Vormittags kehrt Sihem Bensedrine aus dem Exil ins Land zurück. Nachmittags ergreift der Diktator die Flucht.
"Ich habe das Risiko auf mich genommen, denn ich fühlte, die Revolution ist da. Es war der schönste Tag meines Lebens."
Der 14. Januar 2011. An diesem Tag stürzte das Regime Ben Alis. 23 Jahre hatte er ohne Unterlass über die Tunesier geherrscht. Die Medien des Landes galten als "bestbewachter Friedhof der Welt." Als Sihem Bensedrine und andere Menschenrechtsaktivisten durch ihre Kontakte nach Brüssel 2009 Ben Alis Plan vereitelten, den Status der privilegierten Partnerschaft mit der EU zu erhalten, ließ der Despot in den staatseigenen Radios, Fernsehkanälen und Zeitungen verkünden, Bensedrine sei eine Landesverräterin und stünde im Übrigen auf den Todeslisten der radikalislamischen Hamas.
"Und wenn man mich eines Tages tot fände, dann hätte mich die Hamas liquidiert. Denn ich wäre eine Spionin des israelischen Geheimdienstes Mossad. Das hat er sich ausgedacht. Bei der Hamas kennt niemand auch nur meinen Namen. Nein, es war eine Lüge, um mich beiseite schaffen zu können."
Am 14. Januar wurde Ben Ali vom Volk gestürzt. Die tunesische Revolution war der Auslöser einer Kettenreaktion die bislang drei weitere arabische Despoten hinwegfegte. Und das Medium, das in den Tagen des Umsturzes alle Tunesier miteinander und mit der Welt verband, war Al Dschasira, hat die 61-jährige Journalistin beobachtet. Der arabische Fernsehsender aus Katar. Dabei hatte Al Dschasira damals nicht einmal ein Büro in Tunesien.
"Die moderne Kommunikationstechnologie, Facebook, Twitter, die Webradios, mobile Telefonie - Al Dschasira hat sich dieser Technik bedient. Sie sendeten Videos, die sie auf Facebook fanden, riefen ganz normale Leute auf ihren Handys an und fragten, was los ist. Und dann den Justizminister. Der sagte: Nichts ist los. Wir haben die Sache im Griff. Aber Al Dschasira zeigte, was sich wirklich unten auf den Straßen abspielte."
Nun bereitet sich Tunesien auf den 23. Oktober vor, auf die ersten freien Wahlen. Rund 100 Parteien treten an. Die Kandidatenlisten aller Parteien - so will es ein neues Gesetz - müssen paritätisch mit Männern und Frauen besetzt sein. Auch die religiösen Parteien stimmten diesem Entwurf zu. Bensedrines Organisation "Conseil National" beobachtet Wahlkampf und Urnengang.
"Ich erwarte, dass die Wahlen transparent, frei und ehrlich ablaufen. Wenn uns das gelingt, ganz gleich, wer letztendlich als Sieger hervorgeht, dann haben wir es geschafft. Das wäre dann der Grundstein für eine demokratische Gesellschaftsordnung Tunesiens."
Kleiner Schönheitsfehler im Vorfeld: die Pressefreiheit. Sie ist versprochen, aber erst für später. Über den Wahlkampf zur ersten freien Wahl des Landes berichten die Medien des alten Regimes. Da hat sich nichts geändert.
"Radio Kalima versucht seit dem 15. Januar, eine Lizenz zum Senden zu bekommen. Die Leute von der zuständigen Verwaltung aber erfinden immer wieder Vorwände, um uns auszubremsen. Sie gaben uns - und elf anderen Radiosendern, die um eine Frequenz nachsuchten - ein Papier mit einer Absichtserklärung. Wir werden also senden dürfen, aber wann? Bis heute jedenfalls können wir's nicht. Und die elf anderen Redaktionen ebenfalls nicht. Immerhin, das Netz ist jetzt frei. Und dort gibt es uns. Aber der Plan der Verwaltung ist klar: Sie wollen nicht, dass unabhängige Medien vom Wahlkampf berichten."
Sihem Bensedrine ist trotzdem glücklich, allein schon weil sie das erste Mal, seit sie denken kann, nicht weiß, wie die nächste Wahl in Tunesien ausgehen wird.
