Sonntag, 12. Mai 2024

Archiv

Hooliganvereinigung
"Faust des Ostens" vor Gericht

Überfälle auf Fußballfans und auf vermeintliche Ausländer – die Hooliganvereinigung „Faust des Ostens“ aus dem Umfeld von Dynamo Dresden sorgte 2010 bis 2012 für Schrecken. Nun - über zehn Jahre später - stehen drei Rädelsführer vor Gericht.

Von Alexander Moritz | 15.04.2021
Im Fanblock in Dresden ist ein Transparent von "Faust des Ostens" zu sehen.
Die Hooligans von "Faust des Ostens" waren in der Fanszene von Dynamo Dresden aktiv (2011) (picture alliance / dpa | Thomas Eisenhuth)
Die drei Männer sind als Rädelsführer einer kriminellen Vereinigung angeklagt. Auf ihre Initiative hin sollen sich im Jahr 2010 rund 80 Personen aus dem Umfeld von Dynamo Dresden zusammengeschlossen haben, um gezielt Fans anderer Vereine und die Polizei anzugreifen. Außerdem verabredeten sie sich zu Überfällen auf vermeintliche Ausländer.
Die Gruppe war laut Staatsanwaltschaft durch "rechtsradikales und ausländerfeindliches Gedankengut verbunden". "Heil Hitler" sei eine normale Begrüßung gewesen, sagte einer der Angeklagten.
Die Angeklagten sitzen mit ihren Verteidigern zu Beginn des Prozesses gegen Mitglieder der Gruppierung «Faust des Ostens» im Landgericht Dresden.
Die Gesichter der Angeklagten sind unkenntlich gemacht.
Der Prozess gegen drei Mitglieder der Hooligan-Gruppe "Faust des Ostens" hat begonnen (picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Matthias Rietschel)
Alle drei hatten zu Prozessbeginn eingeräumt, Mitglieder der Hooliganvereinigung gewesen zu sein – nicht aber, ob und wie genau sie an Überfällen beteiligt gewesen sind. Laut Staatsanwaltschaft sind zwei der Männer im April 2011 als Teil einer Gruppe von 50 Personen vor einer Disco auf eine Gruppe Ausländer losgegangen. Einem wird außerdem vorgeworfen, gestohlene Alkoholflaschen verkauft zu haben.
Schon 2012 stellte die Polizei bei einer Razzia umfangreiches Beweismaterial sicher. Ein Jahr später erhob die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage. Doch passiert ist jahrelang nichts, weil der Staatsschutzsenat am Dresdener Landgericht überlastet war – unter anderem mit weiteren Neonazi-Verfahren, wie dem gegen die rechtsextreme "Freie Kameradschaft Dresden".

Länge des Verfahrens strafmildernd

Währenddessen sollen Mitglieder der Vereinigung auch beim Überfall auf den Leipziger Stadtteil Connewitz dabei gewesen sein, ebenso bei Ausschreitungen während der Fußball-EM 2016 im französischen Lille.
Auch wenn der Prozess nun seit Ende März läuft, wird es wohl kaum noch Haftstrafen geben. Die Länge des Verfahrens wirkt strafmindernd. Gegen zwei weitere Angeklagte wurde das Verfahren bereits eingestellt.
Bis Ende Juli sind 17 weitere Termine angesetzt. Das Gericht will die individuelle Tatbeteiligung bei den Überfällen klären. Fraglich ob das gelingt: Die Beteiligten berufen sich auf Erinnerungslücken – was zehn Jahre nach den Ereignissen durchaus glaubhaft ist.