
Ferber: Nein! Also wenn Sie sich den Parteitagsbeschluss anschauen, den wir im Oktober letzten Jahres gefasst haben, ...
Zagatta: Der hieß "Bis hierhin und nicht weiter!" und jetzt geht man doch weiter.
Ferber: Wir haben nichts verändert. Was jetzt in Berlin beschlossen wurde, der ESM und der Fiskalpakt, sind innerhalb des Rahmens, den die CSU auf ihrem Parteitag festgelegt hat.
Zagatta: Und das, was beim EU-Gipfel jetzt vergangenes Wochenende beschlossen wurde, das auch noch?
Ferber: Das, was beim EU-Gipfel beschlossen wurde, Bankenaufsicht, ist eine Anforderung der CSU gewesen für systemrelevante Banken, und so hat es die Kanzlerin auch immer formuliert: Wir wollen nicht, dass die Sparkasse in Kleinkleckersdorf oder die Raiffeisenbank Kleinkleckersdorf einer europäischen Aufsicht unterliegt, sondern die, die grenzüberschreitende Bedeutung haben. Das steht in unserem Beschluss auch drin. Wir haben selbstverständlich auch bedacht, dass eine reine Finanzierung von Banken es nicht geben darf, auch das steht in unserem Beschluss drin, und das hat die Frau Merkel auch nicht zugestanden.
Zagatta: Herr Ferber, steht die Bundesregierung da jetzt auf absehbare Zeit, wenn Sie das so hart interpretieren, wie Sie das gesagt haben, dass Frau Merkel da so klare Positionen vertritt, steht die da relativ allein? Denn die deutsch-französische Achse, die funktioniert ja jetzt bei so einem Sparkurs oder bei dieser Linie, die Sie da verfolgen, auch nicht mehr.
Ferber: Wenn Sie die Berichterstattung zum Gipfel in Frankreich sich zum Beispiel anschauen, da stand nicht drin, Herr Hollande hat gewonnen, oder Herr Monti hat gewonnen, da stand drin, Frau Merkel hat gewonnen, weil sie diese hohen Schutzmauern formuliert hat. Ich will nur darauf hinweisen, dass in den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten die Wahrnehmung sehr unterschiedlich ist. Wir haben aber ein Problem, das will ich nicht verhehlen: Die Länder, die den Stabilitätskurs der Bundesregierung unterstützen, sind eher nicht im Euro. Innerhalb der Eurogruppe ist die Luft etwas dünner geworden und abhängig davon, wie in den Niederlanden die nationalen Wahlen ausgehen, kann die Luft noch dünner werden, und das ist schon Anlass zur Sorge, weil der Euro auf einer Stabilitätsgemeinschaft beruht, und wenn diese Stabilitätsgemeinschaft schrittweise ausgehöhlt wird, dann müssen auch entsprechende Korrekturen gezogen werden, und auf nichts anderes hat der bayrische Ministerpräsident zurecht hingewiesen.
Zagatta: Markus Ferber, der Chef der CSU-Gruppe im Europaparlament. Herr Ferber, ich bedanke mich für das Gespräch.
Ferber: Gerne!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.