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Insolvenzantrag
Deutschlands größter Fahrradhersteller Mifa in Not

Nachdem sich Hoffnungen auf eine Rettung durch den indischen Konkurrenten Hero trotz langer Verhandlungen zerschlagen haben, stellte der angeschlagene ostdeutsche Fahrradhersteller Mifa AG den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Das operative Geschäft laufe aber weiter.

Von Christoph Richter | 29.09.2014
    Fahrradrahmen kontrolliert Dieter Mansfeld am 06.09.2012 in der Produktion des Fahrradherstellers Mifa in Sangerhausen.
    Die Geschäftspolitik von der Mifa AG habe sich zu stark auf die Discounter konzentriert, sagen Kritiker. (Hendrik Schmidt / dpa)
    Noch im August klang es für die Mitarbeiter sehr hoffnungsvoll, als bekannt wurde, dass bei dem größten deutschen Fahrradhersteller, den Mitteldeutschen Fahrradwerken - kurz Mifa AG - in Sangerhausen, das indische Unternehmen Hero Cycles - nach eigenen Angaben der weltgrößte Fahrradproduzent - mit 15 Millionen Euro einspringen wollte. Um eine Liquiditätslücke zu schließen, die durch falsche Bilanzen zustande kam.
    Ein Befreiungsschlag
    Nur: Es ist bis heute nie ein Euro geflossen. Sodass es für Außenstehende gar nicht überraschend kam, dass man heute Morgen, erst den Verlust der Hälfte des Grundkapitals bekannt gab. Heute Mittag kam es dann für die Mitarbeiter ganz dicke, als das Unternehmen beim Amtsgericht in Halle die Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt hat. Mifa-Vorstand Stefan Weniger nannte diesen Schritt - nach dem Scheitern der Verhandlung mit Hero Cycles - einen Befreiungsschlag. Da man nun versuche, aus eigener Kraft einen Investor zu finden.
    Zum Hintergrund: Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsleitung im Amt. Lediglich ein Insolvenzverwalter wird der Unternehmensführung zur Seite gestellt. Der sich aber formal nicht in die Geschäfte einmischt. Es ist ein Prozedere, das dann praktiziert wird, salopp formuliert, wenn es um das Unternehmen nicht ganz schwarz aussieht.
    Zur Schieflage des Unternehmens kam es, weil man bereits Anfang des Jahres einräumen musste, Hilfs- und Betriebsstoffe um insgesamt 19 Millionen Euro falsch bewertet, also zu überteuerten Preisen gekauft zu haben.
    Das Engagement des indischen Investors Hero Cycles, wurde von Anfang an mit skeptischen Augen gesehen. Auch weil der Fahrradhersteller einer der größten Arbeitgeber der Region Mansfeld-Südharz ist, die bis heute noch unter einer hohen Arbeitslosigkeit zu leiden hat. Es wurde vermutet, dass Interesse von Hero Cycles an der Mifa AG soll auf den Vertriebsstrukturen gelegen haben, weniger am Know-how des Südharzer Unternehmens.
    Kritik an Geschäftspolitik
    Dass jedoch der einstige Leuchtturm Mifa AG, in dem AWD-Gründer Carsten Maschmeyer mit einem Anteil von rund 20 Prozent der zweitgrößte Aktionär ist, so abstürzen konnte, hänge mit der Geschäftspolitik zusammen, ist unter der Hand zu hören. Man habe sich zu stark auf die Discounter konzentriert, sagen Kritiker, weshalb das Unternehmen zusehends zu einem Billigproduzenten wurde. Und das in einem Geschäftsfeld, in dem die Kunden zusehends auf höherpreisige Qualität setzen. Dazu Finanzexperte Horst Gischer von der Universität Magdeburg:
    "Möglichweise kann man ja auch billig Fahrräder so herstellen, dass sie weiterhin billig bleiben, aber trotzdem qualitative Mindestansprüche erfüllen. Wir haben das im Automobilsektor ja auch. Es sind eben Nischenprodukte, darüber muss man sich im klaren sein."
    Für Branchenkenner ist es daher nicht überraschend, dass allein von 2004 bis 2012 die Zahl der produzierten Fahrräder der Marken wie Cyco oder McKenzie von einer Dreiviertel auf eine halbe Million sank.
    Nach der Insolvenz macht das Wort von Wirtschaftshilfen des Landes die Runde. Aus Kreisen des Wirtschaftsministeriums in Magdeburg ist zu hören, dass man derzeit nicht daran denkt, dass Unternehmen zu stützen, aber sehr wohl die Lage im Blick hat bzw. mit den Verantwortlichen im Gespräch ist.