Müller: "Die Konsolidierung des Haushalts hat absolute Priorität", ein gern wiederholter Satz aus den Reihen der Großen Koalition, aus dem Munde der Kanzlerin oder auch von Peer Steinbrück, Finanzminister. Nun ist die Union offenbar dabei, das alles auf den Kopf zu stellen: Eben das Ziel, in ein oder zwei oder in drei Jahren für den Haushalt keine neuen Schulden aufzunehmen. Die CSU will 28 Milliarden Euro den Bürgern zurückgeben - durch eine Steuerreform - und die CDU will nun doch auf die Rüttgers-Rente eingehen. All die Geringverdiener, die viele Jahre gearbeitet und eingezahlt haben, sollen eine Altersvorsorge bekommen, die oberhalb der Grundsicherung liegt. Nun will auch die SPD ein neues Steuerkonzept.
Am Telefon begrüße ich nun SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Guten Morgen!
Heil: Schönen guten Morgen. Ich grüße Sie!
Müller: Herr Heil, viele sagen, wenn Sozialdemokraten einmal so richtig gut durchrechnen, kommen meistens Steuererhöhungen dabei heraus. Ist das diesmal auch so?
Heil: Ein gesundes Vorurteil. Sozialdemokraten haben bewiesen, dass sie mit Geld umgehen können. Peer Steinbrück ist der Finanzminister, der dafür sorgt, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt bekommen. Deshalb sage ich ganz deutlich: Das was die CSU da vorschlägt, wird nie Realität in Deutschland. Das würde die öffentlichen Haushalte beschädigen und ruinieren. Wir wollen den Haushalt in Ordnung bringen, damit wir mehr in Bildung, in Forschung, Infrastruktur investieren können, und dann kann man schauen, was möglich ist im Gesamtzusammenhang von Steuer- und Abgabensenkung, aber dann gezielt und nicht sozusagen als Wahlgeschenk vor bayerischen Landtagswahlen.
Müller: Es gibt Wahlgeschenke, die ja durchaus, Herr Heil, in dem einen oder anderen Fall auch Sinn machen könnten. Wenn der Bürger nun demnächst etwas mehr Geld im Portemonnaie haben könnte, wäre das für alle Beteiligten ja auch nicht schlecht.
Heil: Das ist immer wünschenswert, aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Man muss dafür sorgen, dass wir erst mal von den Schulden runter kommen und jetzt nicht durch kurzfristige Löcher, die man mit Wahlgeschenken reißt, die Schulden von morgen, die Zinsen von übermorgen und die Steuererhöhungen von überübermorgen für künftige Generationen organisiert. Nein, das ist nicht seriös. Das ist selbst in der Union bekannt, dass Herr Huber und Herr Beckstein das lediglich betreiben, weil sie ein bisschen panisch geworden sind, weil die CSU in Umfragen in Bayern deutlich unter die 50 Prozent geschossen ist.
Müller: Herr Heil, wenn aber kein Geld da ist, dann braucht die SPD doch auch kein neues Steuerkonzept.
Heil: Wir sagen, in dieser Legislaturperiode werden Steuersenkungen - so wünschenswert sie sein mögen - nicht zu realisieren sein. Wir müssen langfristig sehen, wenn wir unseren Staat, die sozialen Sicherungssysteme so organisieren, dass sich vor allen Dingen Arbeit lohnt. Das ist das wichtigste, dass wir gute Arbeit haben, Arbeit, von der Menschen leben können. In diesem Gesamtzusammenhang muss man langfristig sehen, wie man den Staat stärker anders finanziert und eben auch dafür sorgt, dass Spielräume gezielt genutzt werden, um Menschen mit geringem Einkommen mehr netto zu lassen. Der Ansatz ist richtig; da geht es aber eher um Abgabensenkung. Das haben wir bereits gemacht mit der Senkung der Arbeitslosenversicherung. Und da geht es um langfristige Leitplanken, aber nicht um kurzfristige Wahlgeschenke der CSU.
