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Insekten und Trockenheit

Blau-violett leuchtende Flächen soweit das Auge reicht: Viele Bauern in der Provence haben sich auf den Lavendel-Anbau spezialisiert. Doch wie bei jeder Monokultur, tauchen auch hier Probleme auf. Die Lavendelpflanzen sind anfälliger geworden für Schädlinge und Krankheiten.

Ursula Duplantier |
    Auf einem Testfeld in Manosque, einem kleinen Ort im Südosten Frankreichs. Der Leiter des Forschungszentrums für Aroma- und Heilpflanzen, Eric Chaisse, untersucht die blasslilafarbenen Lavendelsträucher. Die sonst grünen Stängel sind vertrocknet.

    "Dort sehen Sie absterbende Pflanzen. Sie sind wenig kräftig und haben im Vergleich zu den anderen keine Blätter oder nur sehr kleine Blätter entwickelt. Diese Reihe beispielsweise ist dabei, abzusterben. Oder sie wird so bleiben wie jetzt und keine Blüten produzieren."

    Diese Lavendelpflanzen wurden von zwei Millimeter kleinen Insekten, sogenannten "Cicadellen" befallen, die mit einem Bakterium infiziert sind und es auf den Lavendel übertragen haben. Aber auch umgekehrt ist eine Ansteckung möglich, denn die Larven der Insekten verbringen den Winter in der Erde und ernähren sich von den Wurzeln des Lavendels. Wenn die Pflanze erkrankt ist, infiziert sie damit wiederum das Insekt. Ein Teufelskreis.

    "Das Problem bei uns ist, dass der Lavendel diesem Insekt einen guten Unterschlupf bietet. Wenn die Krankheit auf einer Parzelle ausbricht und es sich dabei noch um sensible Arten handelt, entsteht nach und nach ein günstiges Milieu für dieses Insekt. Es überträgt die Krankheit dann auf immer größere Flächen.

    Die aktuellen Klimabedingungen verschärfen das Problem zusätzlich: Die wachsenden Dürreperioden sind eher schädlich für die Pflanzen, aber günstig für die Insekten, weil sie die Wärme mögen und sich umso mehr entwickeln, je heißer und trockener es ist."

    Seit Ende der 80er-Jahre kämpfen die Lavendelbauern der Provence mit dieser Krankheit, mit steigender Tendenz. Zwischen den Jahren 2005 und 2009 sind ihre Lavendelfelder um die Hälfte geschrumpft. Durch verstärkten, neuen Anbau konnten in den vergangenen Jahren aber wieder neue Flächen gewonnen werden.

    Da nicht alle Lavendelarten gleich anfällig für die Krankheit zu sein scheinen, versuchen die Forscher, möglichst resistente Pflanzen zu züchten, die so gut wie nie von dem Insekt befallen werden. Beim Lavendel ist dies bereits gelungen. Bei der Lavendelkreuzung "Lavandin" gestaltet es sich erheblich schwieriger und langwieriger.

    Eine Lösung besteht darin, zertifizierte gesunde oder resistente Pflanzen den Lavendelbauern zur Verfügung zu stellen. Parall dazu arbeitet Eric Chaisse mit seinen Kollegen an weiteren Lösungen:

    "Am häufigsten wird Kaolinite eingesetzt, das ist weißer Lehm. Der wird auf die Pflanze gestreut und schafft damit eine Schutzschicht gegenüber dem Insekt. Dadurch wird auch die Farbe der Blätter ein bisschen verändert, sie werden gräulich und damit sicher weniger appetitlich. Farbe und Lehm stoßen das Insekt ab, und es wird weniger Pflanzen infizieren. Damit haben wir bereits sehr gute Testergebnisse erzielt."

    Eine weitere Möglichkeit ist es, zwischen den Lavendelreihen andere Pflanzen anzubauen, die den Lavendel oder Lavandin überragen und damit die Insekten irritieren, wenn diese aus der Erde schlüpfen und zu einer Nahrungsquelle fliegen wollen.

    Bis heute gibt es aber noch keine Technik, die für sich allein einen durchschlagenden Erfolg erzielen konnte. Eric Chaisse vermutet daher, dass mehrere Maßnahmen parallel angewendet werden müssen, um die Insekten und die Krankheit zu reduzieren.

    So ist die Lavendelernte in der Provence in den vergangenen Jahrzehnten schwerer und weniger ertragreich geworden, sei es durch die Krankheit, die wachsende Konkurrenz aus Europa oder durch den Klimawandel. Viele Lavendelbauern werden diese Anstrengungen aber weiterhin auf sich nehmen, denn die violettfarbene Pflanze wird weltweit für ihre heilende und wohltuende Wirkung geschätzt.

    Lavendel beruhigt und löst Krämpfe, hilft zum Beispiel bei Magenkrämpfen und Nervosität, erklärt die Apothekerin Martine Bonnabel-Blaize:

    "Bei Verbrennungen ersten Grades hilft Lavendel erstaunlich gut, den Schmerz zu mildern und lässt die Wunde schneller vernarben. Es ist außerdem ein wundheilendes Desinfektionsmittel. Auf den Entbindungsstationen, in denen man ätherisches Lavendelöl versprüht, hat man festgestellt, dass die Babys weniger weinten. Lavendel ist das ätherische Öl, das man einpacken sollte, wenn man verreist."