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Innere Uhr
Zeitlich begrenzt fressen hält dünn

Nur zehn Stunden pro Tag fressen, die übrigen 14 Stunden fasten. Diesen Rhythmus haben Forscher im Labor Mäusen aufgezwungen, bei denen die innere Uhr ausgeschaltet war. Dadurch blieben sie gesünder als eine Vergleichsgruppe, die rund um die Uhr futtern durfte.

Von Lucian Haas |
    In einem Labor der Gewebebank des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum Adipositaserkrankungen (IFL) an der Universität in Leipzig beobachtet eine Tierpflegerin eine adipöse und eine normale Maus.
    Im Labor regulierten Forscher die Nahrungsaufnahme der Mäuse. (picture alliance / Waltraud Grubitzsch)
    Der Biologe Satchin Panda vom Salk Institute in Kalifornien erforscht seit Jahren die Effekte circadianer Rhythmen. Vielfach schon konnte er in Versuchen mit Mäusen zeigen: Fehlt eine innere Uhr, tendieren die Tiere dazu, zu jeder Tages- und Nachtzeit unkontrolliert zu futtern. Sie verfetten, und es treten gehäuft Stoffwechselkrankheiten auf. Geregelte Tagesrhythmen beim Essen sind also wichtig für die Gesundheit. Allerdings fragte Satchin Panda sich: Müssen solche Rhythmen zwangsläufig von einer inneren Uhr stammen?
    "Wenn wir das Timing von außen vorgeben können, indem wir Mäusen Futter nur zu bestimmten Zeiten bereitstellen und dann auch wieder wegnehmen, was passiert dann? Kann der externe Rhythmus die innere Uhr ersetzen?"
    Weniger Krankheitssymptome bei regelmäßigen Fastenzeiten
    Für das Experiment arbeiteten Satchin Panda und Kollegen mit genveränderten Mäusen. Bei den Tieren waren jeweils gezielt Gene ausgeschaltet, die normalerweise die innere Uhr steuern. Ihr körpereigener Taktgeber war also ausgesetzt. Diesen Mäusen gaben die Forscher in verschiedenen Versuchsgruppen 12 bis 16 Wochen lang jeweils das gleiche Futter in gleicher Menge, aber doch mit einem Unterschied: Den einen stand das Futter 24 Stunden am Tag zur Verfügung, den anderen jeweils nur für zehn Stunden pro Tag – so dass sie zwischenzeitlich 14 Stunden fasten mussten. Dieser Wechsel gab also von außen einen Rhythmus vor.
    "Es zeigte sich, dass die Mäuse ohne innere Uhr keine typischen Krankheitssymptome entwickelten, wenn die Fütterung zeitlich begrenzt erfolgte. Normalerweise werden Tiere ohne circadianen Rhythmus übergewichtig, manche entwickeln Diabetes, bekommen eine Fettleber oder haben viel Cholesterin im Blut. Aber all diese Krankheiten traten hier so gut wie nicht mehr auf. Und das war eine große Überraschung."
    Bei älteren Menschen könnte fasten helfen
    Für Satchin Panda wecken solche Erkenntnisse Hoffnung. In den vergangenen Jahren haben verschiedene Studien gezeigt, dass Mutationen in den Genen der circadianen Taktgeber auch beim Menschen zu Übergewicht und Stoffwechselkrankheiten führen können. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass man schicksalhaft seinen Genen ausgeliefert ist.
    "Es gibt viele Menschen, die Veränderungen an den Genen der inneren Uhr aufweisen. Unsere Studie zeigt, dass man trotz einer solchen Mutation das Risiko einer Stoffwechselkrankheit möglicherweise reduzieren kann, indem man seine Nahrungsaufnahme einem strikten Muster mit Zeitbegrenzung unterwirft."
    Das gleiche könnte auch bei älteren Menschen helfen. Im Alter lasse die Wirkung der circadianen Rhythmen nach, selbst ohne Genmutation, erklärt Satchin Panda. Regelmäßige Fastenzeiten könnten dazu beitragen, Stoffwechselkrankheiten aufzuhalten. Er empfiehlt deshalb:
    "Zwölf Stunden fasten pro Tag ist ein guter Richtwert. Jeder, von Fünf- bis zum Hundertjährigen, wird damit auskommen können, ohne allzu viel zu riskieren."
    Steuerung des Hungergefühls noch unklar
    Allerdings gibt es im Alltag ein Problem: Unsere innere Uhr kann uns ein Schnippchen schlagen. Der circadiane Rhythmus kontrolliert auch, wann wir Hunger spüren und wann nicht. Eine strikt eingehaltene Fastenzeit, die aber im Widerstreit mit der inneren Uhr steht, könnte auch kontraproduktiv wirken. Das gilt es noch zu klären.
    "Bisher wissen wir einfach noch nicht, wie unsere circadiane Uhr regelt, wann wir uns hungrig fühlen und wann nicht. Den genveränderten Mäusen im Versuch hatten wir ja einen rein externen Takt für die Nahrungsaufnahme gegeben. Hätten sie noch eine innere Uhr gehabt, hätte diese ihnen gesagt, wann sie essen sollen und wann nicht. Wie die circadianen Taktgeber im Gehirn die Hungergefühle steuern, das ist wirklich eine noch offene Schlüsselfrage."