Müller: Sie haben ja auch die Mehrwertsteuer erhöht; Sie haben auch die Pflegeversicherung teurer gemacht. Es ist also noch weniger als ein Nullsummenspiel, was da übrig bleibt.
Heil: Das ist was die Sozialversicherungsbeiträge betrifft nicht richtig. Ich will daran erinnern, dass es die SPD-geführte Bundesregierung war, die den Grundfreibetrag erhöht hat, den Eingangssteuersatz gesenkt hat mit dem Ergebnis, dass Geringverdiener in Deutschland heute keinen Cent Steuern mehr zahlen. Die haben eher ein Problem mit Sozialversicherungsabgaben. Da haben wir was getan, was die Arbeitslosenversicherungsbeiträge betrifft, und da muss man aus meiner Sicht langfristig sehen, dass man stärker auch soziale Sicherung über Steuern finanziert, um Abgaben zu senken, den Faktor Arbeit zu entlasten - noch einmal -, damit sich vor allen Dingen Arbeit lohnt, ordentliche Arbeit in Deutschland.
Müller: Sie sagen jetzt, da muss man mal sehen. Jetzt sind Sie in der Regierung und das ja schon seit längerem mit wechselnden Partnern. Warum passiert das nicht?
Heil: Noch mal: Wir haben eine ganze Menge getan, aber wir haben eine klare Prioritätenliste. Nummer eins ist dafür zu sorgen, dass der Haushalt in Ordnung kommt, damit der Staat seinen Aufgaben gerecht wird, mehr in Bildung, Forschung, Infrastruktur zu investieren. Das ist der notwendige Impuls für Zukunft. Das ist das, was wir brauchen, auch um langfristig auf einem Wachstumspfad zu bleiben.
Zweiter Punkt ist, dafür zu sorgen, dass sich Arbeit lohnt. Das betrifft vor allen Dingen die Sozialversicherungsabgaben, die Art und Weise wie wir Sozialstaat finanzieren.
Müller: Die Beiträge zu den Sozialversicherungen werden Sie in den nächsten Jahren noch weiter senken?
Heil: Das muss unser Ziel sein, aber dann muss man auch sagen, wo es her kommt. Deshalb bin ich der Meinung ist es notwendig, dass man versicherungsfremde Leistungen in den Sozialversicherungen, die man weiterhin als sozialpolitische Leistungen braucht, über Steuern finanziert und nicht über Abgaben. Das ist zum einen wirtschaftlich vernünftig, weil man den Faktor Arbeit damit nicht stärker belastet, und zum zweiten sorgt man im Übrigen auch mehr für Gerechtigkeit, weil sich damit nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Arbeitgeber daran beteiligt, sondern alle auch mit anderen Einkunftsarten. Das ist unser Vorschlag Richtung Bürgerversicherung im Bereich Gesundheit beispielsweise.
Müller: Erwin Huber sagt, in den nächsten Jahren werden die Einnahmen des Staates weiter steigen und so können wir gegenfinanzieren. Warum gehen Sie davon aus, dass das nicht der Fall ist?
Heil: Aber die Aufgaben, die die CSU dem Staat gleichzeitig aufpacken will, und wenn ich Herrn Rüttgers noch dazu sehe, dann passt das hinten und vorne nicht. Wir müssen noch mal als Staat mehr investieren in Bildung, in Forschung, in Infrastruktur, beispielsweise um sozialen Aufstieg in diesem Land zu ermöglichen, dafür zu sorgen, dass dieses Land wirtschaftlich erfolgreich bleibt. Wir müssen mehr tun im Bereich Integration. Alle miteinander sind der Meinung, wir brauchen gezielt bessere Leistungen auch für Familien, was die Kinderbetreuung anbelangt. Das ist nicht zum Nullsummenspiel zu haben. Da braucht es gezielte Investitionen. Und wir müssen an der richtigen Stelle auch kürzen. Das ist das, was wir miteinander machen in dem Dreiklang, den Haushalt in Ordnung zu bringen, in Zukunft zu investieren und dann zu schauen, was ist an Spielräumen da. Aber das was die Union im Sinne der CSU da fordert, hat mit der Realität so viel zu tun wie die Kuh mit der Strahlenforschung.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Heil: Herzlichen Dank. Tschüß!
