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Hochschulrektorenkonferenz kritisiert Akkreditierungssystem

Jeder neue Bachelor- und Masterstudiengang muss beschrieben, begutachtet und beurteilt werden. Der Wissenschaftsrat hat "Empfehlungen zur Akkreditierung als Instrument der Qualitätssicherung" veröffentlicht. Die Hochschulrektorenkonferenz reagierte darauf und fordert, das System grundlegend zu reformieren.

Von Svenja Üing |
    151 Seiten sind sie lang, die "Empfehlungen zur Akkreditierung als Instrument der Qualitätssicherung". Die eigentliche Strukturreform, also die Umstellung auf die Bachelor- und Masterstudiengänge, ist weitgehend abgeschlossen. Sie hat die Hochschulen in den vergangenen zehn Jahren viel Zeit, Geld und Nerven gekostet. Jetzt stehe der nächste Schritt bevor, sagt Thomas May, Generalsekretär des Wissenschaftsrats in Köln:

    "Wir müssen jetzt von diesem Umstellungsprozess den Schritt in die Qualität des Studienangebots schaffen."

    Dieses Ziel teilt die Hochschulrektorenkonferenz. Aber aus ihrer Sicht muss das Akkreditierungssystem in Deutschland dafür grundlegend reformiert werden. Und deshalb hat die HRK in der letzten Woche die Empfehlungen des Wissenschaftsrates deutlich kritisiert. Sie schlägt ein völlig anderes Verfahren vor: das "institutionelle Qualitäts-Audit". Die Akkreditierung sei nach wie vor zu bürokratisch, sagt Thomas Kathöfer, Generalsekretär der HRK in Bonn:

    "Die Hochschulangehörigen sehen diese Qualitätsüberprüfung nicht als ihr eigenes an. Es wird ihnen vorgesetzt und sie müssen das erfüllen. Die Hochschulangehörigen beteiligen sich an diesem Verfahren aus Angst vor Strafe, aber nicht aus Lust am Wettbewerb."

    Mit dem "institutionellen Qualitäts-Audit" will die HRK die Beteiligten an den Hochschulen stärker mit ins Boot holen – Lehrende, Lernende, Hochschulleitung und Verwaltung. Sie sollen selbst bestimmen können, welche Qualitätsziele ihre Hochschule in Lehre und Studium, aber auch in Forschung und Verwaltung erreichen möchte:

    "Ich nenne mal ein Beispiel: Die TU München ist die unternehmerische Hochschule, die Universität Paderborn bezeichnet sich als die Universität der Informationsgesellschaft. Das heißt, Hochschulen versuchen, sich identifizierbar zu machen. Und dieses muss im Qualitätsentwicklungsprozess natürlich eine Rolle spielen."

    Für ein "institutionelles Audit" würde die Universität Paderborn – um bei dem Beispiel zu bleiben – in einem Selbstreport beschreiben müssen, welche Ziele sie als Universität der Informationsgesellschaft erreichen möchte. Und in einem Qualitätsmanagement-Handbuch müsste sie erklären, wie sie diese Ziele erreichen will. Wie erfolgreich sie dabei ist, würde der Akkreditierungsrat prüfen, der – nach dem Wunsch der HRK – dann Qualitätsrat hieße. Und die viel gescholtenen Akkreditierungsagenturen schlüpften raus aus der Rolle als Kontrolleure und würden zu Beratern der Unis. Alles schön und gut. Aber Thomas May, Generalsekretär des Wissenschaftsrats, sagt, das ginge an der Wirklichkeit vieler Unis vorbei:

    "Man muss ja sehen, dass ein Qualitäts-Audit in der Form, in der die HRK es propagiert, voraussetzt, dass die Hochschulen alle ein leistungsfähiges Qualitätssicherungssystem eigenverantwortlich betreiben und dass sie überhaupt über ein solches flächendeckend verfügen. Das scheint mir eine Voraussetzung zu sein, die jetzt noch nicht an allen Standorten gegeben ist."

    Deshalb bleibt der Wissenschaftsrat dem Akkreditierungssystem in seinen Empfehlungen treu. An der einen oder anderen Stelle sieht der Wissenschaftsrat zwar Verbesserungsbedarf, aber alles in allem ist das Akkreditierungssystem für ihn nach wie vor der Königsweg.

    "Man muss ja sehen, dass wir dieses Instrument der Systemakkreditierung erst seit vier Jahren haben, und dass wir dafür werben jetzt erst einmal Erfahrungen zu sammeln, bevor man anfängt erneut diesen ganzen Prozess vom Kopf auf die Füße zu stellen."

    Doch auch wenn der Wissenschaftsrat in diesem Punkt skeptisch ist – er lehnt das "institutionelle Qualitäts-Audit" nicht völlig ab. Immerhin hat er in seine "Empfehlungen" eine sogenannte Experimentierklausel eingefügt. Sie erlaubt es besonders ambitionierten Unis, neben Programm- und Systemakkreditierung auch andere Verfahren der externen Begutachtung auszuprobieren. Und dazu zählt auch das "institutionelle Qualitäts-Audit".