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"Ich bin sehr optimistisch, dass es gelingen wird"

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Peter Altmeier, ist überzeugt, dass es im Bundesrat eine Mehrheit für das umstrittene Wachstumsgesetz geben wird. "Deals" mit ablehnenden Ländern werde es nicht geben: Es gehe um die gesamtstaatliche Verantwortung.

    Christoph Heinemann: Am Telefon ist Peter Altmaier, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion. Guten Morgen.

    Peter Altmaier: Guten Morgen, Herr Heinemann.

    Heinemann: Herr Altmaier, der Titel eines nach wie vor häufig gekauften Buches lautet, "Wer bin ich und wenn ja, wie viele". Wie beantworten Sie diese Frage mit Blick auf die schwarz-gelbe Koalition?

    Altmaier: Die schwarz-gelbe Koalition besteht aus drei Parteien, aber sie hat ein gemeinsames Ziel und ein gemeinsames Projekt, und das Besteht darin, dieses Land aus der Wirtschaftskrise zu führen und den Aufschwung möglichst zu unterstützen und in Gang zu setzen.

    Heinemann: Die Regierungsarbeit könnte man bisher mit den Begriffen Hü und Hott zusammenfassen. Wird das so bleiben?

    Altmaier: Ich glaube nicht. Wir haben zum einen bei jeder Regierung, die neu an den Start geht, das Problem, dass sich die Partner finden müssen. Zum anderen befinden wir uns nach wie vor in einer ausgesprochen schwierigen Lage mit sehr geringen staatlichen Handlungsspielräumen. Vor diesem Hintergrund war es bemerkenswert, dass es der Koalition gelungen ist, das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ohne größere Änderungen im Bundestag sehr geschlossen zu verabschieden. Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU hat sich als Stabilitätsanker erwiesen – nicht nur für die Bundesregierung, sondern auch für die Handlungsfähigkeit des Parlamentes insgesamt -, und ich bin sehr optimistisch, dass es gelingen wird, dieses Gesetz in der nächsten Woche auch im Bundesrat mit einer Mehrheit zu verabschieden.

    Heinemann: Was befeuert da Ihren Optimismus?

    Altmaier: Weil sich alle in der Koalition des Ernstes der Lage bewusst sind, und zwar deshalb, weil wir gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, auch gegenüber dem Mittelstand und der Industrie ein klares Signal setzen müssen, dass die Politik ein verlässlicher Partner ist. Deshalb haben wir Entlastungen für Familien mit Kindern vorgesehen, deshalb haben wir Korrekturen an der Unternehmens- und Erbschaftssteuer vorgesehen. Ich habe aus vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen den Eindruck, dass alle wissen, es geht eben nicht um partikulare Interessen, sondern es geht um eine gesamtstaatliche Verantwortung.

    Heinemann: Ihr Parteifreund Peter Harry Carstensen, Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, hält die finanziellen Folgen der Steuersenkungen für nicht tragbar. Die Kollegen Tillich (Sachsen) und Müller (Saarland) sehen das ähnlich. Die Kanzlerin benötigt aber deren Stimmen im Bundesrat. Was nun?

    Altmaier: Sie wissen, Herr Heinemann, aus eigener Erfahrung, dass bei jedem wichtigen Gesetzgebungsvorhaben es Diskussionen gibt zwischen Bundesregierung und Bundestag auf der einen und Bundesrat auf der anderen Seite. Es wäre also eine große Überraschung, wenn es diesmal anders gekommen wäre. Man muss auch sehen, dass sich einzelne Länder Sorgen machen im Hinblick auf die Gesamtbelastungen, die auf sie möglicherweise durch die Wirtschaftskrise, durch die ins Auge gefassten Maßnahmen zukommen, und deshalb war es ein ganz wichtiges Element, dass sowohl die Bundeskanzlerin als auch der Finanzminister schon vor einigen Wochen erklärt haben, dass man nach der Steuerschätzung im Mai sich noch einmal zusammensetzen muss, um den Spielraum für die dann vorgesehenen weiteren Schritte etwa im Bereich der Steuerentlastung zu überprüfen. Das ist ein Prozess, an dem auch die Bundesländer ein großes Interesse haben, und im Übrigen bin ich optimistisch, dass es gelingen wird, mit Peter Harry Carstensen, mit den übrigen Bundesländern einen vernünftigen Weg zu finden, wobei klar ist, dass wir anders als der frühere Bundeskanzler Schröder nicht einzelne Länder herauskaufen werden. Es wird also keine Deals geben, sondern es kann nur so sein, dass es Gespräche gibt über die gesamtstaatliche Verantwortung, und dazu gehört halt eben dann auch das gemeinsame Interesse, dass beispielsweise die Schuldenbremse, die im Grundgesetz seit einigen Monaten vorgesehen ist, von allen Beteiligten eingehalten werden muss.

    Heinemann: Diese Gespräche sind doch längst erfolglos geführt worden.

