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Immer mehr männliche CDU-Abgeordnete fordern eine Frauenquote

Zu wenig Frauen in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft - und das nach über zehn Jahren Selbstverpflichtung der Unternehmen. Zwei Prozent Frauenanteil bei den börsennotierten Unternehmen, das findet der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak beschämend. Deshalb müssten jetzt gesetzliche Vorgaben her.

Tobias Armbrüster spricht mit Jan-Marco Luczak | 26.03.2012
    Tobias Armbrüster: Brauchen Deutschlands Unternehmen eine gesetzliche Frauenquote? Das Thema hat am Wochenende wieder an Fahrt gewonnen. Die EU-Kommissarin Viviane Reding hat in einem Interview gesagt, deutsche Firmen könnten ohne Quote schon bald ins Hintertreffen geraten. In anderen Ländern könnten sie beispielsweise von Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

    Das Thema ist vor allem in der schwarz-gelben Koalition umstritten. Die zuständige Ministerin Kristina Schröder von der CDU ist strikt gegen eine gesetzliche Quote. Es gibt allerdings zahlreiche CDU-Abgeordnete, die sich mehr oder weniger offen für eine fixe Quote einsetzen. Darunter sind auch immer mehr Männer. Einer von ihnen ist der Berliner Abgeordnete Jan-Marco Luczak, er zählt mit zu den Unterstützern der sogenannten Berliner Erklärung. Diese Erklärung fordert unter anderem eine Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten. Schönen guten Morgen, Herr Luczak.

    Jan-Marco Luczak: Schönen guten Morgen, Herr Armbrüster!

    Armbrüster: Herr Luczak, ist das jetzt ein Alarmsignal für die Quotengegner in Ihrer Partei, dass sich jetzt auch die CDU-Männer für die Frauenquote stark machen?

    Luczak: Ich weiß nicht, ob es ein Alarmsignal ist, aber man muss zumindest festhalten, dass der Druck hier doch erheblich wächst, mittlerweile. Das liegt einfach daran, dass wir natürlich auch die Entwicklungen in den Unternehmen uns ansehen müssen. Wir setzen seit über zehn Jahren auf freiwillige Verpflichtungen der Wirtschaft, seit 2001 gab es ja die ersten Gespräche an der Stelle. Wenn man sich jetzt mal die Entwicklung anschaut, was ist da passiert in den letzten Jahren, wird man feststellen, das ist leider nicht allzu viel, und wenn man zu dieser Erkenntnis kommt, dann muss man sich fragen, ist es jetzt nicht langsam Zeit, dass der Gesetzgeber hier auch mit schärferen Mitteln, sprich auch mit einer gesetzlichen Vorgabe vorgeht.

    Armbrüster: Das sind alles Argumente, Herr Luczak, die wir bisher vor allem von Frauen gehört haben. Wie viel Unterstützung kommt denn für solche Positionen von den Männern an der Spitze der CDU?

    Luczak: Nach meiner Wahrnehmung ist es eigentlich gar nicht so ein Thema, was sich zwischen Männern und Frauen abspielt. Ich gehöre ja nun zu den Unterstützern der Berliner Erklärung, viele andere Kollegen auch von mir – Sie haben ja auch schon einige genannt – haben die Berliner Erklärung unterstützt. Wenn ich so in Gesprächen mit Kollegen bin merke ich, dass da eigentlich viel mehr Verständnis auch in den letzten Jahren für die Positionen da ist. Also da ist einiges an Dynamik drin, ich kann das nicht genau quantifizieren, aber es ist bei Weitem nicht so, dass das nur Frauen sind, die dieses Thema bewegt und die dieses Thema unterstützen.

    Armbrüster: Ihre Parteikollegin Kristina Schröder ist bislang strikt gegen eine feste Frauenquote. Hat sie den Zug verpasst?

    Luczak: Nein. Ich glaube, Kristina Schröder ist natürlich in einer schwierigen Situation. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir einen Stufenplan vornehmen wollen, weil wir alle miteinander das Problem identifiziert haben, dass in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft es zu wenige Frauen gibt. Das ist ja, wenn man sich das mal im internationalen Vergleich auch anschaut, wirklich, man muss schon fast sagen, beschämend. Wenn man mal die börsennotierten Unternehmen sich anschaut, da haben wir einen Frauenanteil von zwei Prozent. Da liegen wir auf einer Ebene mit Indien, und das ist nun bestimmt kein Maßstab, dem wir uns anschließen sollten. Deswegen haben wir miteinander gesagt, da muss sich was ändern, da muss etwas passieren, und Kristina Schröder hat nun mit ihrer Flexi-Quote hier einen Vorschlag gemacht.

