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Impfpflicht in Unternehmen
Deutschen Firmen fehlt die gesetzliche Grundlage

Google, Facebook, Großbanken - in den USA haben Unternehmen für ihre Mitarbeiter eine Impfpflicht eingeführt. Auch deutsche Firmen beschäftigen sich zumindest mit dem Thema - wie einige bekannte Konzernnamen zeigen. Vorerst wird es wohl nur freiwillige Regelungen geben können.

Von Brigitte Scholtes | 26.08.2021
Eines der Impfzentren Sachsens befindet sich auf dem Neuen Messegelände Leipzig in der Messehalle 5. Schon von weitem werden die Ankommenden mehrfach unter anderem mit der Leuchtschrift "Impfen" auf die Parkplätze neben dem Impfzentrum hingewiesen.
Über eine Impfpflicht wird auch in Unternehmen diskutiert (picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Volkmar Heinz)
Anders als in Deutschland haben einige ausländische Unternehmen eine Impfpflicht für ihre Mitarbeiter eingeführt: Google und Facebook sind vorangeprescht. Andere Konzerne in den USA haben inzwischen nachgezogen, darunter etwa auch einige Großbanken. Das können deutsche Firmen nicht tun – denn in Deutschland gibt es keine gesetzliche Impfpflicht gegen Covid-19.
Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery Vorstandsvorsitzender des Weltaerztebundes in einer Talkshow.
Montgomery kritisiert Merkels Nein zu Corona-Impfpflicht
Der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, hält das Nein von Bundeskanzlerin Merkel zu einer Corona-Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen für falsch. In Bereichen wie der Altenpflege sei die Impfquote beim Personal immer noch zu niedrig.
Doch Firmen wie zum Beispiel der Energiekonzern RWE oder der Pharmakonzern Bayer beobachten die gesundheitlichen Vorgaben in den ausländischen Märkten genau. Auch die Deutsche Lufthansa beschäftigt sich mit dieser Frage – wenn auch nur für die Crews an Bord. Eine Sprecherin begründet das gegenüber dem Deutschlandfunk mit den Einreisebestimmungen in verschiedenen Staaten.
So verlangen inzwischen Hongkong und Aserbaidschan vom fliegenden Personal einen Impfnachweis bei der Einreise. Den Nachweis eines negativen Coronatests hätten die meisten Mitarbeiter in den vergangenen Monaten vor ihren Einsätzen vorgelegt, sagt Stefan Schwerthelm, Vorstand der Flugbegleitergewerkschaft Ufo: "Denn die Bereitschaft im Personal der Testpflicht nachzukommen, war sehr, sehr groß, weil man ja als Flugbegleiter nicht sein eigenes Einsatzgebiet dann beschränken wollte. Daher wird sicherlich jetzt der erste Ansatzpunkt sein, zum Impfnachweis ebenfalls eine Freiwilligenregelung mit dem betrieblichen Partner, also der Personalvertretung, den Betriebsrat zu vereinbaren."

Die Frage des Datenschutzes

Eine der wesentlichen Schwierigkeiten für die Unternehmen in dieser Frage dürfte der Datenschutz sein. Denn der Arbeitnehmer hat ein Recht auf Geheimhaltung seiner Gesundheitsdaten. Das aber geht nicht so weit, dass etwa im medizinischen Bereich Ärztinnen und Ärzte und Pflegende Patienten gefährden könnten, weil ihr Arbeitgeber nicht überprüfen kann, ob sie gegen Covid-19 geimpft sind. So sagte die Arbeitsrechtlerin Xenia Verspohl vor wenigen Tagen in Deutschlandfunk Nova: "Es ist halt nicht ein so enormer Eingriff, wie man das beispielsweise wäre, wenn er Impfpflicht hätte. Und man muss natürlich auch bedenken, dass ohne Kenntnis vom Impfstatus seiner Mitarbeiter der Arbeitgeber auch seine Schutzpflichten überhaupt nicht umfassend erfüllen kann. Er muss ja gucken, wie schützt er seine Mitarbeiter, und das ist da ganz erforderlich zu wissen."

Worauf einige Manager hoffen

Für die Lufthansa rechnet Ufo-Vorstand Stefan Schwerthelm damit, dass in den kommenden Wochen eine Freiwiliigenvereinbarung abgeschlossen wird – denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass künftig wohl noch weitere Staaten neben Hongkong und Aserbaidschan entsprechende Impfnachweise bei der Einreise verlangen: "Nichts desto trotz ist es sicherlich das langfristige Ziel der Lufthansa wie auch anderer Arbeitgeber hier zu sagen, bei uns kannst du nur bist du nur voll einsatzfähig, wenn du geimpft bist. Aber die momentane gesetzliche, aber auch arbeitsvertragliche Ausgangssituation gibt es nicht her, dass das einfach angeordnet werden kann."
So verweisen auch andere Unternehmen wie RWE oder die Chemiekonzerne Bayer und BASF auf die Freiwilligkeit einer Corona-Schutzimpfung. Man versuche die Mitarbeiter in Deutschland zu motivieren, sich impfen zu lassen, heißt es von ihnen. Etwas anderes bleibt ihnen ohne die gesetzliche Grundlage auch nicht übrig. Nach der Bundestagswahl hofft der ein oder andere Manager aber offenbar darauf, dass eine neue Bundesregierung das Thema vielleicht wieder aufgreifen möge.