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Insight-Mission
Tiefe Einsichten vom Mars

So spektakulär wie die herumkurvenden Mars-Rover Spirit, Opportunity und Curiosity ist die Sonde InSight nicht - sie liegt heute noch da, wo sie im November 2018 gelandet ist. Trotzdem hat InSight bereits wertvolle Daten über das Innenleben des roten Planeten liefern können.

Von Guido Meyer | 25.02.2020
Künstlerische Darstellung der Marssonde "InSight". Das steht für Interior exploration using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport.
Seit einem guten Jahr zeichnet "InSight" auf, was sich auf und unter der Marsoberfläche bewegt - die NASA zieht nun eine erste positive Bilanz (JPL / NASA)
26. November 2018 - die amerikanische Raumsonde InSight befindet sich im Anflug auf den roten Planeten: "17 metres, standing by for touchdown."
Die Sonde soll ihrem Namen Ehre machen und zur Abwechslung mal nicht nach Leben suchen, sondern "Einsichten" in den geologischen Aufbau des Mars gewinnen. "Touchdown confirmed!"
Die Landung gelingt – was bei Marsmissionen alles andere als selbstverständlich ist. Schon bald sendet InSight bislang Unerhörtes zur Erde: Der Klang des Marswindes – zwar nicht direkt akustisch aufgenommen, aber gemessen als Vibrationen auf der Außenhaut der Sonde.
Mars-Mission InSight: "Sandkasten mit richtig coolem Spielzeug"
Für die Mars-Mission InSight der NASA erforscht ein Maulwurf-Roboter derzeit den roten Planeten. Jeder Schritt des Geräts wird vorab in einem Labor auf der Erde simuliert.
Staub-Tornados auf der Marsoberfläche
Windige Tage wie diese scheinen auf dem Mars keine Ausnahme zu sein, vermutet Philippe Lognonné von der Université de Paris. Er ist Chefwissenschaftler eines der Versuche auf der Sonde InSight, nämlich SEIS, das Seismic Experiment for Interior Structure.
"Bis heute haben wir mehr als 10.000 sogenannter Staubteufel auf dem Mars nachgewiesen. Gelungen ist uns das mit Hilfe eines Seismometers an Bord von InSight. Dieses Messinstrument ist so empfindlich, dass es die Formveränderung einer fünf kilometer langen Erdplatte registrieren würde, wenn Sie ein einzelnes Haar an einer Seite auflegen."
Der Mars bebt - aber anders als die Erde
InSight hat die Staubteufel, die Dust Devils, also nicht fotografiert, sondern sie indirekt bestätigt, genauso indirekt wie den Marswind, der gegen die Hülle der Sonde blies. Bei den Staubteufeln handelt es sich jedoch um kleine, langgestreckte tornadoähnliche Windhosen, die Staub mitführen. Und das Seismometer an Bord der Sonde hat während seines ersten Arbeitsjahres auf dem Mars noch eine andere Theorie von Geologen bestätigt: Der Mars bebt – aber anders als die Erde, erläutert Lognonné:
"Auf der Erde finden viele Beben gleich unter der Oberfläche statt. Sie reichen fünf bis zehn Kilometer tief. Deswegen könnten wir ein Erdbeben der Stärke 4 vielleicht so gerade noch spüren. Auf dem Mars bebt es fünf- bis zehnmal tiefer. Die Stärke der Ausschläge kommt dann an der Oberfläche nicht so zum Tragen, weil das Beben so tief stattfindet. Ein typisches Marsbeben würden wir auf der Erde also gar nicht registrieren."
Das Seismometer der Marssonde auf dem Mars
Das Seismometer der Marssonde InSight kann die Schwingungen detektieren, wie sie für ein Marsbeben typisch sind. (NASA)
Abkühlungsprozess die Ursache für seismische Aktivität?
Wie tief und wie stark die Marsbeben auch sein mögen – wieso finden sie überhaupt statt? Denn auf dem Mars gibt es keine Plattentektonik, also keine Kontinentalplatten, die bisweilen zusammenstoßen, sich verhaken und so Beben auslösen könnten. Bruce Banerdt vom California Institute of Technology ist der Chefwissenschaftler der InSight-Mission – und er hat eine Theorie:
"Der Grund für die Marsbeben ist der langanhaltende Abkühlungsprozess des Planeten. Der Mars kühlt aus, zieht sich dabei zusammen, und so entstehen Risse an seiner Oberfläche."
Relikte des einstigen Magnetfeldes
Ebenso dürfte der Mars einst ein Magnetfeld besessen haben. Das existiert heute zwar nicht mehr in globalem Maßstab so wie bei der Erde, aber lokal. Dafür dürfte es zwei Gründe geben, glaubt die Geophysikerin Catherine Johnson von der University of British Columbia, ebenfalls aus dem InSight-Team:
"Wenn vulkanisches Gestein zu dem Zeitpunkt entstanden ist, als es noch ein Magnetfeld gab, richten sich die magnetischen Elemente im Innern der Steine nach den Magnetfeldlinien aus. Kühlt das Gestein ab, bleibt diese Magnetisierung in den Felsbrocken eingefroren."
Mars-Geologie bislang "noch ziemlich mysteriös"
Diese Theorie hat InSight nun ebenfalls bestätigt, und gleich noch eine weitere Ursache ermittelt, die für ungefähr ein Prozent der schwachen, lokalen Magnetfelder auf dem Mars verantwortlich ist: Elektrische Strömungen in der oberen Atmosphäre, verursacht durch geladene Partikel des Sonnenwinds, erzeugen ebenfalls vereinzelte Magnetfelder. Chefwissenschaftler Bruce Banerdt fasst den Stand nach einem Jahr InSight-Mission zusammen:
"Wir versuchen immer noch, all das zu begreifen, was der Mars uns zu erzählen hat. Dabei sind wir in derselben Situation wie Geophysiker im frühen 19. Jahrhundert, die die Erde verstehen wollten. Es ist alles noch ziemlich mysteriös. Wir sind noch im Wilden Westen, was ein völliges Verständnis des Mars betrifft."