    Armbrüster: ... , aber sie will sich ja deutlich mehr Zeit lassen damit!

    Luczak: Die Frage, wenn man bestimmte gesetzliche Vorgaben macht, wann die einzuhalten sind, auch für welche Unternehmen diese Quote dann gelten soll, darüber kann man ja diskutieren. Nur am Anfang muss natürlich die Erkenntnis stehen, dass die freiwilligen Selbstverpflichtungen, die wir in der Vergangenheit immer zugrunde gelegt haben und die wir als Maßstab angesehen haben, dass die nicht funktionieren. Und wenn wir das feststellen, dann muss der Gesetzgeber auch handeln. Ich glaube, hier ist er auch in der Pflicht. Nicht zuletzt auch war das für uns ein verfassungsrechtliches Gebot, zu handeln und für Gleichberechtigung zu sorgen.

    Armbrüster: Aber dann können wir doch hier heute Morgen im Deutschlandfunk festhalten, dass aus Ihrer Sicht Frau Schröder falsch liegt?

    Luczak: Ich glaube, sie ist da in einer wirklich schwierigen Position, weil sie natürlich die unterschiedlichen Auffassungen sieht, die es gibt, nicht nur bei uns in unserer Fraktion, sondern auch vor allen Dingen im Vergleich zu unserem Koalitionspartner. Das ist nicht einfach. Sie setzt das um, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, und versucht, dieses umzusetzen. Darüber diskutieren wir jetzt im Moment und sie hat da einen Vorschlag gemacht. Da kann man im Detail jetzt wirklich drüber streiten, ob das der Weisheit letzter Schluss jetzt ist.

    Armbrüster: Das heißt, dann ist nicht Kristina Schröder Schuld, sondern die FDP, weil die blockiert?

    Luczak: Ach wissen Sie, es nutzt ja wenig, jetzt die Schuld immer auf den jeweils anderen zu schieben. Ich bin selber ja kein großer Befürworter von Quoten an dieser Stelle, sondern ich finde natürlich es immer richtiger, wenn die Einsicht reift, dass hier etwas passieren muss, und man dann freiwillig zu solchen Schritten auch kommt. Wenn man feststellt, die Freiwilligkeit bringt nichts, und zwar über einen längeren Zeitraum, dann muss man auch zu gesetzlichen Schritten kommen.

    Armbrüster: Was ist denn dann Ihr Plan? Wie wollen Sie die Quote noch durchsetzen?

    Luczak: Ich bin sehr froh, dass das jetzt wieder an Dynamik gewonnen hat, dass auch ein bisschen mehr Öffentlichkeit da ist, dass ein bisschen mehr Druck auch entsteht. Ich habe den Eindruck, dass bei vielen, die diesem Thema bislang eher ablehnend gegenübergestanden haben, dass die sich stärker mit dieser Thematik auseinandersetzen, dass da viel Einsicht auch reift, und ich bin da guten Mutes, dass die Gespräche auch weitergeführt werden, und dann muss man gucken, was im Laufe dieses Jahres passiert.

    Armbrüster: Glauben Sie, haben Sie die Bundeskanzlerin auf Ihrer Seite?

    Luczak: Das kann ich nicht abschließend beurteilen. Ich glaube, Frau Merkel ist diesem Thema auch durchaus offen gegenüberstehend. Sie sieht auch, dass das im internationalen Vergleich in Deutschland nicht hinreichend ist, was hier an Beteiligung von Frauen in Vorständen und in Aufsichtsräten besteht, und das ist bei Leibe auch ein Thema, was von wirtschaftlicher Relevanz ja auch ist. Es gibt ganz viele Studien, die zu sehr klaren Ergebnissen da kommen. Gemischte Teams, wo Männer und Frauen miteinander arbeiten, bringen wirtschaftlich bessere Entscheidungen hervor, weil man einfach einen differenzierten Blick auf bestimmte Fragestellungen hat, weil man anders analysiert, weil man eine andere Herangehensweise hat, und dann bringt man auch ausgewogenere Entscheidungen. Deswegen hat das Thema insgesamt eine große Relevanz und das wird, glaube ich, von der Bundeskanzlerin auch so gesehen.

    Armbrüster: Immer mehr männliche Abgeordnete in der CDU fordern eine Frauenquote. Wir haben mit einem von ihnen gesprochen, mit dem Berliner Abgeordneten Jan-Marco Luczak. Vielen Dank, Herr Luczak, für das Gespräch.

    Luczak: Sehr gerne! Vielen Dank.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.