    Altmaier: Nein. Sie werden sehen, dass wir in der nächsten Woche im Rahmen der Vorbereitung der dann anstehenden Bundesratssitzung uns noch einmal intensiv mit allen Beteiligten austauschen werden, und ich bin sehr optimistisch, dass wir am 18. Dezember dieses Gesetz mit Mehrheit im Bundesrat verabschieden.

    Heinemann: Herr Altmaier, Horst Seehofer schließt aus, dass sein Parteifreund Karl-Theodor zu Guttenberg weiteren Soldaten den Marschbefehl Richtung Afghanistan erteilt. Er nörgelt am Länderfinanzausgleich herum und hält nichts von den Plänen des FDP-Gesundheitsministers Rösler zur Reform der Gesundheitsreform. Wer bändigt die Bayern?

    Altmaier: Die CSU war immer eine eigensinnige Partei und das wird sie auch für absehbare Zeit bleiben. Für mich ist es wichtig, dass die Koalitionsvereinbarung und dass die gemeinsamen Absprachen von allen Beteiligten eingehalten werden, und dazu gehört beispielsweise, dass wir in der Frage des Afghanistan-Einsatzes als Bundesregierung den Standpunkt haben, dass wir zunächst einmal abwarten wollen, wie die internationale Afghanistan-Konferenz ausgeht, denn das ist die Voraussetzung dafür, dass wir die Strategien für die nächsten Monate und Jahre kennen und wissen, inwieweit auch eine Exit-Strategie möglich erscheint, und vorher kann es in dieser Frage keine Festlegungen geben.

    Heinemann: Und wer bändigt die Bayern?

    Altmaier: Die Bayern waren in der Vergangenheit immer ein belebender Faktor in dieser Koalition und das wird vermutlich auch auf absehbare Zeit so bleiben.

    Heinemann: "Wir können nicht begründen, was wir mit der Regierung möchten", hat ein CDU-Minister, wohl gemerkt ein CDU-Minister, der "Süddeutschen Zeitung" anvertraut. Wer wäre denn in der Lage, diese Sinnfrage zu beantworten?

    Altmaier: Na ja, das war ja ein Zitat ohne Namensnennung, wenn ich das richtig überblickt habe.

    Heinemann: Richtig!

    Altmaier: Insofern wissen Sie als Journalist auch, dass das nur die Hälfte wert ist.

    Heinemann: Wieso das denn?

    Altmaier: Ich habe den Eindruck, dass diese Bundesregierung, die ja im Übrigen über ein klares Mandat vom Wähler verfügt, sich sehr deutlich positioniert hat, indem sie gesagt hat, wir wollen erstens dazu beitragen, dass wir die Wirtschaftskrise sehr schnell überwinden, wir wollen aber zweitens auch in bestimmten Politikbereichen klare Akzente setzen. Da gehört die Umweltpolitik dazu; im Augenblick läuft der internationale Umweltgipfel in Kopenhagen. Dazu gehört die Bildungspolitik; wir werden noch vor Weihnachten einen Bildungsgipfel haben mit den Ministerpräsidenten und ich bin überzeugt, dass wir auch dort weitere Schritte nach vorne machen können. Das heißt, es wird in dem Maße, in dem der Koalitionsvertrag umgesetzt wird, dann auch klar werden, dass für diese Bundesregierung Sparen nicht Gesetz ist, sondern dass wir parallel einerseits die Wirtschaftskrise überwinden wollen, andererseits aber auch in wichtigen Politikbereichen Akzente setzen wollen. Dies wird sich im Laufe der ersten drei Monate des nächsten Jahres ganz eindeutig zeigen. Ich bin überzeugt, dass dann auch die Stimmung besser wird.

    Heinemann: Stichwort Sparen. Der Bund will im kommenden Jahr 100 Milliarden Euro neue Schulden machen, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble allein für den Bundeshaushalt 2010 zusätzliche Kredite von 86 Milliarden aufnehmen. Aus der FDP wurden Forderungen laut, die Nettokreditaufnahme im kommenden Jahr auf 80 Milliarden Euro zu drücken. Reift da der nächste Zankapfel?

    Altmaier: Das glaube ich nicht. Der Vorschlag von Wolfgang Schäuble beruht ja auf der bisherigen Veranschlagung durch die Große Koalition, das heißt durch die vorige Bundesregierung, und ist insofern auch ein Zeichen von Berechenbarkeit und Verlässlichkeit. Natürlich ist auch die CDU wie alle anderen Koalitionspartner auch an einer Begrenzung der Schuldenaufnahme interessiert. Wenn die FDP der Auffassung ist, wir können weniger Schulden machen, dann ist sie allerdings auch gefragt, entsprechende Vorschläge für Einsparungen auf den Tisch zu legen, und die müssen dann im Rahmen der Haushaltsberatungen diskutiert werden.

    Heinemann: Peter Altmaier, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Altmaier: Ich danke Ihnen.