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IAEO will Inspektionen im Iran fortsetzen

Vor dem zweiten Tag der Sondersitzung des IAEO-Gouverneursrates hat die Sprecherin der Atomenergiebehörde, Melissa Fleming, eine Fortsetzung der Atom-Inspektionen im Iran gefordert. Der Iran drohe dagegen, die Arbeit der Inspektoren stark einzuschränken. Das Land könne jedoch seine Unschuld nur beweisen, indem es bessere Kontrollen ermögliche.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Die Internationale Atomenergie-Behörde, IAEO, ist eine Organisation der Vereinten Nationen; sie hat ihren Sitz Wien. Aufgabe dieser Behörde ist es, zu überwachen, ob sich die Mitgliedsstaaten an den Atomwaffensperrvertrag halten. Heute könnte die Runde mehrheitlich zur Auffassung gelangen, dass der Iran sich nicht an den Vertrag hält, und deswegen den UN-Sicherheitsrat einschalten. Allem Anschein nach ist eine Mehrheit dafür sicher. Auch Russland hat ja schon Anfang der Woche in London prinzipiell zugestimmt, das Thema in New York behandeln zu lassen. Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergie-Organisation wird heute Nachmittag seine Debatte wieder aufnehmen. Es wird davon ausgegangen, dass es heute zu einer Entscheidung kommt. In Wien begrüße ich die Sprecherin der IAEO, Melissa Fleming. Wie weit sind die Beratungen für eine Resolution zum Thema Iran?

    Melissa Fleming: Das ist noch unklar, weil es so früh am Morgen ist. Ich glaube, bis in die Nacht haben sie verhandelt, auch untereinander. Es sind natürlich sehr viele Länder dabei, die eingebracht werden müssten, wenn es zu einem Konsens kommen sollte – muss aber nicht. Das kann eine Abstimmung geben mit einfacher Mehrheit, aber natürlich die Länder, die diese Resolution haben wollen, wollen so viele Länder dabei haben wie möglich.

    Meurer: Wie groß ist das Interesse also auch der IAEO, dass möglichst viele der 35 Gouverneure zustimmen?

    Fleming: Unser Interesse ist, dass wir unsere Inspektionen weiter machen können, in der Intensität und vielleicht noch stärker wie bis jetzt. Und dass es eine friedliche Verhandlungsbasis gibt für eine Lösung.

    Meurer: Nun droht der Iran, Frau Fleming, ja gerade damit, dass die Inspektionen nicht mehr toleriert würden, wenn das Thema an den UNO-Sicherheitsrat gegeben wird. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihre Inspekteure abziehen müssen?

    Fleming: Abziehen, glaube ich nicht. Damit drohen sie nicht. Sie drohen damit – wie Ihr Korrespondent berichtet hat -, die Inspektionen stark einzuschränken, indem sie das so genannte Zusatzprotokoll nicht mehr implementieren. Das heißt unsere Inspektoren würden viel weniger Zugang haben, viel weniger Recht auf investigatives Arbeiten haben. Wir hoffen, sie machen diesen Schritt nicht. Zum einen, weil es für Iran auch nicht gut wäre. Also es könnten alle möglichen Vorwürfe geben gegen Iran und die Inspektoren wären nicht da, um das gegenteilig zu erklären.

    Meurer: Wie zufrieden waren Sie denn bisher mit den Zugangsmöglichkeiten, die den Inspekteuren im Iran eingeräumt wurden?

    Fleming: Also Iran hat immer alles gemacht, was sie rechtlich machen müssten. Darüber hinaus haben sie uns Zutritt gegeben zu militärischen Anlangen, zu Informationen, wo sie nicht die legale Verpflichtung hatten. Also insofern waren wir zufrieden. Wir haben gedacht, aber das war teilweise viel zu langweilig zum einen – zu langsam, Entschuldigung, nicht langweilig. Und zum anderen, weil Iran ein Interesse hat, aufzuklären. Sie sagen, sie sind unschuldig. Sie sagen, sie haben ihr Atomprogramm jetzt nur, dient nur zur friedlichen Nutzung. Wir sagen: Dann beweis es uns. Und wenn sie das machen wollen, müssen sie die Türen noch weiter aufmachen.

    Meurer: Gibt es Regelverstöße, Vertragsbrüche des Iran gegen den Atomwaffensperrvertrag?

    Fleming: Das ist nicht für uns, als Sekretariat, zu beurteilen. Die Mitgliedsländer haben allerdings so ein Urteil abgegeben letzten September, dass sie in der Vergangenheit solche Verstöße gemacht hatten.

    Meurer: Worin bestehen die Verstöße nach Ansicht der Mitgliedsländer?

    Fleming: 18 Jahre lang hat der Iran geheime Atomaktivitäten durchgeführt. Sie haben ein Atomanreicherungsprogramm aufgebaut – allerdings nicht in einem industriellen Maß, es war nur der Anfang. Sie haben Experimente durchgeführt, die sie uns hätten berichten sollen. Es gibt ganz strikte Regelungen, Verpflichtungen von einem Land, ein Atomsperrvertrag-Land: Sie müssen alles berichten, was mit Atomaktivitäten zu tun hat. Teilweise haben sie das nicht gemacht.

    Meurer: Dürfen die Iraner Uran anreichern?

    Fleming: Sie haben das Recht – wie jedes andere Land, das den Atomsperrvertrag unterschrieben hat -, Uran anzureichern. Was die internationale Gemeinschaft sagt im Fall vom Iran, ist, dass weil Iran verstoßen hat, weil Iran noch unter Verdacht ist und noch untersucht wird von unserer Organisation, sollen sie diese ganz besonders empfindliche Technologie nicht besitzen. Unser Generaldirektor ElBaradei sagt: Eigentlich sollte es kein Land mehr besitzen. Wenn man so eine Uranfabrik hat, hat man die Möglichkeit, entweder Brennstäbe zu produzieren für Atomkraftwerke oder die Zentrifugen noch ein bisschen schneller gehen zu lassen und hoch angereichertes Uran zu machen. Das gibt einem Land fast die Möglichkeit – wenn das Land ausbrechen will aus dem System -, sehr nah an einer Atomwaffe zu sein.

    Meurer: Dann kurz die Frage: Ist der Vorschlag Russlands, auf seinem Gebiet Uran anzureichern für iranische Atomkraftwerke, also nicht im Sinne der IAEO?

    Fleming: Im Gegenteil. Das ist ganz im Sinne unserer Philosophie. Aber das sollte ein so genanntes Joint Venture sein. Also das nimmt – natürlich, Russland ist ein Land, was schon über diese Technologie verfügt -, das nimmt diese empfindliche Teil und die Gefahr, dass Iran das zu militärischen Zwecken benutzen könnten, ganz und gar aus dem Land heraus.