Am Telefon begrüße ich nun SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Guten Morgen!
Heil: Schönen guten Morgen. Ich grüße Sie!
Müller: Herr Heil, viele sagen, wenn Sozialdemokraten einmal so richtig gut durchrechnen, kommen meistens Steuererhöhungen dabei heraus. Ist das diesmal auch so?
Heil: Ein gesundes Vorurteil. Sozialdemokraten haben bewiesen, dass sie mit Geld umgehen können. Peer Steinbrück ist der Finanzminister, der dafür sorgt, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt bekommen. Deshalb sage ich ganz deutlich: Das was die CSU da vorschlägt, wird nie Realität in Deutschland. Das würde die öffentlichen Haushalte beschädigen und ruinieren. Wir wollen den Haushalt in Ordnung bringen, damit wir mehr in Bildung, in Forschung, Infrastruktur investieren können, und dann kann man schauen, was möglich ist im Gesamtzusammenhang von Steuer- und Abgabensenkung, aber dann gezielt und nicht sozusagen als Wahlgeschenk vor bayerischen Landtagswahlen.
Müller: Es gibt Wahlgeschenke, die ja durchaus, Herr Heil, in dem einen oder anderen Fall auch Sinn machen könnten. Wenn der Bürger nun demnächst etwas mehr Geld im Portemonnaie haben könnte, wäre das für alle Beteiligten ja auch nicht schlecht.
Heil: Das ist immer wünschenswert, aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Man muss dafür sorgen, dass wir erst mal von den Schulden runter kommen und jetzt nicht durch kurzfristige Löcher, die man mit Wahlgeschenken reißt, die Schulden von morgen, die Zinsen von übermorgen und die Steuererhöhungen von überübermorgen für künftige Generationen organisiert. Nein, das ist nicht seriös. Das ist selbst in der Union bekannt, dass Herr Huber und Herr Beckstein das lediglich betreiben, weil sie ein bisschen panisch geworden sind, weil die CSU in Umfragen in Bayern deutlich unter die 50 Prozent geschossen ist.
Müller: Herr Heil, wenn aber kein Geld da ist, dann braucht die SPD doch auch kein neues Steuerkonzept.
Heil: Wir sagen, in dieser Legislaturperiode werden Steuersenkungen - so wünschenswert sie sein mögen - nicht zu realisieren sein. Wir müssen langfristig sehen, wenn wir unseren Staat, die sozialen Sicherungssysteme so organisieren, dass sich vor allen Dingen Arbeit lohnt. Das ist das wichtigste, dass wir gute Arbeit haben, Arbeit, von der Menschen leben können. In diesem Gesamtzusammenhang muss man langfristig sehen, wie man den Staat stärker anders finanziert und eben auch dafür sorgt, dass Spielräume gezielt genutzt werden, um Menschen mit geringem Einkommen mehr netto zu lassen. Der Ansatz ist richtig; da geht es aber eher um Abgabensenkung. Das haben wir bereits gemacht mit der Senkung der Arbeitslosenversicherung. Und da geht es um langfristige Leitplanken, aber nicht um kurzfristige Wahlgeschenke der CSU.
Müller: Sie haben ja auch die Mehrwertsteuer erhöht; Sie haben auch die Pflegeversicherung teurer gemacht. Es ist also noch weniger als ein Nullsummenspiel, was da übrig bleibt.