"Ich habe das Risiko auf mich genommen, denn ich fühlte, die Revolution ist da. Es war der schönste Tag meines Lebens."
Der 14. Januar 2011. An diesem Tag stürzte das Regime Ben Alis. 23 Jahre hatte er ohne Unterlass über die Tunesier geherrscht. Die Medien des Landes galten als "bestbewachter Friedhof der Welt." Als Sihem Bensedrine und andere Menschenrechtsaktivisten durch ihre Kontakte nach Brüssel 2009 Ben Alis Plan vereitelten, den Status der privilegierten Partnerschaft mit der EU zu erhalten, ließ der Despot in den staatseigenen Radios, Fernsehkanälen und Zeitungen verkünden, Bensedrine sei eine Landesverräterin und stünde im Übrigen auf den Todeslisten der radikalislamischen Hamas.
"Und wenn man mich eines Tages tot fände, dann hätte mich die Hamas liquidiert. Denn ich wäre eine Spionin des israelischen Geheimdienstes Mossad. Das hat er sich ausgedacht. Bei der Hamas kennt niemand auch nur meinen Namen. Nein, es war eine Lüge, um mich beiseite schaffen zu können."
Am 14. Januar wurde Ben Ali vom Volk gestürzt. Die tunesische Revolution war der Auslöser einer Kettenreaktion die bislang drei weitere arabische Despoten hinwegfegte. Und das Medium, das in den Tagen des Umsturzes alle Tunesier miteinander und mit der Welt verband, war Al Dschasira, hat die 61-jährige Journalistin beobachtet. Der arabische Fernsehsender aus Katar. Dabei hatte Al Dschasira damals nicht einmal ein Büro in Tunesien.
"Die moderne Kommunikationstechnologie, Facebook, Twitter, die Webradios, mobile Telefonie - Al Dschasira hat sich dieser Technik bedient. Sie sendeten Videos, die sie auf Facebook fanden, riefen ganz normale Leute auf ihren Handys an und fragten, was los ist. Und dann den Justizminister. Der sagte: Nichts ist los. Wir haben die Sache im Griff. Aber Al Dschasira zeigte, was sich wirklich unten auf den Straßen abspielte."
Nun bereitet sich Tunesien auf den 23. Oktober vor, auf die ersten freien Wahlen. Rund 100 Parteien treten an. Die Kandidatenlisten aller Parteien - so will es ein neues Gesetz - müssen paritätisch mit Männern und Frauen besetzt sein. Auch die religiösen Parteien stimmten diesem Entwurf zu. Bensedrines Organisation "Conseil National" beobachtet Wahlkampf und Urnengang.
"Ich erwarte, dass die Wahlen transparent, frei und ehrlich ablaufen. Wenn uns das gelingt, ganz gleich, wer letztendlich als Sieger hervorgeht, dann haben wir es geschafft. Das wäre dann der Grundstein für eine demokratische Gesellschaftsordnung Tunesiens."
Kleiner Schönheitsfehler im Vorfeld: die Pressefreiheit. Sie ist versprochen, aber erst für später. Über den Wahlkampf zur ersten freien Wahl des Landes berichten die Medien des alten Regimes. Da hat sich nichts geändert.
"Radio Kalima versucht seit dem 15. Januar, eine Lizenz zum Senden zu bekommen. Die Leute von der zuständigen Verwaltung aber erfinden immer wieder Vorwände, um uns auszubremsen. Sie gaben uns - und elf anderen Radiosendern, die um eine Frequenz nachsuchten - ein Papier mit einer Absichtserklärung. Wir werden also senden dürfen, aber wann? Bis heute jedenfalls können wir's nicht. Und die elf anderen Redaktionen ebenfalls nicht. Immerhin, das Netz ist jetzt frei. Und dort gibt es uns. Aber der Plan der Verwaltung ist klar: Sie wollen nicht, dass unabhängige Medien vom Wahlkampf berichten."
Sihem Bensedrine ist trotzdem glücklich, allein schon weil sie das erste Mal, seit sie denken kann, nicht weiß, wie die nächste Wahl in Tunesien ausgehen wird.