Donnerstag, 28. März 2024

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Hoeness-Prozess
"Geständnis ist Strafmilderungsgrund"

Zum Auftakt des Verfahrens vor dem Landgericht München hat Bayern-Präsident Hoeneß eingeräumt, mehr als 18 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben. Ein erschwerender Umstand, sagte der renommierte Steueranwalt Karsten Randt im Deutschlandfunk. Er geht von einer Strafe auf Bewährung aus.

Karsten Randt im Gespräch mit Martin Zagatta | 11.03.2014
    Der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß
    Uli Hoeneß verlässt mit seiner Frau Susanne in einem Auto den Justizpalast des Landgerichts München II (dpa / Tobias Hase)
    Christine Heuer: Es wird eng für Uli Hoeneß. Der Prozessauftakt gestern gegen den Bayern-Präsidenten und geständigen Steuerhinterzieher hätte besser laufen können für den Angeklagten. Überraschend gestand Hoeneß ein, nicht nur dreieinhalb, sondern sogar 18,5 Millionen Euro hinterzogen zu haben. Noch einmal fünfeinhalb Millionen hat er außerdem zu Unrecht als Verlust beim Finanzamt geltend gemacht. Der Richter zeigte sich streng mit Hoeneß und auch sein Anwalt war offensichtlich nicht mit allem einverstanden, was sein Mandant vor dem Landgericht München aussagte. - Mein Kollege Martin Zagatta hat über den ersten Tag im Hoeneß-Prozess mit Karsten Randt gesprochen, einem renommierten Anwalt für Steuerrecht. Außerdem ist er Lehrbeauftragter an der Uni Osnabrück.
    Martin Zagatta: Dass Uli Hoeneß jetzt zu Beginn der Verhandlung einräumen musste, ein Vielfaches der bisher bekannten 3,5 Millionen Euro hinterzogen zu haben, welche Auswirkungen hat das auf den Prozess?
    Karsten Randt: Dass Uli Hoeneß jetzt weitere Beträge in der Größenordnung von 15 Millionen Euro eingeräumt hat, hat auf der einen Seite eine strafmildernde Wirkung, weil er nunmehr völlig reinen Tisch gemacht hat. Es ist ja nach unserem Erkenntnisstand nicht absehbar gewesen, dass diese Beträge durch die Finanzverwaltung respektive Staatsanwaltschaft selbst ermittelt worden sind. Er hat jetzt ohne Druck und Anlass hier auch diese weiteren Beträge eingeräumt. Das ist ein Strafmilderungsgrund, ein ganz erheblicher. Auf der anderen Seite ist damit das Volumen der verkürzten Steuern, wie Sie gesagt haben, um ein Vielfaches größer geworden. Das ist auf der anderen Seite auch ein erschwerender Umstand.
    "Millionengrenze nicht der letztlich entscheidende Maßstab"
    Zagatta: Das heißt dann, wir haben ja gehört: Wer mehr als eine Million hinterzieht, der bekommt keine Bewährungsstrafe in der Regel, sondern muss ins Gefängnis. Kann Hoeneß jetzt, wenn es um solche Beträge geht, immer noch darauf hoffen, wenn er verurteilt wird, nicht hinter Gitter zu müssen?
    Randt: In der Diskussion wird bedauerlicherweise nicht so klar herausgearbeitet, dass die Millionengrenze für den Fall aufgestellt worden ist, dass ein Steuerpflichtiger durch die Ermittlungsbehörden im Selbstaufgriff enttarnt worden ist, also gerade nicht reinen Tisch machen wollte. Die Konstellation, dass jemand eine Selbstanzeige abgibt, die dann nicht wirksam ist, wird im Regelfall nicht gerichtlich verhandelt, sondern durch das Zahlen von hohen Geldstrafen oder Geldauflagen abgehandelt. Insofern ist die Millionengrenze nicht der letztlich entscheidende Maßstab.
    Zagatta: Kann denn diese Selbstanzeige, die er abgegeben hat, immer noch strafbefreiend sein, wenn wir jetzt hören, dass es um viel höhere Beträge geht? Denn normalerweise - so haben wir das zumindest gelesen - muss ja eine solche Selbstanzeige dann ganz korrekt sein, und das war sie offenbar nicht.
    Randt: Ich teile Ihre Einschätzung, dass vor dem Hintergrund der Wirksamkeit der Selbstanzeige der Argumentationsspielraum kleiner geworden ist. Es gibt die sogenannte Selbstanzeige in Stufen. Das bedeutet, ich kann mit geschätzten Zahlen ins Rennen gehen. Problem ist an der Stelle nur, dass die Rechtsprechung bislang noch nicht genau herausgearbeitet hat, was tatsächlicher Bestandteil dieser Schätzung sein muss. Hoeneß hätte für sich in Anspruch nehmen können, einerseits konkrete Unterlagen geliefert zu haben, Depotbestände jeweils zum Ende des Jahres, plus das Ankündigen einer hohen Akonto -Zahlung von zehn Millionen. Das hätte man so werten können, dass er damit zum Ausdruck bringt, dass die geschätzten Steuern durchaus in dieser Größenordnung sich hätten abspielen können. Diesen Rahmen reißt er jetzt, insofern wird die Selbstanzeige dann strafmildernde Wirkung noch haben können.
    Randt: Wohltätigkeit kann strafmildernd wirken
    Zagatta: Herr Randt, Uli Hoeneß hat sich reumütig gegeben vor Gericht und auch auf seine Spenden in Millionenhöhe, auf Wohltätigkeiten hingewiesen. Hat das in so einem Verfahren überhaupt etwas zu bedeuten? Kann so etwas strafmildernd wirken?
    Randt: Ja, das kann strafmildernd wirken. Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung aus Dezember 2008 selbst die Kriterien dafür genannt. Strafmildernd ist zum Beispiel zu berücksichtigen die Nachzahlung der verkürzten Steuern, die Lebensleistung des Steuerpflichtigen oder aber auch das Verhältnis der gezahlten zu den verkürzten Steuern. Insofern ist das hier in der Tat zu berücksichtigen.
    Zagatta: Aber da hätten wir jetzt, ich glaube, zehn Millionen, die er gezahlt hat, und heute hat er eingeräumt, dass es um eine Summe geht von insgesamt wahrscheinlich weit über 20 Millionen.
    Randt: Ja, richtig. Trotzdem ist es bei der Strafzumessung relevant, dass er auch in den vergangenen Jahren hohe Steuerbeträge abgeführt hat und sich zudem auch wohltätig gezeigt hat. Das Gericht wird das entsprechend berücksichtigen.
    Zagatta: Von dem, was Sie heute und von dem Verfahren bisher mitbekommen haben, was glauben Sie, wie wird das Verfahren ausgehen? Kommt Hoeneß jetzt noch mit Bewährung davon?
    Randt: Ich gehe nach wie vor davon aus, dass die möglicherweise fehlgeschlagene Selbstanzeige als doch so wichtiger Strafmilderungsgrund anerkannt wird, dass eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung am Ende dann nicht rauskommt.
    Heuer: Der Fachanwalt für Steuerrecht, Karsten Randt, im Gespräch mit meinem Kollegen Martin Zagatta.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.