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Hochgeschwindigkeitszüge und Motorenbau
Russland wirbt um deutsche Unternehmen

Vertreter von Siemens, VW und Metro: Sie alle kommen, wenn Russland um ausländische Investoren wirbt. Und während Kanzlerin Angela Merkel sich für eine Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Russland ausspricht, reden deutsche Wirtschaftsvertreter mit Präsident Wladimir Putin über neue Projekte.

Von Thielko Grieß |
    01.11.2018, Russland, Moskau: 5684987 01.11.2018 November 1, 2018. Russian President Vladimir Putin during a meeting with representatives of largest German enterprises, leaders of Germany's Committee on Eastern European Economic Relations. Mikhael Klimentyev / Sputnik Foto: Mikhael Klimentyev/Sputnik/dpa |
    Vertreter von Siemens, Metro, Schaeffler und Uniper sind der Einladung nach Moskau gefolgt (picture alliance/Mikhael Klimentyev)
    Von deutscher Seite nehmen rund zwanzig Manager teil, darunter Vertreter von Siemens, Metro und verschiedenen Raffinerien. Auf russischer Seite sind unter anderem Transportminister Jewgenij Dietrich und Gazprom-Chef Alexej Miller dabei. Gastgeber Wladimir Putin lobte die Angereisten. "Wir schätzen die Bereitschaft der deutschen Unternehmen zur gemeinsamen Arbeit sehr, Ihren Pragmatismus und Ihre Konstruktivität."
    Wolfgang Büchele, Chef des Ost-Ausschuss-Osteuropavereins sprach von anstehenden Projekten in der Gesundheitswirtschaft, in der IT, in der Energie- und Agrarwirtschaft, sowie im Automobil- und Maschinenbau. In den vergangenen Monaten hat es neue deutsche Investitionen und Vertragsabschlüsse gegeben. Hier eine Auswahl:
    Ein Hochgeschwindigkeitszug von Siemens unter dem Markennamen Sapsan verlässt den Bahnhof in Sankt Petersburg. Die staatliche russische Eisenbahn kauft von Siemens weitere Züge, die zum Teil in einem Werk im Ural gefertigt werden. Dieses Prinzip der Lokalisierung wird inzwischen in etlichen Branchen verlangt. So hat BASF ein Werk für Zusatzstoffe für Beton in Krasnodar eröffnet, ebenso Knauf bei Samara an der Wolga.
    Ansonsten aber eher: gedämpfte Stimmung. Zwar stiegen die Importe in den ersten acht Monaten dieses Jahres nach Zahlen des Statistischen Bundesamts deutlich an, nämlich um mehr als 13 Prozent, davon entfiel allerdings ein wichtiger Teil auf höhere Gas- und Ölpreise. Interessanter ist der Umfang der Exporte: Sie stiegen in den ersten acht Monaten dieses Jahres um nur 1,9 Prozent. Damit ist der russische Markt der am zweitwenigsten Dynamische in ganz Osteuropa. Nur Albanien ist schwächer.
    Banken wollen Finanzierung nicht immer übernehmen
    Insgesamt ist die russische Wirtschaft in einer zwar nicht mehr krisenhaften Verfassung, bleibt aber überraschungsfrei: Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im vergangenen Jahr um anderthalb Prozent. Für dieses Jahr wird mit einem ähnlichen Wert gerechnet. Reformen, die an oft großer Bürokratie und dem sehr hohen Staatsanteil etwas ändern könnten, sind nicht in Sicht. Das Land weist aber andere, gute Rahmendaten auf, darunter eine niedrige Verschuldung, eine Arbeitslosigkeit von weniger als fünf Prozent und eine Inflation von in diesem Jahr wohl rund dreieinhalb Prozent.
    Wolfgang Büchele, Chef des Ost-Ausschusses-Osteuropavereins sagte: "Die wichtigsten, oder größten, Probleme sehen wir derzeit bei der Finanzierung von Projekten, weil global aufgestellte Banken Projekte sehr aufwändig prüfen und im Zweifelsfalle aufgrund der Sanktionen eher negativ bei der Finanzierung entscheiden."
    Die Bedenken rühren daher, dass deutsche Unternehmen von US-Sanktionen getroffen werden könnten, weil sie mit bestimmten russischen Konzernen Geschäfte machen. US-Sanktionen können aus verschiedenen Gründen eingeführt werden: Dazu zählt der in Washington als Chemiewaffenangriff definierte Anschlag auf den Ex-Agenten Skripal, aber auch Cyber-Attacken auf Wahlen und Wahlkämpfer, auch auf die in wenigen Tagen stattfindenden "Midterms" in den USA. Neue Sanktionsrunden stehen zwar erst nach diesen Kongresswahlen an, werden aber wohl kommen.
    Volkswagen steht zum russischen Markt
    Im Fokus steht aber schon jetzt Volkswagen, das mit dem Fahrzeugbauer GAZ eine Kooperation unterhält. Eine Mehrheit von GAZ gehört Oleg Deripaska, einem Oligarchen, der von US-Sanktionen schon im April getroffen wurde.
    Und wie stets in dieser Branche: Steht ein Automobil-Konzern im Fokus, sind auch Zulieferer betroffen. Die von Washington gesetzte Frist, bis zu der Russen und Deutsche dieses Problem zu lösen haben, läuft am 11. Dezember aus.
    Dass Volkswagen zum russischen Markt steht, zeigt indes eine unlängst angekündigte Investition von einer halben Milliarde Euro in die Fertigung von Motoren südlich von Moskau.