Heil: Das ist was die Sozialversicherungsbeiträge betrifft nicht richtig. Ich will daran erinnern, dass es die SPD-geführte Bundesregierung war, die den Grundfreibetrag erhöht hat, den Eingangssteuersatz gesenkt hat mit dem Ergebnis, dass Geringverdiener in Deutschland heute keinen Cent Steuern mehr zahlen. Die haben eher ein Problem mit Sozialversicherungsabgaben. Da haben wir was getan, was die Arbeitslosenversicherungsbeiträge betrifft, und da muss man aus meiner Sicht langfristig sehen, dass man stärker auch soziale Sicherung über Steuern finanziert, um Abgaben zu senken, den Faktor Arbeit zu entlasten - noch einmal -, damit sich vor allen Dingen Arbeit lohnt, ordentliche Arbeit in Deutschland.
Müller: Sie sagen jetzt, da muss man mal sehen. Jetzt sind Sie in der Regierung und das ja schon seit längerem mit wechselnden Partnern. Warum passiert das nicht?
Heil: Noch mal: Wir haben eine ganze Menge getan, aber wir haben eine klare Prioritätenliste. Nummer eins ist dafür zu sorgen, dass der Haushalt in Ordnung kommt, damit der Staat seinen Aufgaben gerecht wird, mehr in Bildung, Forschung, Infrastruktur zu investieren. Das ist der notwendige Impuls für Zukunft. Das ist das, was wir brauchen, auch um langfristig auf einem Wachstumspfad zu bleiben.
Zweiter Punkt ist, dafür zu sorgen, dass sich Arbeit lohnt. Das betrifft vor allen Dingen die Sozialversicherungsabgaben, die Art und Weise wie wir Sozialstaat finanzieren.
Müller: Die Beiträge zu den Sozialversicherungen werden Sie in den nächsten Jahren noch weiter senken?
Heil: Das muss unser Ziel sein, aber dann muss man auch sagen, wo es her kommt. Deshalb bin ich der Meinung ist es notwendig, dass man versicherungsfremde Leistungen in den Sozialversicherungen, die man weiterhin als sozialpolitische Leistungen braucht, über Steuern finanziert und nicht über Abgaben. Das ist zum einen wirtschaftlich vernünftig, weil man den Faktor Arbeit damit nicht stärker belastet, und zum zweiten sorgt man im Übrigen auch mehr für Gerechtigkeit, weil sich damit nicht nur Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der Arbeitgeber daran beteiligt, sondern alle auch mit anderen Einkunftsarten. Das ist unser Vorschlag Richtung Bürgerversicherung im Bereich Gesundheit beispielsweise.
Müller: Erwin Huber sagt, in den nächsten Jahren werden die Einnahmen des Staates weiter steigen und so können wir gegenfinanzieren. Warum gehen Sie davon aus, dass das nicht der Fall ist?
Heil: Aber die Aufgaben, die die CSU dem Staat gleichzeitig aufpacken will, und wenn ich Herrn Rüttgers noch dazu sehe, dann passt das hinten und vorne nicht. Wir müssen noch mal als Staat mehr investieren in Bildung, in Forschung, in Infrastruktur, beispielsweise um sozialen Aufstieg in diesem Land zu ermöglichen, dafür zu sorgen, dass dieses Land wirtschaftlich erfolgreich bleibt. Wir müssen mehr tun im Bereich Integration. Alle miteinander sind der Meinung, wir brauchen gezielt bessere Leistungen auch für Familien, was die Kinderbetreuung anbelangt. Das ist nicht zum Nullsummenspiel zu haben. Da braucht es gezielte Investitionen. Und wir müssen an der richtigen Stelle auch kürzen. Das ist das, was wir miteinander machen in dem Dreiklang, den Haushalt in Ordnung zu bringen, in Zukunft zu investieren und dann zu schauen, was ist an Spielräumen da. Aber das was die Union im Sinne der CSU da fordert, hat mit der Realität so viel zu tun wie die Kuh mit der Strahlenforschung.
Müller: Bei uns im Deutschlandfunk SPD-Generalsekretär Hubertus Heil. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Heil: Herzlichen Dank. Tschüß!