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Industrie erhält Rabatt auf Stromkosten

Die Stahl-, Chemie- Metall- und Papierindustrie erhält ab 2013 einen Rabatt auf ihre Stromrechnung. Förderungswürdig sind Unternehmen aus 13 Sektoren mit derzeit rund 830.000 Arbeitsplätzen. Damit sollen Abwanderungen insbesondere in Nicht-EU-Staaten verhindert werden. Die Kosten von rund 350 Millionen Euro sollen aus dem Energie- und Klimafonds aufgebracht werden.

Von Theo Geers | 06.12.2012
    Philipp Rösler baut möglicher Kritik schon in seiner Pressemitteilung vor. Anders als bei anderen Strompreisvergünstigungen für die Industrie werden die Kosten diesmal nicht auf die Verbraucher umgewälzt. Sie zahlen also nicht die Zeche dafür, dass Unternehmen aus der Stahl-, Chemie- Metall- und Papierindustrie ab 2013 einen Rabatt auf ihre Stromrechnung bekommen. Im ersten Jahr dürften dies nach Schätzungen 350 Millionen Euro sein. Sie sollen aus dem Energie- und Klimafonds aufgebracht werden, tatsächlich ist dieses Sondervermögen, so kritisieren es auch Umweltverbände, schon mehrfach überbucht, sodass die Gegenfinanzierung de facto noch nicht steht.

    Mit der neuen Subvention will der FDP-Wirtschaftsminister die stromintensiven Unternehmen, die dortigen Jobs und vor allem die von diesen Unternehmen ausgehenden industriellen Wertschöpfungsketten im Land halten. Förderungswürdig sind Unternehmen aus 13 Sektoren mit derzeit rund 830.000 Arbeitsplätzen. Abwanderungen aus diesen Bereichen insbesondere in Nicht-EU-Staaten sollen mit der neuen Subvention verhindert werden. Diese Abwanderungsgefahr wittert Philipp Rösler, weil ab 2013 auf diese Unternehmen höhere Stromkosten aus dem Handel mit CO2-Emissionszertifikaten zukommen. Der CO2-Zertifikatehandel ist das Wichtigste Klimaschutzinstrument der EU: Für jede Tonne C02, die in die Luft geblasen wird, muss der Emittent, also ein Unternehmen oder ein Kraftwerksbetreiber, ein Zertifikat nachweisen. Ein Großteil dieser Zertifikate wurde bisher kostenlos zugeteilt, ab 2013 werden die Zertifikate versteigert. Das verursacht die Mehrkosten, die ohne die neue Subvention auf den Industriestrompreis umgelegt würden und Unternehmen zu Standortverlagerungen verleiten könnten.

    Bei einer solchen Verlagerung gäbe es aber nur Verlierer, so das Bundeswirtschaftsministerium: Die Jobs gingen hierzulande verloren, das CO2 würde dennoch ausgestoßen, nur am neuen Standort, sprich in der Regel außerhalb der EU, für das Klima wäre nichts gewonnen. Deshalb sollen die stromintensiven Unternehmen 85 Prozent der emissionshandelsbedingten Mehrkosten zurück bekommen, Umweltverbände errechnen daraus eine Entlastung von 0,4 Cent je Kilowattstunde. Sie kritisieren die Entlastung deshalb auch scharf. Bundeswirtschaftsminister Rösler mime den Nikolaus und verteile weiter Geschenke an die deutsche Industrie, sagte Bundesgeschäftsführer des Naturschutzbundes NABU, Leif Miller. Derzeit koste ein CO2-Zertifikat an der Börse ohnehin nur sieben Euro, sodass der davon ausgehende Druck auf die Strompreise und darauf, Strom einzusparen, ohnehin gering sei. Dieser schwache Handlungsdruck zum Einsparen von Energie und CO2 sinke durch die neue Subvention noch weiter.