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Hoeness-Prozess
"Ein zweiter Knaller"

Der Angeklagte Uli Hoeneß hat bei der Klärung seiner hinterzogenen Steuern nach Aussage einer Zeugin mehrfach Fristen verstreichen lassen. Nachdem gestern eine Versechsfachung der Steuerschuld eingeräumt wurde, sei dies "ein zweiter Knaller", sagt der Prozessbeobachter Uli Bachmeier im DLF.

11.03.2014
    Der Angeklagte Uli Hoeneß mit seinem Anwalt Hanns W. Feigen vor dem Langericht München II
    Der Angeklagte Uli Hoeneß mit seinem Anwalt Hanns W. Feigen vor dem Langericht München II (dpa / Matthias Schrader)
    Friedbert Meurer: Der Prozess gegen Uli Hoeneß ist seit Monaten ein ganz großes Thema. Gestern kam es zu einem Paukenschlag, der noch heute nachhallt. Der Präsident des FC Bayern hat nicht dreieinhalb Millionen, sondern 18,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen. Dieses Geständnis legte Hoeneß gestern gleich zu Beginn ab. Angesichts dieser Summe droht ihm noch mehr eine Gefängnisstrafe als schon vor Beginn des Prozesses.
    Eines kann man schon jetzt sagen: Dieser Prozess ist einer der meist beachteten im Jahr 2014. Entsprechend groß ist natürlich das Interesse aller Medien und auch der Zeitungen. Uli Bachmeier arbeitet für die "Augsburger Allgemeine". Ich habe vor etwa einer dreiviertel Stunde mit ihm in einer Verhandlungspause sprechen können, ihn nach seiner Einschätzung fragen können, und zunächst gefragt, was er glaube, welches Kalkül hinter dem Geständnis von Hoeneß gestern gestanden hat.
    Uli Bachmeier: Ja, das wissen hier alle nicht so genau, was hier dahinter steckt. Vor allen Dingen, weil der zweite Prozesstag eine weitere große Überraschung gebracht hat. Es sieht nämlich so aus, als hätte der Herr Hoeneß beziehungsweise seine Berater Unterlagen zurückgehalten, die sie dem Finanzamt über lange Zeit versprochen hatten. Das kam heute bei einer Zeugenbefragung heraus. Das wäre ein zweiter Knaller sozusagen nach der Erhöhung der Summe gestern.
    Meurer: Diese neue Entwicklung, können Sie sich vorstellen, dass Hoeneß jetzt noch an einer Gefängnisstrafe vorbei kommt?
    Bachmeier: Sagen wir mal so: Die Wetten hier auf den Gängen stehen alle gegen ihn. Sie liegen so zwischen vier und sieben Jahren.
    Meurer: Eine vor kurzem oder vor einiger Zeit absolut unvorstellbare Situation, dass Uli Hoeneß zu solch einer Gefängnisstrafe verurteilt wird, dass er überhaupt ins Gefängnis muss. Was würde das bedeuten, wenn ein Mann wie Uli Hoeneß für vier Jahre und mehr in den Knast muss?
    Bachmeier: Noch ist es ja nicht so weit. Das letzte Wort haben die Richter und im Moment sieht es so aus, als müsste der Prozess deutlich verlängert werden, weil über, ich glaube, 52.000 neue Blatt Akten gesichtet werden müssen, die ja erst seit Ende Februar vorliegen.
    Meurer: Diese neuen Unterlagen, die da aufgetaucht sind, wie sehr wird denn Hoeneß und werden seine Anwälte sich damit verteidigen können, dass das ganze eben so umfangreich war und dass alles so lange gedauert hat, bis man das dem Gericht überstellen konnte?
    Bachmeier: Das war bis gestern die Version, dass das alles so umfangreich war und es deshalb so lange gedauert hat. Heute hat die Zeugin ausgesagt, dass zumindest ein Teil der Unterlagen bereits im Januar des vergangenen Jahres vorlag und die eben nicht ans Finanzamt gegeben wurden, und das ist der entscheidende neue Aspekt des heutigen Vormittags.
    Meurer: Gibt es eigentlich neue Einsichten darin, ob die Selbstanzeige, die Uli Hoeneß erstattet hat, aus sich heraus erfolgt ist, oder ob da doch bei Hoeneß die Warnung vorhanden war, da passiert jetzt was?
    Bachmeier: Ja, er war natürlich gewarnt oder erschreckt, wie er selber gesagt hat, als ihm bekannt wurde im Januar 2013, dass es da Presseanfragen gab, damals von Kollegen des Magazins „Stern“. Er hat das auf sich bezogen. Er hat das zwar dann versucht, so darzustellen, als hätte er die Selbstanzeige bereits im Herbst des Vorjahres im Sinn gehabt. Er hat dann aber einräumen müssen, auch nach einem Rüffel seines Anwalts, dass er sehr wohl da in Panik geraten ist in diesen Tagen im Januar und das dann alles in aller Eile entschieden hat und eine erste, wahrscheinlich unvollständige Selbstanzeige vorgelegt hat.
    Meurer: Diese neuen Erkenntnisse, die jetzt vorliegen, Herr Bachmeier, wird man wahrscheinlich aus der Sicht von Hoeneß kaum anders als ein regelrechtes Fiasko bezeichnen können. Wie kann das passieren, dass jemand, der mit Topanwälten ausgestattet ist, in eine solche Verteidigungssituation jetzt gerät?
    Bachmeier: Ich bin mir nicht sicher, ob er von Anfang an mit Topanwälten ausgestattet war. Derjenige, der ihn jetzt verteidigt, der Herr Feigen aus Frankfurt, das ist sicher ein absoluter Spezialist. Aber in dem Moment, als die Entscheidung getroffen wurde, da hatte der Uli Hoeneß zwar Berater, aber über die Qualität der Berater kann man nach all dem, was hier bekannt wird, trefflich streiten.
    Meurer: Uli Bachmeier von der „Augsburger Allgemeinen“ in einer Pause des Gerichtsverfahrens gegen Uli Hoeneß. Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.